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𝓙𝓾𝓷𝓰𝓴𝓸𝓸𝓴 𝓟𝓸𝓿:

Heute war Donnerstag der letzten Woche vor den Ferien und da ich all meine Kurse bereits am Vormittag hatte, stand ich jetzt natürlich Mal wieder neben meinen Freunden und deren Klasse in der Sporthalle, in welcher ich die Hälfte der Zeit inzwischen verbrachte.

Ich wurde zu einem festen Teil der Tanzgruppe, nur mit dem Unterschied, dass es für mich nur zur hobbymäßigen Selbstverwirklichung beitrug und nicht bewertet wurde.

Da ich morgen Abend bereits mit Taehyung zu meinen Eltern fahren würde, war ich dementsprechend nervös, doch das Tanzen lenkte mich gut ab.

Meinem Freund ging es zunehmend besser, da so kurz vor Weihnachten kaum noch was anstand und er sich momentan nicht mehr viel mit seiner neuen Klasse beschäftigte, welche jedoch nicht aufgehört hatte, sein Berufsleben zur Hölle zu machen.

Was ihr Problem war, wusste niemand, doch der Braunhaarige hatte verstanden, dass er nicht Schuld daran war.

Ich war froh, dass er dies verstanden hatte, denn nun konnte er wieder gut und weniger unbesorgt schlafen.

Bevor wir morgen jedoch fahren würden, würden meine beiden Brüder hier her kommen, um Taehyung kennenzulernen.

Sie würden uns gleich zu meiner Heimatstadt fahren, denn in Woongs Auto war genug Platz für alle, sodass wir nicht unnötig mit zwei Autos fahren mussten.

Taehyung hatte sich tatsächlich für morgen freigenommen — er baute die Überstunden ab, die er sich die letzten Wochen angelegt hatte — und ich hatte nur zwei Kurse insgesamt, welche knapp bis Mittag gingen.

"Wo bist du denn wieder mit deinen Gedanken, Keks?", hörte ich eine bekannte Stimme hinter mir.

Ten hatte belustigt die Augen zusammengekniffen, als ich mich umdrehte und zu ihm aufsah.

"Wahrscheinlich bei seinem Traumprinzen", kicherte Wooyoung und grinste mich schelmisch an.

Böse sah ich ihn an, sodass er schnell verstummte, obwohl ich mir sicher war, dass er diesen Blick eher nur wieder als süß empfand.

Schnaubend drehte ich mich wieder zurück und sah zu der riesigen Wand, welche nur aus einem Spiegel bestand, sodass wir unsere Bewegungen beim Tanzen genaustens beobachten und anschließend verbessern konnten.

Erneut steckten meine blauen Haare in einem Bun, welchen ich mir zuvor gebunden hatte, und aufgrund des Tanzens hatten sich einige Strähnen gelöst, weshalb sie mir wild ins Gesicht hingen.

Ich hatte Bange, dass ich die neugewonnenen Freundschaften verlor, wenn sie von meiner Sexualität erfuhren, weshalb ich mich diesbezüglich sehr zurückhielt.

Natürlich wollte ich mich und Taehyung nicht mehr verstecken und es war auch nicht so, als wäre er mir peinlich oder ähnliches, doch ich wollte einfach nichts auf's Spiel setzen, auch wenn alle mich mochten und Toleranz an oberster Stelle stand.

Ich war eben doch von meiner Vergangenheit geprägt und das zeigte sich manchmal auch.

Meine Angst vor Einsamkeit, Verachtung und Verurteilung war leider noch sehr groß.

Dass mich Ten fragend durch den Spiegel anblickte, ignorierte ich gekonnt, denn ich wollte mich sicherlich nicht rechtfertigen müssen.

Wooyoung sah mich entschuldigend an, nachdem Jimin ihm tadelnd die Schulter geboxt hatte.

Leicht nickend, um ihm zu zeigen, dass es okay war, da ich ihm nicht böse sein konnte, sah ich zu Frau Lim, welche sich mit dem Rücken zu uns gestellt hatte.

Ein weiteres Mal gingen wir die Choreographie durch, achteten nur noch auf die Feinheiten.

Zwar beherrschte jeder im Raum die einzelnen Schritte, doch es lag an den Details, die das Auftreten ausmachten.

"Hyungjin! Spannung halten und die Bewegungen groß ausführen! Sana, streck die Fingerspitzen etwas mehr in die Höhe und halte sie nicht krumm!"

So ging es beinahe die ganze Zeit, bis Frau Lim nichts mehr daran auszusetzen hatte.

Nun würden wir im einzelnen unser Können beweisen.

Zuerst kamen alle Schüler der Klasse dran, ich schließlich zum Schluss, da eine Bewertung bei mir ausfiel.

Genaustens sah ich meinem besten Freund dabei zu, wie er sich mit Eleganz über den Boden bewegte, die Bewegungen perfekt ausführte.

Er war definitiv der Vorzeigeschüler schlechthin und wenn man ihm zusah, so bekam man direkt das Gefühl dafür, was dieser Tanz vermitteln sollte.

Der Tanz war voller Emotionen und Jimin beherrschte die Schritte bis in den kleinen Zeh genau, was mich ihn jedes Mal auf's Neue bewundern ließ.

Voller Ehrfurcht blickte ich ihn an, als er die Endposition einnahm und beim Abgang von lautem Klatschen begleitet wurde.

"Wie immer perfekt bis ins kleinste Detail, Jimin! Ich habe aber auch nichts Anderes von dir erwartet, um ehrlich zu sein. Volle Punktzahl! Ich freue mich wirklich, dich unterrichten zu dürfen und in Zukunft mit dir zusammenarbeiten zu können!", sagte Frau Lim und lächelte ihn breit an, was er erwiderte.

Höflich verbeugte er sich und schritt dann auf uns zu.

Erschöpft ließ er sich neben mich fallen, doch lange konnte ich seine schwere Atmung und seinen Anblick nicht betrachten, denn ich war der nächste und letzte.

Als die Musik zu spielen begann, vergaß ich alle Zweifel, die ich hatte, gab mich den Klängen vollkommen hin.

Die verschiedensten Emotionen überwältigten mich, doch dies spornte mich nur noch mehr an, weshalb ich alles gab, was ich im Moment hatte.

Dass ich dabei fast besser war, als mein bester Freund, war mir nicht bewusst, doch an ihn käme ich dennoch nie heran. Dafür war er zu  gut.

Als ich ebenso endete und in der Position landete, wie alle anderen Schüler zuvor, war ebenso lautes Klatschen zu vermehmen, was mich stolz grinsen ließ.

"Bist du dir sicher, dass du nicht doch komplett zum Tanz wechseln möchtest, Jungkook?", wollte Frau Lim von mir wissen, trug dabei ein sanftes Lächeln auf den Lippen.

"Eigentlich schon", meinte ich verlegen, doch tatsächlich zweifelte ich das erste Mal an genau dieser Entscheidung, denn ich fühlte mich unglaublich frei und eins mit mir selbst, wenn ich tanzte.

Mich am Nacken kratzend blickte ich die Frau vor mir an.

"Es gibt auch die Möglichkeit, Kunst und Tanz beides gleichermaßen an der Akademie zu erlernen. Das ist nur etwas aufwendiger und dauert ein Jahr länger, doch die Fähigkeiten dazu hättest du definitiv. Bei deinem Talent wäre es nichts Großes, beides zu machen, und ich würde mich geehrt fühlen, dich lehren zu dürfen. Überlege es dir einfach gut, ja?"

Nickend verbeugte ich mich, schenkte ihr ein letztes und ehrliches Lächeln, bevor ich mich auf den Weg zu meinen Freunden begab.

Dass diese seit einiger Zeit schon nicht mehr alleine dort saßen, wurde mir erst jetzt bewusst, als ich Taehyung neben ihnen erblickte.

Dieser grinste mir frech enggegen und ich spürte, wie sich tiefe Röte in mein Gesicht festsetzte.

Alle Augen lagen auf mir, da ich wie festgewurzelt auf der Stelle stehen blieb, doch ich wusste nicht, wie ich reagieren sollte.

Mein Freund nahm mir die Entscheidung geradewegs ab, indem er aufstand und auf mich zuschritt.

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⟆εϲʀετ Ǥαʍε •Ѵκσσκ• || ✔️Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt