41. Private Schönheitsbehandlung

557 13 0
                                    

Volkan

Als ich zurück in mein Auto stieg und von V losfuhr, kam kurz der Gedanke auf, noch einmal umzudrehen und sie noch einmal zu küssen. Sie war tapfer gewesen und hielt ihre Tränen mit Mühe zurück, das merkte ich. Und Mir ging es nicht anders.
Auch wenn die Zeit der Trennung nicht lang sein würde, tat der Abschied weh. Gerade nach dieser ziemlich heftigen letzten Nacht, wäre ich gern bei ihr geblieben.
Doch die Freude auf die Tour und die verschiedenen Shows machte sich neben dem anderen Gefühl breit. Ich drehte die Musik in meinem Wagen auf und fuhr im Eiltempo auf die Autobahn in Richtung meines besten Freundes. Es sollten wieder aufregende Wochen auf mich und meine treuen Freunde zukommen, ich würde endlich wieder live auftreten.
Bereits als ich meinen Wagen vor Johannes Wohnung abstellte, erkannte ich einige der Autos meiner Freunde und konnte die Szene von eben etwas vergessen. Oben angekommen, wurde ich bereits mit einer Flasche Champagner an der Tür begrüßt und noch bevor ich die Schuhe ausgezogen hatte, stießen wir auf die kommende Zeit an. Leider blieb es erneut über den Abend hinweg nicht nur bei der einen Flasche und ich war doch ziemlich betrunken, als ich irgendwann nachts auf Johannes Couch einschlief.

Am nächsten Morgen weckte mich mein Bruder recht unsanft und ein Kopfschmerz durchzog mich. Verdient
Ich quälte mich unter die Dusche und aus dem Haus, bis wir mit mehreren Wagen zum vereinbarten Treffpunkt vom Tourbus fuhren und die Crew, die in einem weiteren Bus mitreisen und begleiten würde, kennenlernten. Licht, Ton, Technik, Bühne, Maske, Merch. Alle da.

Nach der kurzen Einweisung griffen wir nach unseren Taschen und gingen in den Bus, der für die nächsten Wochen unser Zuhause sein würde. Ich suchte mir im Bus ein ruhiges Eckchen, legte mich in mein Bett und versuchte ein wenig Schlaf der letzten Tage nachzuholen. Durch das unerwartete Saufen mit den Jungs am vergangenen Abend und die doch sehr aufregende Nacht zuvor mit V, hatte ich ziemlich wenig Schlaf abbekommen und merkte die Müdigkeit langsam extrem. Heute Abend sollte bereits die erste Show stattfinden, da musste ich fitter sein, als mein Spiegelbild gerade aussah. Ich drehte mich auf dem schmalen Bett hin und her und schien mich nicht an das ewige Gewackel zu gewöhnen, bis mir vor Erschöpfung doch die Augen zufielen. 
Nach drei Stunden machten wir das erste Mal Rast. Das Ruckeln weckte mich und langsam  trottete ich die Stufen hinunter aus dem Bus, um eine zu rauchen. Ich stellte mich zu der kleinen Gruppe um Sasan und Johannes, die bereits die nächsten Flaschen Champagner und Vodka geöffnet hatten. Es kam mir direkt etwas hoch. 

„Na, endlich ausgeschlafen, Prinzessin?" lachte Sasan mir laut entgegen. Ich murrte nur etwas vor mich hin und steckte mir die Kippen zwischen die Lippen und wartete, ob mir jemand ein Feuerzeug gab.

„Hier". Eine junge, blonde Frau neben Johannes hielt mir die Flamme hin. Ich hatte sie vorhin bei der Einweisung gesehen. Sie gehörte zur Maske, wenn ich mich richtig erinnerte.

„Danke" sagte ich knapp, jedoch erreichte das Lächeln meine Augen nicht.

„Die Shows haben doch noch nicht einmal angefangen, wieso brauchst du denn schon so einen langen Schönheitsschlaf?" kicherte sie. Ich kannte dieses Kichern. Sie wollte flirten und ich musste jetzt sehr gut aufpassen. Früher wäre ich direkt darauf eingegangen und hätte mir für die nächste halbe Stunde eine private Schönheitsbehandlung von ihr geben lassen.

„War die letzten Tage viel unterwegs, wenig geschlafen.". Ich vermied es, ihr zu lang in die Augen zu sehen oder zu ausführliche Gespräche zu führen. Hier auf der Fahrt und innerhalb der Crew trug ich kaum meine Brille, die mich dann doch oftmals schützte.

„Na hoffentlich bist du heute Abend wieder fit. Ich kann dir noch ne Maske auftragen, wenn du magst. Dann sieht man oft etwas frischer aus. Kann ja gleich mit den Sachen zu dir kommen im Bus?". Meine Gedanken schweiften ab. Ich musste an V denken, als sie mich mit ihrer Gesichtsmaske empfangen hat, als ich ihr unangemeldet meine CD vorbeibrachte. Kurz merkte ich, wie ich zu lächeln begann.
Ich wurde durch eine Berührung am Arm aus meinen Gedanken gerissen. Ihre Hand lag auf meinem Arm und ihre Finge strichen sanft über meine Haut, während sie noch auf eine Reaktion meinerseits wartete.

„Ne, danke. Passt schon." sagte ich überrascht und drehte mich etwas, dass sie meinen Arm losließ. 

„Okay, falls doch, sag einfach Bescheid. Ich heiße Charlie."

„Alles klar, danke Charlie.". Ich nickte ihr zu und schnippte meine Kippe an den Straßenrand, bis ich mich wieder in den Tourbus begab. Ich legte mich wieder im oberen Bereich des Busses in das kleine, schmale Bett und öffnete Whatsapp.

Volkan 13:17 : Hey, wir sind schon fast aus Sachsen raus, fahren jetzt direkt durch. Hab die ganze Fahrt gepennt. Was machst du?

Ich legte mein Handy auf meine Brust und schloss die Augen. Meine Gedanken wurden wirr, fast als würde ich Träumen. Bis ich tatsächlich wieder einschlief.
Nach einem gefühlten Sekundenschlaf riss jemand den Vorhang zu meinem Bett auf und ich erschreckte mich so stark, dass mein ganzer Körper zuckte. Aus Reflex holte ich aus und schlug Hakan fast eine rein.

„Spinnst du, Alter. Was machst du denn?!" schrie ich ihn an. 

„Sorry Bro, dachte du chillst nur und ich erwische dich bei irgendwelchen dreckigen Sachen. Wir sind gleich da.". Er lachte dabei, doch mir war nicht mehr zu Scherzen zu Mute.

„Und du wolltest jetzt sehen, wie ich's mir besorge? Okay Bro...". Ich schüttelte nur den Kopf und setzte mich auf, leicht von ihm abgewandt.

„Volkan, du musst deinen Herzschmerz unter Kontrolle kriegen. Wenn du mit dieser Laune deine Fans begrüßt, hast du bald nur noch einen und das ist Mama.". Ich ignorierte ihn. Meine Laune war im Keller. Ich hatte noch nichts von V gehört und machte mir etwas Sorgen. Doch ich wollte eben auch nicht dieser verliebte Kerl sein, der nicht mal ein paar Stunden von seiner Freundin getrennt sein konnte und ihr hinterhertelefonierte. Ich wollte nicht klammern. Das war richtig unsexy und machte uninteressant. Und das wollte ich nicht für sie sein. Vielleicht war das auch gut so. Sie brauchte ja auch ihre Freiräume und war bestimmt mit einer ihrer Freundinnen unterwegs zum Essen. 

Blick zu den Sternen  - Apache 207Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt