37. Beyoncé und Shots

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V

Ich wachte am nächsten Morgen in meinem vollkommen zerwühlten Bett auf und sah den verpassten Anruf um 1:47 Uhr. Dazu vier Nachrichten.

Volkan 1:48: Bist du wach?
Volkan 1:50: Kann ich noch vorbeikommen?
Volkan 1:53: Ich fahre erstmal zu mir...
Volkan 2:37: Sehen wir uns morgen? Ich vermisse deine Lippen.
Ich lächelte und schrieb zurück.
V 8:24: Hey, guten Morgen. Tschuldige, hab nichts mehr mitbekommen. Willst du heute Abend vorbeikommen? So um 6?

Um kurz nach 18 Uhr klingelte es oben an meiner Wohnungstür und so wie ich sie öffnete, sah ich Volkan vor mir, der mich anstrahlte. Er hatte chinesisches Essen mitgebracht und wir machten es uns auf dem Sofa bequem, ließen im Hintergrund eine Doku laufen, die keinen von uns beiden wirklich reizte.
Vollgefressen lag ich mit dem Kopf halb auf seinem Bauch und fühlte, wie er mit einzelnen meiner Haarsträhnen spielte. Wie sehr ich es liebte, wenn er das machte. 

Mein Blick ging starr in Richtung des Fernsehers, doch meine Gedanken kreisten über die nächsten Tage. Bereits in den letzten Tagen kamen immer wieder Fragen zu der bevorstehenden Tour auf und allmählich musste ich mich mit der Situation auseinandersetzen. Ich räusperte mich, um ihn darauf vorzubereiten, gleich etwas zu sagen. Nur wusste ich selbst noch gar nicht, wie ich anfangen sollte. 
"Wann fahrt ihr eigentlich los und wo ist das erste Konzert?" fragte ich ihn etwas kleinlaut. Ich fühlte mich etwas schlecht, bisher so wenig Interesse an der Tour gezeigt zu haben. 
Er pausierte die Doku, die ohnehin nur nebenbei lief.
"Äh, Montag fahren wir los, direkt früh. Das erste Konzert ist dann in München. Bin schon ziemlich aufgeregt, wie das alles wird.". Er lächelte und klang zeitgleich etwas unsicher. Durch meine Liegeposition sah ich seine Mimik nicht, was mir doch auch ganz recht war.
"Ja, das glaube ich dir, aber das wird super. Du bist so gut in dem, was du machst. Glaub mir..
und wo schlaft ihr dann die ganze Zeit?"
"Wir sind erstmal im Bus, da haben wir wieder die kleinen Schlafkabinen und dann zwischendurch in Hotels. Da finden dann auch die After Show Partys statt und am nächsten Tag geht's dann weiter. In Mannheim bleiben wir aber zwei Tage, dann gehe ich zu meiner Mutter.". Seine Stimme war sanft und als er über seine Mutter sprach, ich hörte sogar das Lächeln. 

Den Fakt mit den Partys hatte ich jedoch total ausgeblendet. Ich wusste ja aus Erzählungen, bevor das zwischen uns anfing, was auf diesen Partys abging. In meinem Bauch entstand ein unwohles Gefühl. Er schien meine Gedanken zu lesen und streichelte über meinen Kopf hin zu meiner Wange. Mit den Fingerspitzen fuhr er über meine Haut. 
"Mach dir keine Sorgen.." flüsterte er in mein Ohr.
"Mhm..". Ich wollte nicht eifersüchtig sein. Vor allem grundlos. Und doch gefiel es mir einfach nicht. 
Wir schwiegen einen Moment.
"Ich weiß, dass es schwierig wird, mir da genug Vertrauen zu schenken, aber es wird nichts passieren. Also mit Anderen.."
"Ich weiß, ich vertraue dir. Es wird nur komisch, ohne dich"
Er beugte sich zu mir, dass ich sein Gesicht etwas sehen konnte und lächelte mich an, drückte mir einen festen Kuss auf den Haaransatz. Dann drückte er wieder auf Play und die einschläfernde Stimme des Erzählers übernahm wieder. Doch meine Gedanken gingen weiter. Es waren also nur noch wenige Tage, bis er losfahren würde. 
"Ich bin am Samstag mit Sam unterwegs, vielleicht kann ich ja danach zu dir kommen und wir verbringen den Sonntag noch zusammen?"
"Gerne, lass uns den Sonntag einfach im Bett bleiben, ja? Ich muss nur irgendwann packen dann. Und...Ohne da jetzt zu viel Bedeutung reinzugeben, ich gebe dir einen Schlüssel. Dann kannst du auch herkommen, wenn ich auf Tour bin und so.". 
Er sagte es so locker, doch ich freute mich über die Geste, dass er mir einen Schlüssel da lassen wollte. Es fühlte sich an wie ein kleiner, nächster Schritt. 
Gegen 21 Uhr machte er sich wieder auf den Weg ins Studio. Die Vorbereitungen kosteten viel Energie und Zeit, das war mir klar. Um mich nicht der kompletten Faulheit hinzugeben, widmete ich mich endlich dem liegengebliebenen Haushalt und machte mir laut über die Boxen Musik an. In den letzten Tagen spürte ich mehr und mehr meine eigene Energie wiederkehren. Ich tanzte laut zu der Musik und konnte mich endlich wieder etwas fallen lassen. Ich war langsam wieder ich. 

Blick zu den Sternen  - Apache 207Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt