59. Wirst du tanzen?

545 17 2
                                    

Volkan

Ich blickte kurz auf den Gang, um zu prüfen, ob mich jemand beim Rausgehen aus dem Hotelzimmer erwischen konnte. Niemand da. Ich zog leise die Tür hinter mir zu und lief schnellen Schrittes zum Aufzug. Ich zuppelte mein Shirt noch zurecht, bis sich die Türen öffneten, ich eintrat und den Knopf zur Lobby drückte. Schnell nutzte ich noch die Verspiegelung der kleinen Kabine, nur um festzustellen, wie zerzaust meine Haare aussahen. In Sekundenschnelle löste ich den Dutt und band mir einen neuen Zopf, strich mir noch einmal durchs Gesicht, bis sich ein Grinsen auf meinem Gesicht bildete, bei der Erinnerung an eben. 
Es war jedes Mal so verdammt heiß mit ihr, doch der Druck in mir wurde langsam immer größer.  Vielleicht sollte ich es einfach alleine zu Ende bringen, um dann auch mit ihr etwas entspannter sein zu können. Ich schüttelte schnell den Kopf, in der Hoffnung auch die Gedanken abschütteln zu können, da ich mich schließlich erst einmal auf den Tag konzentrieren musste.
Im Erdgeschoss lief ich auf meine Mutter und Hakan zu, die gerade die Zimmerkarte meiner Mutter an der Rezeption zurückgaben. 

„Anneciğim" rief ich ihr gedämpft zu. Sie drehte sich zu mir und begann sofort zu lächeln. Ich nahm sie in den Arm und drückte ihr einen Kuss auf die Wange.
„Kommt ihr morgen vorbei, zum Essen?" fragte sie voller Vorfreude.
„Ich bin mit V morgen zum Abendessen verabredet. Vielleicht gegen Mittag? Geht das?"
„Es geht alles, Hauptsache ihr kommt."
„Danke, Anne."
„Viel Erfolg für heute Abend und genießt die Zeit zusammen, Volkan. Ich weiß, dass du es manchmal schwer hast, den Kopf auszuschalten.". Da sprach sie wahre Worte. Ich nahm sie noch einmal in meine Arme und wartete, bis sie in ihrem Taxi saß, als ich mit Hakan wieder nach oben fuhr. Wir standen schweigend im Aufzug.
„Sorry, ich hätte dir den Anblick gerne erspart...". Er nickte kaum merkbar, sagte jedoch nichts dazu.
„V schämt sich ein bisschen, geh am besten nicht drauf ein, sollte sie es noch einmal ansprechen..."
„Tamam, keine Sorge." Er verkniff sich etwas das Grinsen. Es vergingen einige Sekunden.
„Wann fahren wir los hier?"
„Lass duschen gehen und dann so in 30 Minuten? Dann kommen wir entspannt an und können noch was essen."
„Ok, perfekt. Ey, nimmst du Sophie direkt mit? Weiß nicht, ob V jetzt schon mitkommen soll, passiert ja erstmal nichts.". Ich überlegte laut. Hätte ich gewusst, dass sie nach Mannheim kommen würde, hätte ich mich um eine Beschäftigung für die gekümmert. So kam es mir vor, als würde ich ihre Zeit verschwenden, wenn wir nicht zusammen waren. 
„Ich werd sie fragen, was sie lieber möchte. Sonst können die beiden ja auch gemeinsam nachkommen, die sitzen ja sonst nur rum und warten...". Wir vereinbarten, gleich nochmal zu telefonieren, sobald wir mit den beiden gesprochen hatten, um den weiteren Plan festzuhalten.
Als ich wieder in das Zimmer kam, hörte ich bereits die Dusche... und V's Stimme. Sie sang laut zu einem Song mit und ich genoss ihre kleine Einlage. Ich schlich ins Bad, setzte mich an die Tür und lauschte ihrem Gesumme und den kleinen Textpassagen, die sie wusste. Ich lehnte mit dem Rücken im Türrahmen, als sie die milchige Glastür aufzog, um nach ihrem Handtuch zu greifen. Sie blickte erschrocken in mein Gesicht und hielt reflexartig ihre Hände vor ihren Körper.
„Fuck, Volkan, was machst du denn?!" schimpfte sie mir zu. Ihr Ärger amüsierte mich tatsächlich kurz.
„Ich habe deine Stimme sehr genossen. Ich konnte einfach nichts sagen und dich unterbrechen. Und das da..." ich deutete auf ihre verklammerte Haltung „... musst du nicht machen, ich kenne jeden Millimeter deiner Haut.". Sie zog an dem Handtuch an der Halterung, nicht jedoch, um es sich umzulegen, sondern um es mir an den Kopf zu werfen.
„Ich dachte jetzt sieht mich noch jemand nackt, man. Erschreck mich doch nicht so.".
Sie lachte. Ein Glück. Sie stieg aus der Dusche und trocknete sich mit dem zweiten Handtuch etwas ab, bevor sie es sich um den Körper legte und an über ihrer Brust feststeckte. Sie schien dennoch zurückhaltend, fast unsicher, sich so vor mir zu zeigen. Immer wieder drehte sie sich so, dass sie bedeckt war, drehte ihren Körper, sodass ich kaum etwas von ihr sah.

Blick zu den Sternen  - Apache 207Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt