Kapitel 118

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"Jenna!", flüsterte ich und starrte sie wie versteinert an. Ihr Blick musste derselbe wie meiner sein. "Verdammt was machst du hier", fuhr sie mich an und gab Theo, der neben ihr stand, den Maxi Cosi in die Hand. "Ich hatte meine letzte Untersuchungen", erklärte ich kurz, "ist das unsere Tochter?" "Ja ist sie, aber ich werde alles dafür tun, dass du sie nicht sehen darfst", antwortete sie schnell und fuhr sich über ihr blasses Gesicht. "Glückwunsch", flüsterte ich nur kurz und nickte zu Theo hinüber, "wie heißt sie denn?" "Helena", antwortete sie kurz. "Wie.." -"Ja wie meine Mutter", unterbrach sie mich grob, "gut erkannt Sherlock". "Gefällt mir", antwortete ich verletzt, "darf ich sie nicht einmal sehen?", fragte ich. Jenna strich über ihre Haare und musste sich überwinden. Dann ging sie zur Seite. Mit klopfendem Herz lief ich zum Maxi Cosi und nahm ihn Theo aus der Hand. Schon beim ersten Anblick fand ich mich im Gesicht der Kleinen wieder. "Hallo", flüsterte ich und strich ihr über den Kopf, "sie sieht aus wie.." -"sie sieht aus wie ich, ich weiß", unterbrach mich Jenna. "Das ist völliger Blödsinn, erstens hat sie braune Haare, deine sind nur braun gefärbt", begann ich aufzuzählen. "Spar dir die Scheiße, jetzt mach schon", fuhr sie mich an. "Mein Mädchen", flüsterte ich und gab ihr einen Kuss auf die Stirn. "So sagt Tschüss zueinander", drängte Jenna genervt, "ich hab Hunger". "Was soll denn die ganze Scheiße?!", fuhr ich sie an, "das ist mein Kind!" "Du bist einfach abgehauen, weißt du wie scheiße es mir die letzten Wochen ging, ich war drei Wochen im Krankenhaus gelegen!", schrie sie mich an, "jetzt brauch ich dich auch nicht mehr!" "Es tut mir ja leid, aber wenn du mich von Zuhause rausschmeißt kann ich auch nichts dafür verdammt!", entgegnete ich, "ich hätte euch niemals alleine gelassen". "Hast du aber", antwortete sie wie ein stures Kleinkind. "Und jetzt?", wollte ich wissen. "Jetzt geh ich nach Hause und koche Philipp und Anni was zu essen", erklärte sie, "und du fliegst wieder zurück in dein schönes Dortmund". Unzufrieden schnaufte ich, doch wollte mitten im Krankenhaus nicht das Schreien anfangen. "Ich komm euch mal besuchen", meinte ich dann und krallte mir meinen Papierkram. "Ruf davor an", entgegnete sie. "Grüß Philipp und Jonas bitte von mir", fügte ich hinzu, "sie können mich gerne mal besuchen kommen". "Das wollen sie nicht, glaub mir", meinte Jenna und zog ihre Jacke an, "so wir müssen los, Anni ist ganz alleine". "Okay Mutter Theresa, hoffentlich gehst du nicht selbst kaputt, wenn du dich um deine ganzen Kinder kümmerst", warf ich ihr an den Kopf und fuhr mir durch den Kopf. "Jetzt komm mal mit", rief sie und zog mich am Arm mit ins Freie. "Ich brauch keinen Anschiss für die Aussage", machte ich ihr gleich klar, "ich weiß, dass du dich um Anni kümmerst, Marco hats mir erzählt". "Das der sich noch überhaupt mit dir unterhält wundert mich", entgegnete sie. "Er ist mein bester Freund, werd nicht albern", meinte ich, "und jetzt geh schon, wir wissen doch alle, dass du ganz alleine die Welt retten willst". Daraufhin bekam ich, mal wieder, ihre Handfläche an die Backe geschlagen. "Mario wie konnte ich dich jemals lieben!", schrie sie und ich bemerkte, wie sich Tränen in ihren Augen bildeten. "Du machst dich kaputt, das ist zu viel für dich, verstehst du das eigentlich nicht?", entgegnete ich, "du kannst das nicht alleine, das ist die Wahrheit". Sie schaute sich um und wischte sich über die Wangen: "Theo hilft mir dabei". "Und der hat bestimmt auch nichts besseres zu tun, komm verarsch mich doch nicht. Ich bin der Vater von deinen Kindern und ich bin auch dafür zustän.." -"Ich will dich nicht mehr in meiner Familie haben versteh es doch einfach, du hast mir so sehr weh getan, du schätzt meine Arbeit nicht, du verlässt uns einfach", warf sie mir an den Kopf und begann Bäche zu heulen. Ich wusste genau, dass ich sie niemals verlassen hätte, wenn sie mich nicht rausgeworfen hätte und das ich mich nur um ihre Gesundheit gesorgt hatte. "Ich hab alles für die Familie gemacht", redete ich dazwischen, "ihr wart mein Ein und Alles". "Theo wir gehen jetzt, ich will ihn nie wieder sehen", schniefte sie und begann davon zu laufen. "Jetzt mach Theo mal nicht zum Pseudopapa", schrie ich ihr hinterher. Er stand immer noch neben mir und schnaufte, nickte mir zu und lief hinter ihr her. "Warte kurz", rief ich und lief ihm hinterher, "ich muss sie nochmal sehen". Vorsichtig nahm ich meine Tochter aus dem Maxi Cosi und hielt sie an meiner Brust. Ihr Anblick machte mich fertig, ihre Augen waren leicht geöffnet und sahen mich erschöpft an. Mit zittrigen Händen drückte ich sie an mich heran und begann zu schluchzen. "Mario jetzt komm schon", meinte Theo und strich mir über den Rücken. Ich registrierte ihn nicht. Es tat so unglaublich weh. Mir fehlte Philipp, mir fehlte Jonas und vor allem fehlte mir Jenna. "Was machst du denn?", schrie sie, als sie sich umgesehen hatte, "Theo wir müssen los". "Jetzt lass ihn doch mal kurz, das ist auch seine Tochter", unterbrach er sie. Auf einmal war sie still. Als sie meine Tränen sah sagte sie nichts mehr. Wie ein Häufchen Elend trugen mich meine Beine nicht mehr und ich setzte mich auf den Boden und lehnte mich an die Wand an. "Ich kann das alles nicht mehr", weinte ich und schaute Helena direkt ins Gesicht- unverkennbar Fabians, Felix' und mein Gesicht. "Was ist denn jetzt mit dir los?", schniefte sie und setzte sich neben mich. "Ich seh einfach keinen Grund mehr", schüttelte ich den Kopf, "es macht einfach alles keinen Sinn mehr". "Von was redest du?", wollte sie wissen. "Ich hab meine Kinder verloren, ich hab dich verloren, ich fühl mich in Dortmund überhaupt nicht wohl und beim Training komm ich nie im Leben mehr mit", zählte ich ihr auf, doch schaute sie nicht an. "Jetzt komm schon", seufzte sie und schaute mich komisch von der Seite an, "nach einem Monat und einer Verletzung kannst du das noch gar nicht sagen". "Sag.." -"Und wenn du nie beim Training warst ist es klar, dass du noch nichts mit deiner Mannschaft zu tun hattest", unterbrach sie mich. "Ach komm bitte", schüttelte ich den Kopf und konzentrierte mich wieder auf meine Tochter. Dann war es wieder still. Theo hatte uns anscheinend alleine gelassen. "Sie schaut trotzdem aus wie ich", meinte ich nach ein paar Augenblicken und schniefte. "Ist ja auch egal", entgegnete sie und stand wieder auf, "kann ich sie wieder haben?" Mir kam die ganze Situation komisch vor. Schweren Herzens übergab ich sie wieder und stand wieder auf. "Was machst du jetzt noch? Wie lange bist du noch in München?", fragte sie und zupfte sich ihre Haare zurecht. "Keine Ahnung, mein Flieger geht erst heute Abend", entgegnete ich und fuhr mir durch die Haare. Ich merkte, wie sich Jenna überwinden musste: "Willst du mit zu mir kommen? Mal wieder Philipp und Jonas sehen, Anni Hi sagen", meinte sie und gab mir den Maxi Cosi in die Hand. Ich hatte so lange auf diese Worte gewartet. "Ja klar", nickte ich schnell. "Aber bild dir nichts drauf ein, nur weil du jetzt einmal auf die Tränendrüse gedrückt hast", fügte sie hinzu und lief vor mir her. Theo wartete bereits am Auto und schaute mich verwirrt an, als er mich sah. "Theo hallo nochmal", begrüßte ich ihn und nahm ihn kurz in den Arm. "Bevor du fragst, nein es ist nichts wieder gut, es soll nur seine Kinder sehen", warf sich Jenna dazwischen und öffnete die Beifahrertür, sodass ich den Maxicosi hinein stellen konnte. Ich beobachtete das Baby die ganze Autofahrt und genoss es zwischendurch aus dem Fenster zu schauen und München zu sehen. "Wann fängst du wieder zu trainieren an?", fragte Theo. "Morgen gehts endlich los", erklärte ich. "Wird ja auch Zeit", mischte sich Jenna ein. "Bitte sei doch mal leise verdammt", beschwerte sich ihr Bruder. Nach einer Ewigkeit peinlichen Schweigens kamen wir an unserer Wohnung an, die Jenna liebevoll "ihre" Wohnung nannte. Nachdem sie die Tür aufgeschlossen hatte ging ich als letzter die Treppe hoch und konnte vor lauter Herzklopfen kaum atmen. "Ich hab keine Ahnung wie sie reagieren", flüsterte mir Theo beim Betreten der Wohnung zu. "Juhuu hast du sie endlich dabei?", hörte ich Philipp schreien, als ich noch nicht ganz in der Wohnung stand, "darf ich si..", seine Worte stockten, als er mich sah. Er sagte nichts, sondern starrte mich an. "Papa", flüsterte er, warf Jenna dann einen kurzen Blick zu und begann augenblicklich das grinsen an. "Komm her", flüsterte ich und ging in die Hocke. Als er mich in die Arme schloss kamen meine Gefühle hoch und ich begann zu weinen wie ein kleines Kind. "Ich hab dich so sehr vermisst", weinte mein Sohn und drückte mich ganz fest an sich heran, "bitte zieh wieder daheim ein und streitet euch nicht mehr". "Das ist alles nicht so einfach", schniefte ich und fuhr ihm über die Haare, "was macht die Schule Cowboy?" "Ganz gut", antwortete er kurz und umarmte mich dann nochmal. Seine Augen waren rot geweint, doch er sah glücklich aus. "Ist Jonas auch da?", fragte ich ihn dann und ließ mich von ihm durch die Wohnung führen. "Ja in seinem Zimmer, mit der Tante", antwortete er und lief zum Kinderzimmer. "Jonas schau mal wer da is!", schrie er und augenblicklich schaute mein kleiner Sohn auf. Er war unglaublich groß geworden. "Komm mal her", forderte Philipp ihn auf und auf einmal stand Jonas und tapste zu mir hinüber. "Verdammt seit wann läufst du denn so gut", flüsterte ich und schaute ihm dabei zu, wie er in Philipps Armen wieder zusammen sank. "Manchmal spielen wir schon Fußball", erzählte Philipp stolz und hob Jonas zu mir hinüber. "Aber meistens funktioniert das nicht so stimmts", ertönte eine Stimme aus der anderen Ecke des Raumes. "Anni", flüsterte ich und sah auf. Sie saß mit Louis, ihrem Sohn, auf dem Teppich und hatte Jonas anscheinend gerade etwas vorgelesen. "Wie gehts dir?", fragte ich und setzte mich neben sie. "Gut", antwortete sie kurz und schaute mich dann von oben bis unten an, "nur bei manchen Sachen brauch ich noch Hilfe, aber das wird schon wieder". "Das freut mich, wirklich", antwortete ich und gab Jonas einen Kuss auf die Backe. "Mario willst du mit essen?", fragte Jenna. Ich drehte mich herum und bekam erst gar keinen Ton heraus. Sie stand im Türrahmen, sah aus wie immer und das war wahrscheinlich auch der Grund, weshalb ich so sprachlos war. Sie war so perfekt und musste sich nicht einmal anstrengen. "Wenn ihr noch einen Platz frei habt", antwortete ich nach einigen Augenblicken, "Danke". "Papa spielen wir zusammen Fußball?", wollte Philipp wissen und zog mir an der Trainingsjacke. "Hast du neue Tricks auf Lager?", fragte ich und stand vom Boden auf. Im Flur schnappte er sich seinen Plüschfußball und versuchte mich auszuspielen. Weil ich noch Jonas auf meinem Arm hatte konnte ich nicht richtig reagieren und ließ mich absichtlich ausspielen. "Philipp Götze mit dem 1:0 nach nur 10 Sekunden!", schrie ich durch die Wohnung und jubelte. "Mario du musst leiser sein!", zischte Jenna. "Bleib mal locker", entgegnete ich. "Anni hatte ein Schädelhirntrauma, da kannst du nicht einfach so rumbrüllen, sie hält das nicht mehr aus", wies sie mich zurecht und verschwand wieder mit dem Kochlöffel in der Hand. "Ist ja okay", schnaufte ich und klatschte mit meinem Sohn ab, der sich immer noch über sein Tor freute. Nach einer halben Stunde saßen wir alle am Esstisch und aßen Spaghetti Bolognese. Die Runde war komisch. Anni wollte anscheinend nicht mit mir reden, Jenna wusste nicht welches Thema sie ansprechen sollte, ich traute mich nichts zu sagen und Philipp babbelte durchgehend. "Wann ziehst du denn jetzt eigentlich wieder ein?", fragte er, als er einen fast zehnminütigen Monolog über seine Begegnung mit Jerome Boateng im Trainingsgebäude beendet hatte. Jenna schaute mich auf einmal angestrengt an und gab mir einen "Sag-jetzt-bloß-nichts-falsches"-Blick. "Ich wohn doch jetzt in Dortmund", begann ich. "Aber du kannst doch immer kommen, wenn du frei hast", drängte er, "du bist doch unser Papa". "Das ist nicht so einfach Junior", schnaufte ich. "Du kannst ihn ja mal besuchen", schaltete Jenna dazwischen, "dafür wohnt ja jetzt Tante Anni bei uns". Mit dieser Antwort war Philipp nicht zufrieden, genauso wenig wie ich. Der Nachmittag fühlte sich so schön an und es war unglaublich für mich meine drei Kinder wieder zu sehen. Doch mir grauste es vom Abschied. Wahrscheinlich würde Philipp Wasserfälle heulen, doch ich wusste, dass es mir noch schlimmer gehen würde, als ihm.

Nach einer viel zu langen Pause hoffe ich, dass ihr immer noch Lust auf meine Geschichte habt. Es tut mir soo leid, aber ich bin ja jetzt in der 12. Klasse und da ist einfach purer Stress angesagt. Trotzdem viel Spaß beim Lesen!♥ Kommentieren nicht vergessen..:)

Love never runs out (Mario Götze FF - ON HOLD)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt