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𝓙𝓾𝓷𝓰𝓴𝓸𝓸𝓴 𝓟𝓸𝓿:

Ruhig strich mir der Ältere durch die Haare, während ich auf seiner Brust lag und weiterhin Tränen vergoss.

Ich wusste nicht, wie ich damit umgehen sollte.
Ich wusste gar nichts mehr.
Mein Kopf war leer, weshalb ich mir nichmal Gedanken darüber machte, dass ich gerade mit meinem Lehrer auf meinem Bett kuschelte.

Ich wollte nur seine Nähe, da sie mich unglaublich beruhigte, mehr interessierte mich nicht.

Mit diesem Gedanken drückte ich mich umso näher an ihn heran, sog seinen Duft ein, der mir so bekannt und vertraut vorkam.

Langsam schlug mein Herz wieder im normalen Rhythmus, meine Atmung beruhigte sich ebenso und die Tränen verschwanden.

Die maskuline Hand verschwand jedoch auch nicht, als ich den Kopf anhob und dem Größeren ins Gesicht sah.

Dieser sah mir mit sanftem Ausdruck in die Augen, er gab mir die Sicherheit, die ich brauchte.

Eine verräterische Röte schlich sich auf meine Wangen, als ich unsere Lage signalisierte.

Auch ihm entfloh deshalb ein Lächeln, welches mein Herz mit einem kleinen Hüpfer belohnte.

Seine Hand fand ihren Weg an meine Wange, er strich mir federleicht die verbliebene salzartige Flüssigkeit von der Haut.

"Wie geht es dir jetzt?"

Besorgnis legte sich auf sein Gesicht, als er mich dies fragte.

Wie fühlte ich mich? Ich bin wahrscheinlich nur knapp einer Vergewaltigung entkommen, wurde dennoch sexuell belästigt und mir wurde wohl der Schrecken des Lebens eingejagt. So schnell würde ich mich nicht mehr in die Nähe des Rothaarigen trauen, das war klar.

Ungewiss zuckte ich mit den Schultern, nicht wissend, was ich sonst antworten sollte.

Verstehend nickte er, ging nicht weiter darauf ein.

"Was wollte er hier?", fragte er stattdessen.

"Ich weiß es nicht. Er war auf einmal hier im Zimmer und-"

"Schon gut", unterbrach er mich, als er merkte, dass mir diese Worte unheimlich schwer fielen, "Du musst es nicht aussprechen."

Dankbar sah ich ihn an, denn ich wollte es auch nicht laut sagen.
Es reichte mir, wenn ich es dachte.

Seufzend rollte ich mich von meinem Lehrer und griff nach der Wasserflasche, die neben meinem Bett stand.

Nachdem ich aus dieser getrunken hatte, legte ich mich neben dem Älteren auf das Bett.

Sogleich zog er mich näher zu sich, legte einen Arm beschützerisch um mich.

"Ich dachte wirklich, dass es hier besser wird", murmelte ich abwesend. Eigentlich wollte ich es gar nicht laut sagen, doch es rutschte mir plötzlich raus.

Aufmerksam sah er mich an, rümpfte neugierig die Nase.

"Was meinst du?"

Zögernd biss ich mir auf die Lippe.

"Du musst es mir natürlich nicht erzählen, aber du solltest wissen, dass du mir vertrauen kannst", sprach er sanft zu mir.

"Ich wurde auf meiner alten Schule nicht akzeptiert und respektiert...was zu Mobbing führte. Das war auch der Grund, weshalb ich jetzt hier her wollte", erzählte ich leise.

Einige Zeit lang sagte keiner von uns etwas, bis er die Stimme hob.

"Das ist schrecklich. Ich wusste nicht, dass du es so schwer hattest", murmelte er außer Fassung.

"Wieso sollte man dich nicht mögen? Du bist toll", nuschelte er abwesend.

Es klang tatsächlich eher so, als würde er mit sich selbst reden, statt mit mir.

Verlegen drückte ich mein Gesicht ins Kissen, konnte nicht glauben, dass er es wirklich gesagt hatte.

Er sah mich an, blickte mir fest in die Augen.

"Wieso wurdest du gemobbt? Was war der Grund für diese Idioten, dich so zu verletzen?", wollte er von mir wissen.

Er hatte die Rolle als Lehrer völlig abgelegt, war nun eher eine fassungslose, auf meine Mobber wütende Bezugsperson, die sich um mich kümmern wollte.

Ich hielt seinem Blick nicht stand, sah deshalb an ihn vorbei, was ihm nicht zu gefallen schien. Er legte seinen Zeigefinger und Ringfinger an meine Wange und drehte meinen Kopf wieder so, dass ich ihn ansah.

Seine Augen ließen einen Schauer über meinen Rücken jagen, er sah mir auf dominante Weise fest in meine Seele - so hatte ich zumindest das Gefühl.

Nur ungern erinnerte ich mich an die Zeit zurück, als sie mich gemobbt haben, weil ich so war, wie ich eben war.

"Ich bin schwul", hauchte ich leise, schloss dann die Lider, um ihn nicht länger ansehen zu müssen.

Wer wusste schon, ob er mich jetzt nicht auch verabscheuen würde. Jeder konnte homophob sein, auch als Lehrer.

Doch als ich spürte, wie er mich näher zu sich zog und seine Stirn gegen meine legte, sah ich auf.

Sein heißer Atem prallte gegen meinen, mein Herz schlug einen riesigen Salto.

"Ich bin bi."

Überrascht hob ich die Augenbrauen, erwiderte sein süßes Lächeln.

"Dafür sollte niemand gemobbt werden. Wir leben im einundzwanzigsten Jahrhundert, das muss jetzt endlich ein ganz normaler Teil des Lebens werden, doch das wollen viele nicht wahrhaben. Vor allem hier in Korea", äußerte er sich frei.

Mein Lächeln wurde breiter, ich fühlte mich gerade so unendlich wohl in seiner Gegenwart, dass ich es kaum beschreiben konnte.

"Danke", flüsterte ich. Ich hatte diesen Zuspruch wirklich gebraucht.

"Nicht dafür", raunte er.

"Und hier ist es besser als vorher. Du hast Freunde gefunden, du wirst hier für Homosexualität nicht verurteilt und du kannst auch auf mich zählen, ja?"

Aus großen Augen heraus sah ich ihn an.

Es war schwierig für mich, das alles zu glauben, doch je länger ich darüber nachdachte, desto mehr wurde mir klar, dass er absolut mit allem Recht hatte.

Erleichtert nickte ich lächelnd, sog seinen vertrauten Duft in mich ein.

Ich könnte schwören, dass ich diesen Eigengeruch gemischt mit diesem Parfüm, welches definitiv nicht wie eines dieser Standards roch, schoneinmal gerochen hatte, doch mir wollte nicht einfallen, woher ich ihn kannte.

Es war wie eine nervtötende Blockade, die sich nicht lösen wollte, egal, wie sehr man es auch versuchte.

"Dankeschön, Herr Kim, für alles. Das hier war nicht selbstverständlich", bedankte ich mich höflich.

Uneinig mit meinen Worten rümpfte er die Nase, öffnete danach den Mund.

"Wenn wir alleine sind, reicht es auch, wenn du mich Taehyung nennst. Herr Kim klingt so formell und dafür sind wir uns bereits zu persönlich miteinander, auch wenn das als Schüler und Lehrer eigentlich nicht sein sollte", bot er mir schmunzelnd an.

"Ist das schlecht?", fragte ich vorsichtig.

Es stimmte, wir sollten uns nicht so innig sein, wie wir es waren. Das ging in unserer Situation nicht, da er einer der Lehrer war, die mich prüfen würden.

"Ich finde es toll. Ich mag dich und ich fände es blöd, wenn die Lehrer-Schuler Sache zwischen uns stehen würde. Aber keine Sorge, ich weiß, dass du ein ehrlicher Mensch bist und ich werde dich im Unterricht weiterhin faire behandeln", meinte er.

Tatsächlich wollte ich keinesfalls, dass er mich bevorzugte oder ähnliches, nur, weil ich ihn mit seinem Vornamen ansprechen durfte. Ich legte viel Wert auf Ehrlichkeit, da nur so Erfolg entstehen und man auf sich und seine Leistungen stolz sein konnte.

"Schön, dass du es genauso siehst", hauchte ich leise.

Dass wir uns immer näher kamen, bemerkte ich zuerst nicht

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⟆εϲʀετ Ǥαʍε •Ѵκσσκ• || ✔️Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt