Kapitel 70

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"Was machen wir denn jetzt?", jammerte ich und stützte mich am Tisch ab. "Ich weiß es nicht", flüsterte Anni und starrte auf eine Kommode links von uns. "Ann- Kathrin du kannst mir sagen, wenn du vergessen hast das Kleid unten abzugeben", meinte ich zu ihr. "Was?!", zischte sie, "spinnst du?! Ich hab das unten an der großen Rezeption abgegeben und da laufen ja so viele Leute rum und warscheinlich hat es einfach irgendjemand mitgenommen". "Ich will mich jetzt nicht aufregen", versuchte ich mich zu beruhigen, "aber weißt du wieviele Kameras heute da sind oder Menschen, die nur auf mein Kleid schauen?!" "Jenna ich bin nicht schuld! Ich hab das Kleid nicht geklaut!", schrie Anni wütend und mir schossen die Tränen ins Gesicht. In dem Moment ging die Tür auf und mein Papa kam herein. "Was ist denn hier los?!", fragte er und lief schnell auf mich zu, um mich in den Arm zu nehmen. Prüfend schaute er zwischen Annis wütendem und meinem traurigen Gesichtsausdruck hin und her. "Papa mein Kleid ist weg", rief ich und vergrub mein Gesicht in seinem Anzug. "Nicht weinen Jenna, nicht weinen!", zischte er, "deine ganze Schminke verläuft!" "Papa wir haben ein richtiges Problem!", rief ich und wischte an meinem Auge herum. "Wir haben gar kein richtiges Problem", meinte er leise und lies mich wieder los. "5200 Euro fürn Arsch Papa!", schrie ich und fuhr mir gestresst durch die Haare. Okay was machen wir jetzt, dachte ich mir für mich selbst, weil meine Schwester und mein Vater die Problemlage wohl noch nicht richtig erfasst hatten. "Scheiß doch mal auf die Kohle", mischte sich Anni wieder ein und stellte sich neben mich, "wir brauchen ein Kleid, egal wie". "Und das Kleid ist wirklich weg?", hakte mein Vater nach. "Irgendeine Frau hat es vorhin mitgenommen hat das Weib an der Rezeption gesagt, aber wir haben auch keine Zeit mehr Detektiv zu spielen", antwortete meine Schwester und schaute sich hastig um, "wieviel Zeit haben wir noch?" Fast wie bei Shopping Queen schaute mein Papa auf die Uhr: "Zwei Stunden und drei Minuten". "Okay, wir fahren jetzt zu diesem Laden und hoffen, dass es das Kleid nochmal gibt", schlug sie vor und fing schon an ihre Sachen zusammenzupacken. "Spinnst du? Ich zahl doch nicht nochmal über 5000 Euro!", beschwerte ich mich, "es ist immerhin Marios Geld". "Dann weiß ich auch nicht mehr weiter", schrie Anni zurück und rannte aus dem Raum. "Die hat Vorstellungen", zischte ich beleidigt und setzte mich auf den Boden. "Ich hab eine Idee", meinte mein Papa leise und stellte sich ans Fenster. "Und die wäre?", fragte ich verzweifelt. "Gib mir eine halbe Stunde", meinte er, schnappte sich seinen Autoschlüssel und rannte aus der Tür. Ich lief ihm hinterher und schaute die Treppe herunter: "Und was mach ich solange?!" "Die Frau mit der Schminke kommt doch sowieso gleich!", rief er und dann hörte ich eine Tür zufallen. Jetzt musste ich mich einfach auf meinen Vater verlassen und hoffen, dass er irgendeine sinnvolle Lösung fand. Gestresst schaute ich auf die Uhr. Eigentlich sollte meine Frisörin schon längst dasein um mich wieder frisch zu machen. Wo ist Anni eigentlich?!, fragte ich mich und schaute aus dem Fenster, wo ich sie wiederfand. Sie saß auf der Bank vor dem Standesamt, rauchte eine Zigarette und tippte wütend auf ihrem Handy herum. "Schätzchen sorry das es solange gedauert hat, aber der Verkehr heute", hörte ich auf einmal die Stimme von meiner Frisörin hinter mir. "Tini", rief ich erleichtert und drehte mich zu ihr um. "Wie schaust du denn aus, wo ist dein Kleid und was ist mit deinem Make- Up passiert", rief sie. "Mein Brautkleid wurde geklaut, frag nicht weiter nach, sondern mach mich einfach schön", meinte ich schnell und setzte mich auf einen Stuhl vor dem großen Spiegel neben uns. "Okay ich frag nicht weiter nach", meinte sie und packte ihren Schminkkoffer aus. Zur Beruhigung machte sie irgendeine Musik auf ihrem Handy an und ich sollte meine Augen schließen und nicht an die Hochzeit denken, was in dieser Situation ein Bisschen blöd war. "Was macht deine Schwester eigentlich unten auf der Bank?", fragte sie irgendwann. "Ist beleidigt", antwortete ich kurz und schaute meine Nägel an. "Wieso das?", fragte sie nach. "Ach egal, sie denkt, dass ich sie für die ganze Scheiße verantwortlich mach", meinte ich. "Ach nach einer Beruhigungszigarette ist alles wieder in Butter", grinste Tini und holte ihren Lockenstab heraus. Ich hatte mir für die kirchliche Trauung leicht gewellte Haare und einen Blumenkranz gewünscht, der genau zu meinem Kleid passte. "Das mit dem Blumenkranz können wir jetzt auch vergessen oder?", meinte ich. "Warts doch erstmal ab", grinste Tini gelassen. Auf einmal riss die Tür hinter uns auf und mein Papa kam hereingestürmt, mit einem Kleid in der Hand. "Papa ist das mein Kleid?", rief ich, weil ich ihn nur durch den Spiegel sehen konnte. "Nein, das von deiner Mutter", erklärte er und stellte sich neben mich. "Papa du bist der Beste!", rief ich erleichtert. Jetzt hoffte ich nurnoch, dass ich einigermaßen in ihr Kleid passte. Tini brauchte nur ungefähr eine Viertelstunde für das Make- Up und meine Haare und dann war der entscheidende Moment gekommen. "Steig ein", grinste sie und half mir in das Brautkleid. Es hatte zwar einen anderen Schnitt wie mein Originalkleid, doch es fühlte sich angenehmer an. "Passt es?", fragte sie, als sie es hinten zuschnürte. "Ich glaub schon, Papa schau mal", rief ich meinem Papa zu, der hinter einer Trennwand stand. Als er dahinter hervor kam hielt er sich seine Hände vor den Mund und begann schwer zu atmen. "Passt das so oder was sagst du?", fragte ich nochmal. "Jenna du schaust aus wie sie", flüsterte er und kam auf mich zugelaufen. "Also kann ich so gehen?", hakte ich nach. "Mäuschen hübscher geht es gar nicht", meinte er und wischte sich eine Träne von der Wange. "Ach Papa", grinste ich und nahm ihn in den Arm. "Du bist genauso hübsch wie sie, Mario wird es gefallen", schluchzte er. "Danke", grinste ich und löste mich wieder. Jetzt wollte ich mich aber auch mal selbst sehen. Ich trat vor den großen Spiegel und auf einmal begann mein Herz zu springen. Das Kleid war nochmal schöner als das Original. Dazu noch mein Make- Up und meine Haare, besser konnte es nicht sein. "Danke, danke, danke!", rief ich und umarmte meinen Vater und Tini. "Bedank dich bei deiner Mutter", flüsterte mein Papa als wir wieder auseinandergingen. "Danke Mama!", rief ich und und schaute nach oben. "So und jetzt kümmer ich mich mal um die beleidigte Leberwurst da unten", meinte er und ging aus der Tür. "Dein Papa ist wirklich ein Hauptgewinn", grinste Tini und packte ihre Sachen zusammen. "Oh ja, ohne ihn wär ich jetzt wirklich am Arsch", meinte ich und schaute aus dem Fenster. Er saß neben meiner Schwester auf der Bank und erklärte ihr irgendetwas. Der Blick meiner Schwester ging kurz in meine Richtung und dann nickte sie und stand auf. "Er hat sie rumbekommen glaub ich", grinste ich. "Sag ich doch, Hauptgewinn", antwortete Tini. "Wir müssen dann los", merkte ich, als ich auf mein Handy schaute, denn wir hatten nurnoch gut eine Stunde bis zur Kirche Zeit. "Wer bringt dich denn hin?", fragte sie. "Fabian und Theo wollten Anni und mich abholen", meinte ich und in dem Augenblick kam meine Schwester wieder herein. "Wow", meinte sie kurz, als sie mich sah und musterte mich von oben bis unten. "Passt das so?", fragte ich sie auch nochmal, weil sie als einzige in dem Raum mein altes Kleid auch kannte. "Das ist tausendmal schöner als das alte Teil", flüsterte sie und strahlte, "ach ja Fabian ist draußen". "Na dann los", schnaufte ich und schnappte mir meine Tasche. Mein Vater war schon losgefahren und Tini veraschiedete sich vor der Tür. "Aaalter was bist du denn für eine Granate", rief Theo, als er mich erblickte. "Das ist Mamas Kleid", grinste ich kurz und stieg in den rießigen Audi von Fabian. "Hübsch schaust du aus Schwägerin", meinte Fabian durch den Spiegel. "Jetzt kannst du es ja sagen", lachte ich, weil ich an Felix Aussage im Urlaub denken musste. Den Rest der Fahrt sagte keiner was und mir wurde jeden Kilometer den wir der Kirche näher kamen immer schlechter. "Du bist ganz weiß", grinste Anni, als wir nicht mehr lange brauchten. "Ich hab Angst", schnaufte ich und schaute aus dem Fenster. "Brauchst du nicht", flüsterte sie und strich mir über die Wangen, "ich steh gleich neben dir und helf dir beim Rausrennen wenns dir zu brenzlig wird". "Danke Schwesterherz", lachte ich wieder. Nach weiteren zwei Kilometern standen wir vor der Kirche in Schwabing. So wie es ausschaute war Mario schon innen, wie es sein sollte. "Let the show begin", seufzte ich und stieg aus dem Auto aus. Vor der Kirche standen Marios Tante mit ihren kleinen Töchtern, die unsere Brautkinder waren, genauso wie mein Vater und Astrid. "Schätzchen", kreischte Astrid, als sie mich sah, "du siehst wunderschön aus". Ich kam aus dem Grinsen gar nicht mehr raus, schon alleine als ich Marios kleine Cousinen Vera und Julia sah. Sie waren beide 5 Jahre alt und hatten haargenau dasselbe Kleid an. "Schaut ihr heute aber hübsch aus", grinste ich und bückte mich zu ihnen nach unten um sie kurz in den Arm zu nehmen. "Du schaust auch schön aus", grinste Vera und fuhr mir kurz durch die Haare. "Also viel Glück, ich drück die Daumen", grinste Fabi und klopfte mir wie ein Bauer auf den Rücken und verschwand dann in der Kirche. "Ich geh auch schon mal rein", meinte Theo und gab mir schnell einen Kuss auf die Wange. "Dann heiratest du einmal und alle sind so nett zu dir", lachte ich und stellte mich wieder auf. "Bist du aufgeregt?", fragte Astrid. Um es ihr zu beweisen nahm ich ihre Hand und legte es auf die Stelle, wo sich mein Herz befand. So schnell hatte es wohl erst wenige Male geschlagen. "Okay, ich glaube dir", lachte sie und gab mir schnell noch einen Blumenstrauß in die Hand. Dann verschwand sie mit ihrer Schwester in der Kirche und ich stand mit meinem Vater, meiner Schwester und den Blumenkindern alleine draußen. "Hoffentlich nimmt er mich auch mit dem Kleid", flüsterte ich aufgeregt. Mein Herz schien sich fast zu überschlagen vor Aufregung. Wir mussten nurnoch auf den Pfarrer warten und dann konnte es losgehen. Höchstens noch 5 Minuten trennten mich von meinem Freund. "Weißt du was dein Opa vor meiner Hochzeit zu mir gesagt hat?", versuchte mich mein Papa abzulenken, "mach dir nicht soviele Gedanken, eine bessere wirst du nie wieder finden". Bei den Worten musste ich grinsen. "Nein einen besseren finde ich nie wieder", flüsterte ich und schaute nach unten auf den Boden. Julia und Vera standen neben mir und nahmen meine Hand. "Ich bin froh, dass du Marios Freundin bist", grinste Julia und lächelte zu mir hoch. "Ich auch, ich auch", flüsterte ich kurz, weil meine Stimme fast abzukratzen schien. In dem Moment öffnete sich die Tür und der Pfarrer kam mit einigen Ministranten heraus. Jetzt ging es rein und es gab kein Zurück mehr. Es war ein unglaublich schönes Gefühl.

Love never runs out (Mario Götze FF - ON HOLD)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt