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𝓙𝓾𝓷𝓰𝓴𝓸𝓸𝓴 𝓟𝓸𝓿:

Stolz betrachtete ich die Zeichnung vor mir.

Ich war zwar noch nicht fertig, doch ich war auf einem guten Weg dahin.

Wir würden das Thema Portrait bald abschließen und dazu hatten wir die Aufgabe bekommen, ein weiteres zu zeichnen. Diesmal aber soll es bewertet werden und es wir hatten unser angeeignetes Wissen aus dem Unterricht anzuwenden, was die Anforderungen natürlich steigerte.

Diesmal konnte ich glücklicherweise aber zeichnen, ohne von meinen Gedanken verraten zu werden, denn ich musste mich nun nicht mehr gegen sie wenden.

Taehyung lag vor mir, sein Körper auf dem Blatt vor mir abgezeichnet.

Wir hatten vorhin miteinander geschlafen, weshalb er nackt unter der Decke lag, welche ich extra bis über seine Brust gezogen hatte.

Seine Haare waren verwuschelt, seine Gesichtszüge entspannt.

Er war direkt danach eingeschlafen, da seine Erschöpfung an ihm zerrte, doch das hatte auch etwas Gutes, denn so hatte ich zum einen die Zeit, ihn zu zeichnen, und zum anderen hatte er nichtmal mehr die Kraft, sich zu drehen, weshalb er die ganzen letzten beiden Stunden in der ein und derselben Position gelegen hatte.

Noch hatte ich nicht mit ihm gesprochen, doch das würde ich bald tun müssen, da die Weihnachtsfeiertage anstanden und ich das outende Gespräch vorher hinter mich gebracht haben wollte.

Meine Brüder hatte ich bereits in meinen Plan eingeweiht, weshalb sie bald hier auftauchen und meinen Freund kennenlernen würden, doch auch wenn sie sich vornahmen, ihn nicht allzu hart ranzunehmen, so wusste ich nicht, ob ich darauf vertrauen konnte.
Dennoch freuten sie sich sehr, ihn kennenzulernen, was auf Gegenseitigkeit beruhte.

Taehyung war wirklich froh, dass ich ihm meine Brüder vorstellen wollte, denn er wusste, wie wichtig sie mir waren und was für eine bedeutende Rolle sie in meinem Leben einnahmen.

Da ich das Ganzkörperportrait zu Ende bringen musste, bevor er aufwachen und sich aus seiner Position lösen würde, setzte ich den Stift erneut an das Papier an und zog die nächsten Linien.

Nach weiteren anderthalb Stunden gab ich mich zufrieden mit meinem Werk und dass mein Freund in all der Zeit nicht aufgewacht war, zeigte, dass er ziemlich erschöpft gewesen sein musste.

Er hatte momentan viel Arbeit zu erledigen, was an seinen Nerven zerrte und ihm den Schlaf raubte, den sich sein Körper jetzt scheinbar wiederholte.

Auch hatte er eine neue Klasse bekommen, die im Großteil gegen ihn arbeitete, ihn nicht ernst nahm und die Regeln missachtete, was zuvor noch nie passiert war, da ihn bisher alle Schüler liebten, weshalb er nicht damit klar kam und ziemlich damit zu kämpfen hatte.

Er suchte leider auch die Fehler bei sich und setzte sich selbst unter unglaublichen Druck, da er es allen recht machen wollte, vor allem als Klassenlehrer.

Seufzend verräumte ich die Zeichnung an einen sicheren Ort und kehrte dann zum Bett zurück.

Die ganze Zeit über hatte ich nur eine dünne Wolldecke um mich gewickelt, um nicht zu frieren und mich nicht allzu komisch zu fühlen, wenn ich nackt auf meinem Stuhl saß und meinen Freund zeichnete.

Da ich nun aber fertig war, ließ ich die Decke fallen und kletterte zu Taehyung ins Bett, in welchem ich schnellstens unter meine Daunendecke schlüpfte.

Von hinten drückte ich mich an ihn und umarmte ihn fest, mein Kopf dabei auf dem Kissen gebettet und die Nase an seinen Nacken gedrückt.

Genießerisch schloss ich die Augen und kostete den Moment vollkommen aus, lauschte in die Stille, die uns umgab. Einzig und allein unser Atmen war zu hören, ab und zu auch ein Schmatzen seinerseits.

Nach weiteren dreißig Minuten drehte er sich in meinen Armen um und blickte mich aus verschlafenen Augen heraus an.

Auf seiner linken Gesichtshälfte befand sich der Abdruck des Kissens, doch das störte keinen.

Noch immer müde drückte er sich an mich und legte seinen Kopf in meine Halsbeuge, sog meinen Eigenduft in sich ein.

Sich im Halbschlaf befindend rollte er sich schließlich auf mich drauf, was ich nur zugerne zuließ, denn auch ich genoss seine Nähe zu mir sehr.
Zudem sich seine Körperwärme auf mich übertrug, was ich in den kalten Wintermonaten gut gebrauchen konnte.

"Wie spät ist es?", murmelte er leise gegen meinen Hals.

"Sechzehn Uhr vierundzwanzig", antwortete ich sogleich, nachdem ich einen Blick auf meine Digitaluhr gewofen hatte, welche auf meinem Nachttisch platziert war.

"Habe ich wirklich so lange geschlafen?"

"Hast du, aber das war auch gut so. Du warst ziemlich erschöpft und es wird Zeit, dass die Weihnachtsfeiertage einschlagen!", erwiderte ich ehrlich.

Mir fiel sofort auf, dass ich mir selbst den perfekten Übergang zu dem Gespräch gelegt hatte, weshalb ich es nicht versäumen und die Möglichkeit nutzen wollte, die sich mir hier gerade bot.

"Apropos Feiertage. Wir müssen Mal über etwas reden", fing ich schließlich an, woraufhin er zu mir aufsah.

Dass er nichts Gutes erwartete, konnte ich förmlich fühlen, doch ich wusste auch nicht, wie ihm das gefallen würde, was ich ihm gleich sagte.

"Können wir vielleicht gleich am ersten Feiertag oder noch am Abend zuvor zu meiner Heimatstadt fahren? Ich möchte zu meinen Eltern", sagte ich es, wobei ich absichtlich nicht deutlich genug redete.

"Natürlich kannst du zu deinen Eltern, das ist doch gar keine Frage. Aber was ist daran so-"

Er unterbrach sich selbst beim Sprechen, als er meinen Blick bemerkte, den er anscheinend richtig deutete.

"Oh, du möchtest mich dabei haben?"

Nickend sah ich auf ihn herab und zog bittend meine Augenbrauen zusammen.

"Weil du mich deinen Eltern offiziell als deinen festen Freund vorstellen möchtest?", riet er, wobei er auch dieses Mal richtig mit seiner Vermutung lag.

"Was ist daran jetzt so schlimm? Du tust ja gerade so, als würden wir in einen Krieg ziehen!", übertrieb er zum Vergleich.

Schluckend fuhr ich mit der Hand durch seine weichen Haare und spielte etwas mit den braunen Strähnen, versuchte die richtigen Worte in meinem Kopf zusammenzufügen.

"Meine Eltern haben sich bisher nicht nett über Menschen im Allgemeinen geäußert, die nicht dem Standard aus den Lebenszeiten ihrer Urgroßeltern entsprachen. Sie wissen außerdem nichts von meiner Sexualität. Ich möchte mich outen - mit dir an meiner Seite!", klärte ich ihn schließlich vollends auf und berichtete ihm gleichermaßen von der Situation, der wir somit ausgesetzt sein würden.

"Wenn es dein Wunsch ist, dann erfüllte ich ihn dir gerne. Und egal, durch was wir dann gehen müssen, was wir überstehen müssen, ich bleibe an deiner Seite und unterstützte dich, so ich nur kann!"

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⟆εϲʀετ Ǥαʍε •Ѵκσσκ• || ✔️Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt