33. Schmieriger Kitschfilm

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Sein Handywecker klingelte laut die sich immer wieder wiederholende Melodie. Es fehlte nur noch ein Funke, bis ich das Kissen danach werfen wollte und drehte genervt meinen Kopf auf die andere Bettseite zu Volkan. Doch er machte keine Anstalten, ihn auszumachen, geschweige denn, sich zu bewegen. Er lag ausgebreitet auf dem Bauch, den Kopf im Kissen vergraben. Seine langen, dunklen Haare hingen offen über seine Schultern und kitzelten mich an meiner Nase, als ich mich etwas zu ihm bewegte, sanft seine Haut streichelte, um ihn zu wecken. Doch er blieb regungslos liegen. Ich robbte mich zum Nachttisch, auf dem das Handy lag und beendete den Lärm. Volkan drehte sich just in diesem Moment, streckte seine Arme nach meiner Hüfte aus und zog mich in einer Leichtigkeit zu sich, bis sein Kopf auf meinem Hintern ruhte und seine Hände meinen Bauch umfassten.

„Wir müssen aufstehen, du musst deine Mutter zum Bahnhof bringen.". Keine Reaktion.

Ich wackelte etwas mit den Hüften, sodass sein Kopf leicht hin und her geworfen wurde, bis er die Augen öffnete und sich durch Stöhnen und Grummeln laut beklagte. Ich wusste, dass das nicht seine Uhrzeit war. Ich musste gestehen, dass, seit ich krankgeschrieben war und bei ihm wohnte, das frühe Aufstehen auch nicht vermisste. Doch es sollten auch wieder andere Zeiten kommen.

Volkan machte sich innerhalb weniger Minuten fertig, zog sich einen groß geschnittenen Jogger an und band die Haare lose in einen Dutt, als ich mich mit einer innigen Umarmung von seiner Mutter verabschiedete. Ich war tatsächlich sehr traurig, dass sie so weit weg wohnte. Sie war eine liebe Person und hatte mir nach dem Übergriff sehr geholfen. Und natürlich war sie auch sehr hilfreich, was die Situation mit Volkan anging. Gerne hätte ich mehr Zeit mit ihr verbracht oder sie spontan besucht, doch das war eben so einfach nicht möglich.
Ich nutzte die Zeit, in der niemand da war, um ausgiebig duschen zu gehen und mich mal wieder richtig fertig zu machen. Zu lang hatte ich in Schlabberhosen gelebt und mich nicht mehr um mich selbst gekümmert. Als Volkan dann nach Hause kam, stand ich vollkommen bekleidet und geschminkt im Schlafzimmer, zog gerade noch ein frisches Paar schwarze Socken an.
Er zog scharf die Luft ein, als er mich vom Türrahmen aus beobachtete.

„Was hastn du vor?" fragte er bewundernd in meine Richtung. 

„Ich musste einfach mal wieder ein bisschen klarkommen. Hast du Lust, was frühstücken zu gehen? Apfelplunder und Sandwich an der Spree?". Ich lächelte ihn aufrichtig an.

„Oh... mist...Ich muss um 12 bei Johannes sein, wegen der Tourplanung.". Für eine Millisekunde huschte Enttäuschung über mein Gesicht, was er auch mitbekam.
„... Aber wie ist es heute Abend? Kann ich dich ausführen?". 

„Meinst du denn ein Abendessen ist das Richtige, um sich bedeckt zu verhalten? Sieht dann schon sehr nach Date aus, oder?".

„Na lass mich mal machen. Ich hole dich um 19 Uhr hier ab, ok?". Ich nickte freudig, kam einige Schritte auf ihn zu, bis sich unsere Lippen berührten und wir uns in einem innigen Kuss verloren. Seine Hände hielten dabei mein Gesicht und sein Daumen strich sanft über meine Wange. Volkan nahm viel Rücksicht auf mein Bedürfnis nach Selbstbestimmung und war sehr darauf bedacht, mich nicht zu bedrängen und die Kontrolle bei mir zu lassen, doch meine Hände waren im Gegenzug weniger jugendfrei und fuhren bald unter sein T-Shirt an seinem Körper entlang. Der Kuss war fordernd, wurde jedoch von seinem Handyklingeln unterbrochen. Während er einsilbig in das Telefon sprach, küsste ich seinen Nacken und drängte mich an ihn, wollte ihm zeigen, wie sehr ich ihn in diesem Moment begehrte. Ich spürte seine Erektion langsam durch die Hose und auch in mir spürte ich das allbekannte Ziehen und aufbrodelnde Lust auf mehr. Er beendete das Telefonat und zeitgleich verschwand das nette Ziehen als ich seinen Gesichtsausdruck sah. Er löste sich von mir mit einem Kuss auf die Wange und begann sich umzuziehen. Er küsste mich zum Abschied noch einmal intensiv und flüsterte mir noch einmal verführerisch ins Ohr.
"Bis heute Abend, 19 Uhr.", zwinkerte mir zu und zog sich die Brille im Rausgehen auf.

Blick zu den Sternen  - Apache 207Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt