| Kapitel 45 |

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Kapitel 45:
Sonnenuntergangs-Gespräche"
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„Dieser Zettel hat uns heute in der Polizeiwache erreicht." Mr.Mitchell drückte ihn mir in die Hand, und ich schluckte schwer. Vorsichtig öffnete ich ihn, und als ich die unordentliche Schrift meines Bruder darauf ausmachen konnte, überkam mich ein ungutes Gefühl. „Was steht drauf?" hakte Kane der neben mir saß neugierig nach.

„In einer Woche, 23 Uhr an der Höhle in der Magie freien Zone. Du wirst mir helfen." las ich mit brüchiger Stimme vor. Sofort verfinsterte sich Kane's Gesichtsausdruck. „Das ist eine Aufforderung.." stellte ich fest. „Wohl eher eine Androhung." schoss es aus Yuna, die die ganze Zeit schweigend neben uns gesessen hatte.

Ich seufzte leise.

Mr.Mitchell nickte.

„Der letzte Satz lässt es ein bisschen so wirken.."
„Du gehst auf gar keinen Fall dahin. Das ist zu 100% eine Falle.." sagte Yuna in einem strengen Ton zu mir. „Ach wirklich?" erwiderte ich belustigt.

„Aber das ist doch komisch.. wieso lässt er diesen Zettel der Polizei zukommen, wenn es eigentlich eine persönliche Nachricht für dich ist, und er schon ganz  genau weiß, dass du sowieso nicht kommen wirst.." grübelte Kane nachdenklich. Mr.Mitchell nickte.
„Das hab ich mich auch schon gefragt.. vor allem weil er sich ziemlich sicher in seiner Sache fühlt.. zumindest bringt das der letzte Satz ziemlich gut zur Geltung." „Ja eben.. es klingt so, als wüsste er ganz genau, dass du kommen wirst.."

„Ich werde aber nicht kommen. Da kann er lange warten." sagte ich ernst.

„Wie auch immer.. wir sollten diesen Zettel ernst nehmen, und gut aufpassen." seufzte Mr.Mitchell, während er sich seinen dritten Kaffee hinter kippte.
Es war nur eine Frage der Zeit, bis er aufgrund der hohen Koffeineinnahme einen Herzanfall bekam.

Da war ich mir ziemlich sicher.

———

Etwas später am Abend, saß ich auf dem Dach des Hauptgebäudes, auf welches man leicht klettern konnte, und sah mir den Sonnenuntergang an.

Der Himmel wurde in rosa und orange Töne getaucht, und ein leichter Wind strich mir sanft meine Haarsträhnen aus dem Gesicht.

Meine Gedanken wanderten immer wieder zu meinem Bruder zurück. Was hatte er nur vor?
Diese Frage stellte ich mir schon die ganze Zeit.
Doch wie immer hatte ich keine Antwort darauf.

Ich versuchte ihn schließlich aus meinen Gedanken zu verbannen, und dachte dafür an Kane. Oder besser gesagt, an unseren Kuss.. Alleine beim Gedanken daran, bekam ich Gänsehaut am ganzen Körper. Wir hatten noch nicht wirklich darüber gesprochen, was am Fluss zwischen uns vorgefallen war. Und da war ich eigentlich auch ziemlich froh drüber, denn es war mir extrem unangenehm, darüber zu sprechen. Aber mir war auch klar, dass ich nicht ewig drum herum kommen würde.

Plötzlich nahm ich eine dünne Person wahr, die hinter mir auf das Dach geklettert kam. Überrascht und neugierig zugleich drehte ich mich um, und löste mein Kinn von meinen Knien. Es war Jades.

Mit einem Grinsen kam sie auf mich zu, und machte es sich neben mir bequem. „Hey du.." sagte sie und lies die Beine in den Abgrund baumeln. Ich lächelte sie an. „Hey.. konntest du endlich aus deinem Versteck raus?" Sie nickte. "Jep.. Mr.Mitchell ist wieder auf die Wache gefahren.."

Ich nickte, und richtete meinen Blick wieder auf die untergehende Sonne. „Du warst also in der Highschool mit ihm zusammen?" hakte ich grinsend nach. Sie zögerte etwas mit ihrer Antwort, doch nickte dann. „Jep." „Witzig.." entfuhr es mir lachend.

Sie nickte stumm.

„Ich hab gehört die T-Morde haben gestoppt?" hakte sie nach einer Weile neugierig nach. Ich nickte. „Jap. Aber ich bekomme trotzdem das ungute Gefühl nicht los, dass da noch was gigantisches auf uns zukommt.." „Was denn?" „Keine Ahnung.. das ist es eben. Ich habe immer diese Vorahnungen, aber weiß nie, um was genau es sich dabei handelt."

„Das ist scheiße." schoss es aus ihr. Ich nickte. „Ja.. weißt du, mein Bruder braucht mich, um meinen Vater wieder zum Leben zu erwecken. Wieso genau er mich dafür braucht, weiß ich allerdings auch nicht.." Überrascht starrte sie mich an.

„Tatsächlich?" „Ja."

„Du wirst ihm sicher nicht dabei helfen, oder?"
Belustigt prustete ich auf. „Natürlich nicht. Mein Vater soll schön da bleiben, wo er grad ist."

Plötzlich veränderte sich etwas in ihrem Blick. Sie sah.. irgendwie traurig aus. Und so fühlte sie sich auch. „Wie war er so? Also dein Vater.." wisperte sie leise. „Hmm.. lass mich kurz  überlegen, was außer grauenvoll und monströs noch zu ihn passen würde.." scherzte ich, doch sie lachte nicht.

„Du hasst ihn, oder?"

Perplex starrte ich in ihre eisblauen Augen. Ich verblieb für ein paar Sekunden in meiner Position, bis ich schließlich nickte. „Ja. Er hat mich getötet Jades.. und deine Mom hat er auch getötet. Also, deine leibliche.. Miriel meine ich." Nun überrannte sie eine Welle an Hass, und ihr Gesichtsausdruck verfinsterte sich. „Das ist mir scheiß egal. Hat sie verdient." Entgeistert sah ich sie an.

„Weil sie dich weggegeben hat?"

Nun wirkte sie überrascht, und sagte nichts mehr.

„Oder ist noch was anderes zwischen euch vorfallen?" hakte ich vorsichtig nach. Sie seufzte und senkte ihren Blick. „Ich will nicht drüber reden."
„Okay.." erwiderte ich und lächelte ihr tröstend zu.

Da stand definitiv noch etwas anderes zwischen den beiden. Nur was? „Kommen wir zurück zu deinem Vater.." wechselte sie das Thema. „Meinst du, du könntest ihm jemals vergeben?"

Das war eine gute Frage, die ich mir ebenfalls schon oft gestellt hatte, wenn ich schlaflos im Bett lag.

Nachdenklich starrte ich in die Luft. „Keine Ahnung. Im Moment nicht." Sie nickte, und vergrub ihre Hände in den Taschen ihrer schwarzen kurzen Jeans. „Achso.." „Könntest du denn jemanden vergeben, der dein ganzes Leben zur Hölle gemacht hat? Durch den du so viele Schmerzen durchleiden musstest..?" schoss es gedankenverloren aus mir. „Durch den du, wenn du bloß an ihn denkst, das Gefühl bekommst, zu ersticken?"

Sie sagte nichts. Sie hörte mir einfach nur zu.

„Der deine ganze Familie zerrissen und zerstört hat? Durch den du jeden Abend Alpträume hast, und dich in den Schlaf weinst?" Nun blickte ich ihr wieder in die Augen. Sie schluckte schwer, und räusperte sich leise. „Vermutlich nicht." Ich nickte, und dann entstand wieder Schweigen. Doch dieses wurde schon bald durch panisches Rufen unterbrochen. Überrascht schreckten wir beide hoch. „Was ist da los?" fragte Jades und starrte vor zum Tor, aus dessen Richtung die lauten Stimmen kamen.

„Keine Ahnung, ich geh mal nachsehen." gab ich ihr knapp zur Antwort, und machte mich daran, wieder von dem Dach herunter zu klettern. „Du bleibst hier, verstanden?" wies ich ihr an, und davon sah sie nicht wirklich begeistert aus. Sie öffnete den Mund, als wollte sie in Einspruch gehen, schloss ihn aber eine Sekunde später wieder, und nickte widerwillig.

„Gut.." säuselte ich, und machte mich auf den Weg zum Tor. Doch genau das sollte ich im nächsten Moment wohl bitter bereuen..

stars in the sky | the return of the dark Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt