6. Jetzt darf ich ja wohl mal ein bisschen Fanboy sein

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Ich traf Sam nach fast drei Wochen zum Mittagessen wieder. Er und Sarah seien noch immer 'irgendwas' und er genieße es sehr.
"V, das habe ich total vergessen, Volkan, dieser Rapper, hat Julian und dann mich nach deiner Nummer gefragt. Was ist denn da los?! Ihr habt doch kaum gesprochen, außer beim Rauchen. Will der dich anmachen?"
"Oh Sam, nein. Wir hatten an dem Abend wirklich schöne Gespräche und haben uns gut verstanden. Haben einfach einen ähnlichen Vibe. Danke, dass du auf mein ok gewartet hast, hättest du aber ruhig machen können. Hab' seitdem aber auch nichts mehr von ihm gehört."
"Kein Wunder, der ist auf Tour im Moment. Glaube morgen ist er in Leipzig. Soll ich Julian mal fragen, ob wir vielleicht noch kommen können, ist jetzt nicht soo weit?"
Ich war mir nicht sicher, ob das so eine gute Idee war, doch da hatte er schon das Handy am Ohr und plapperte wild los.
"Erledigt! Julian fand die Idee auch richtig gut, er kann nur leider nicht zum Konzert kommen. Unsere Namen stehen aber quasi schon auf der Gästeliste und wir sollen Hakan dann suchen."

Ich habe mich da irgendwie etwas reinquatschen lassen. So lange kannten wir Volkan und Hakan nun auch nicht, dass sie uns einfach aufs Konzert ließen, zumal Julian auch nicht dabei war. Sam ließ sich jedoch nicht davon abbringen und passte seine Kleidung am Tag des Konzerts stark an das Genre an. So hatte ich ihn noch nie gesehen und zog ihn leicht auf mit seinem kleinen weißen Unterhemd und einer Sonnenbrille. „Jetzt darf ich ja wohl mal ein bisschen Fanboy sein, oder nicht?!" lachte er und musterte sich ein letztes Mal im Spiegel. Ich selbst hatte nicht mehr Ahnung, was man zu so einem Konzert tragen sollte, und entschied mich für ein absolutes Basicoutfit. Die Fahrt in der Regio bis nach Leipzig fühlte sich ewig an.
Ich spielte bereits mit dem Gedanken mein Rückfahrtticket sofort gegen ein ICE-Ticket umzutauschen. Wir kamen zur vereinbarten Zeit an der Arena an und Hakan nahm uns direkt in Empfang. Es war noch ungefähr eine Stunde bis zur Show und Hakan zeigte uns das Backstage und erzählte von den bisherigen Auftritten und dass sie sich eine Liste erstellt haben, was sie alles machen und genießen wollen, jetzt wo die Shows fast zu Ende waren.
„Ihr könnt euch nicht vorstellen, wie ätzend es ist, keine Tür zu haben. Der Tourbus geht irgendwann so auf die Eier, man."
Nachdem wir einen Überblick bekommen hatten, brachte er zu einer bequemen Sofaecke mit Snacks uns Drinks.
„Hakan, eine letzte Sache, wo kann ich denn mal zur Toilette?"

„Also du gehst einmal raus aus der Arena, drum herum, wo die Eingänge sind und wenn du drin bist, ist alles ausgeschildert." Mir war, als hatte er zwischendurch Spanisch gesprochen.

„Sorry, bin ein bisschen nervös wegen der Show, da mache ich zu oft blöde Witze.. guck mal, da hinten ist ein Umkleideraum, da ist ein Bad drin." Ich konnte nur lächeln und machte mich auf den Weg zur Toilette. Ich sah mich in dem Raum etwas um. Noch nie war ich Backstage irgendwo und war schon fasziniert von dieser ganz anderen Welt. Schnell ging ich ins Bad, um anschließend noch genug Zeit zu haben, um mit Sam noch etwas zu quatschen, bevor es losging. Als ich aus dem Bad zurück in den Umkleideraum trat, mir die leicht feuchten Hände noch an der Jeans abrieb, fand ich mich nicht mehr allein im Raum vor. Volkan drückte gerade eine blonde Frau gegen eine Wand, die sich breitbeinig um ihn schlang und laut unter seinen Küssen am Hals stöhnte und in seinen Nacken griff.
Ich hörte ihn noch Flüstern „nicht so laut, Baby", gefolgt von dem Geräusch seines Gürtels und dem Ratschen seines Reißverschlusses. Seine Jeans glitt langsam an seinen Beinen herunter und ich wusste, ich musste jetzt etwas sagen, oder mich im Bad verschanzen, bis sie fertig waren. Wie locker kann man an einem fast Sex habenden Paar vorbeilaufen?! Ich entschied mich die obligatorische Hand vor die Augen zu halten und währenddessen zu plappern, was das Zeug hielt.
„Lasst euch bitte nicht stören, ich bin sofort weg, tut mir leid, viel Spaß noch.". Meine Hand schaffte es nicht, alles zu bedecken, sodass mein Blick auf dem Dekolletee der Frau hängen blieb, in dem sich Volkans Gesicht vergrub. Sobald er meine Stimme hörte, wanderten seine Augen zu mir und die Augenbrauen schossen in die Höhe. Mehr ließ sich durch die kleinen Lücken meiner Finger nicht erspähen und ich zog schnell die Tür hinter mir zu, bevor er wirklich reagieren konnte.

Hochrot kam ich bei Sam an, der bestimmt fünf Mal fragte, was passiert war. Ich konnte es nicht erzählen und hoffte nur, dass Volkan mich nicht erkannt hatte. Ich schielte immer wieder zur Tür des Umkleideraums, doch auch nach 20 Minuten passierte nichts. Hakan suchte bereits nach seinem kleinen Bruder, um mit der Verkabelung zu beginnen.

„Habt ihr Volkan gesehen? Ich schwöre ich bringe ihn noch um!"

„Ja er war vorhin in dem Umkleideraum, aber klopf unbedingt vorher..." Hakan schaute mich zwar fragend an, lief jedoch schnurstracks auf den Raum zu und klopfte energisch an die Tür, bis er kurz darauf eintrat. Mit Volkan im Schlepptau verließen sie keine 30 Sekunden später den Raum. Volkan steckte noch im Gehen sein Unterhemd zurück in die Hose. Sie eilten an uns vorbei und Volkans Blick blieb wieder an mir hängen, sodass er sich noch einmal ungläubig umdrehte. Er hatte mich also doch erkannt und frage sich wahrscheinlich, was ich hier wollte, berechtigterweise. 

Blick zu den Sternen  - Apache 207Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt