58. 35 Jahre also

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V

Volkan lag glücklicherweise noch immer im Bett, als ich in das Hotelzimmer zurückkehrte. Es war nun fast 14 Uhr, es blieb nicht mehr allzu viel Zeit, bis er hätte losgemusst. Ich entschied, meinen Kopf nach diesem Telefonat etwas abzukühlen und mich für eine Weile unter die Dusche zu stellen. Schon so oft war dies der Ort, an dem ich meine Gedanken etwas sortieren konnte.
Ich zog mir meine Jeans und das Shirt aus, die ich nur grob zusammengefaltet auf dem Klodeckel ablegte. In meiner Unterwäsche tapste ich noch einmal ins Schlafzimmer, um meine Kulturtasche aus dem Koffer zu greifen, bis ich hinter mir seine raue Stimme hörte.
„So aufzuwachen ist glaube ich das schönste, was es gibt.". Erschrocken drehte ich mich um.
„Fuck sorry. Wollte dich nicht erschrecken." fügte er mir kratziger Stimme hinzu. Als Antwort lächelte ich ihn sanft an, antwortete jedoch nicht.
„Kommst du nochmal kurz ins Bett?". Er hob die Ecke seiner Decke an, um mir das Bild noch schmackhafter zu machen. Ich blickte zwischen ihm und der Tasche in meiner Hand hin und her. Ungeachtet ließ ich sie wieder fallen und krabbelte über das Bett in seine warmen Arme. Ich drehte mich mit dem Rücken zu ihm und schmiegte mich an ihn. Schnell spürte ich seinen Arm, der sich um mich legte und seine Finger, die meinen Arm entlang streichelten. Seine Lippen legten sich auf meine Halsbeuge und hinterließen unzählige Küsse. Ich drängte mich noch näher an ihn und seine Finger verschränkten sich mit meinen. Es hatte sich alles noch nicht nah genug angefühlt. 
„Tut mir leid, wegen heute Morgen. Hätte den Morgen lieber hier im Bett mit dir verbracht." hauchte er mir ins Ohr.
Er drückte sich an mich und ich fühlte seine Erregung. Ich drückte ihm mein Becken entgegen, um ihm auch meine Lust zu signalisieren. Seine Hand glitt sanft von meinen Arm, über mein Schlüsselbein, bis er meine Brust erreichte. Langsam streichelte er sie und merkte, wie sich meine Brustwarze aufrichtete. Seine Hand wanderte weiter über meinen Bauch, hin zu meinem Slip. Ohne lang zu zögern, ließ er seine Finger hineingleiten und begann sie, erst noch langsam, zu bewegen. Gleichzeitig drückte er mich mit der Hand näher an sich. Ich ließ nun auch meine Hand wandern und fuhr an seinem Körper hinab in seine Boxershorts. Ich umfasste ihn fest und begann langsam meine Hand auf und ab zu bewegen. Er stöhnte leise in mein Ohr und auch der Druck in seiner Hand steigerte sich. Wie die Teenies lagen wir da und... fummelten.
Unsere Bewegungen wurden immer schneller und mir fiel es zunehmend schwerer, mich auf beides zu konzentrieren, das Gefühl zu genießen und gleichzeitig meine Hand für ihn günstig zu koordinieren.
Volkans Handy begann laut zu klingeln. Ich stoppte für einen Moment und drehte mich etwas zu ihm, um zu sehen, ob er es auch mitbekam.
„Nur der Wecker." stieß er hervor und nutzte gleich den Moment, um mich zu küssen. Seine Bewegung wurde wieder schneller und intensiver, sodass ich mich nicht mehr auf ihn konzentrieren konnte und immer wieder in meiner Bewegung Halt machte.
„Erst du, Baby, ich will dich kommen sehen. Lass los.". Volkans Worte drehten sich in meinem Kopf und ich verlor für einige Momente jegliche Kontrolle über meinen Körper. Volkans Finger folgten dem immerwährenden, kreisenden Rhythmus und brachten das gewünschte Ergebnis. Unkontrolliert gab ich vollkommen unverständliche Laute von mir und krallte mich in Volkans Bein.
„Fuck, das ist so heiß, wie du kommst." lachte er mir heiser entgegen. Ich grinste in mich hinein, noch vollkommen überwältigt von dem Orgasmus. Doch nun war er endlich dran. Ich setzte mich auf, was bei ihm zu Verwunderung führte.
„Keine Sorge, jetzt bist du dran.". Er biss sich leicht auf die Unterlippe und verzog den Mund in ein Lächeln. Ich küsste seinen Bauch hinab, bis zum Bund der Boxershorts und zog diese endgültig hinunter. Volkan hob helfend die Hüfte und schien bereit. Ich hockte zwischen seinen Beinen auf dem Bett und reckte meinen Arsch nach oben, damit Volkan mehr von mir sah. Das Visuelle war häufig schon die halbe Miete bei ihm, das wusste ich.
Langsam ließ ich meine Zunge über seine Haut gleiten und hielt intensiv den Blickkontakt. Als ich ihn vollständig in den Mund nahm, weiteten sich seine Augen ein wenig und er griff nach meinen Haaren, die er in seiner Hand zusammendrehte und festhielt. Indirekt gab er mir die Anweisung, wie er es am liebsten mochte. Immer wieder sog ich sachte, kreiste meine Zunge und beobachtete Volkan, der vor Genuss die Augen schloss. Sein leises Stöhnen machte mich wahnsinnig an und bereitete Lust auf mehr. Seine Finger strichen immer wieder über mein Gesicht und sein Stöhnen wurde lauter und fordernder.
„Volkan, burdamısın?". Hakans Stimme brachte uns beide komplett aus dem Konzept. Ich riss meine Augen auf und suchte nach Volkans Blick. Auch er schien nicht sehr positiv überrascht und ließ sofort den selbstkreierten Zopf los, sodass mir die dunklen Haare ins Gesicht fielen. Ich setzte mich auf, in der Hoffnung, ein Kleidungsstück vor meine Brüste halten zu können. Doch alle Versuche blieben wenig erfolgreich, sodass Hakan bereits in der offenen Schlafzimmertür stand und sich dieses, für ihn wahrscheinlich eher unschöne Bild auf dem Bett ansah. Volkan lag recht breitbeinig, mit der Boxershorts an einem Knöchel hängend, auf dem Bett und ich rollte mich in dem Moment von der Matratze, um nicht fast nackt vor ihm zu sitzen. Dass Hakan ohnehin eins und eins zusammenzählen konnte, war scheinbar keine Option. Ich stieß mir heftig das Knie beim Fall auf den Boden und fluchte lautlos. Hakan brauchte nur Millisekunden, um zu verstehen, was abging, hob beschwichtigend die Hände und drehte sofort auf dem Absatz um, zurück in den Wohnbereich.
„Ne, Anne. Der ist hier nicht. Ich ruf ihn einfach gleich an, dass er in die Lobby kommen soll, zum Tschüss sagen.". hörte man Hakan einen Tick zu laut sagen, damit wir es auch hörten.
Ich verdeckte mein Gesicht unter meinen geöffneten Händen. Gott weiß, was Hakan gesehen hatte. Volkan lehnte sich über die Bettkante und schaute mich entsetzt an. Er hielt mir eine Hand entgegen, um mich wieder aufs Bett zu ziehen.
„Ist das wirklich gerade passiert?" nuschelte ich in meine Handinnenflächen, während ich mich wieder auf das Bett setzte. Ich war schon froh, dass es Hakan und nicht seine Mutter war, die uns dabei erwischte. Doch unwohl war mir trotzdem.
„Hätte er nicht noch 10 Sekunden warten können?! Das war ein richtig ungeiles Ende. Jetzt bin ich bestimmt konditioniert und sehe immer meinen Bruder, wenn ich dabei bin zu kommen." lachte er im Versuch, die Stimmung etwas zu retten. Volkan schien deutlich lockerer zu sein, auch wenn er sich ärgerte, schämte er sich überhaupt nicht.
„Ist das für dich gar nicht schlimm?"- Ich war fast verunsichert, als würde ich mich gerade falsch fühlen.
„Nicht mehr, Hakan hat mich schon einige Male im Bett erwischt. Dass meine Mutter hinter ihm steht, ist auch neu, aber das hat er ja zum Glück verhindert. Das wäre richtig scheiße gewesen".
„Er hat mich gesehen, glaube ich. Also alles...". Volkan sah mich mitfühlend an.
„...tut mir leid... Aber... nein das ist eigentlich nicht tröstend. Hakan ist sehr diskret, was das angeht. Es ist natürlich komisch, aber du musst dich zu schämen.". Sein Blick glitt meinen Körper hinunter und sprach noch weiter.
„Ich kann gerne mit ihm sprechen und herausfinden, was er wirklich gesehen hat, wenn du willst. Aber letztlich ist das sein eigenes Verschulden, schließlich ist er hereingeplatzt".
„Nein, bloß nicht. Lass uns einfach nie mehr mit ihm darüber sprechen und ich gucke ihm die nächsten 35 Jahre nicht in die Augen.". Volkan beugte sich zu mir, näherte sich meinem Gesicht und blieb kurz vor meinen Lippen stehen.
„35 Jahre also, gut zu wissen." schmunzelnd wandte er sich von mir ab und stand aus dem Bett auf. 
„Ich gehe jetzt schnell runter und verabschiede meine Mutter. Ich glaub, dann muss ich mich auch langsam fertig machen...".
„Ich lauf dir nicht weg". Seine Augen suchten wieder meine. Unsere Blicke waren intensiv.
„Du musst dir aber auf jeden Fall sofort was anziehen, bevor ich wieder hochkomme, sonst muss ich das Konzert heute Abend absagen, glaube ich.". Volkan grinste, als er mit seinen Sachen im Wohnbereich verschwand und sich anzog. Kurz darauf hörte ich die Zimmertür zufallen und ließ mich wieder in die Kissen fallen. Ich fing laut an zu lachen, konnte die Situation von eben noch immer nicht fassen und griff an mein aufgeschürftes Knie. Danke, für das kleine Andenken. 

Blick zu den Sternen  - Apache 207Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt