Kapitel 55

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Als die Bediensteten das Arbeitszimmer verließen ging Mey-Rin sofort in ihr Zimmer. Sie war erzürnt. Jeder wusste, dass sie verliebt in Sebastian war. Warum wurde ausgerechnet er ihr weggenommen? Das verstand sie nicht. Sie vergaß die Tatsache, warum sie eigentlich im Anwesen war, und hatte nur Gedanken daran den Earl aus dem Weg zu räumen. Heute Nacht wollte sie einen weiteren Angriff wagen. Normalerweise ist sie für den Fernkampf bekannt, doch da man einen Schuss sicher hören würde, war nur ein Nahkampf möglich. Ciel hatte unlängst den Verdacht und nahm seine Pistole an sich.

Sebastian blieb im Zimmer und sah den Earl an. „Ihr wolltet mit mir sprechen?" Ciel nickte. „In der Tat. Es sind einige Besorgungen von Nöten. Zunächst ruf den Fotografen an und mache einen Termin für heute Nachmittag aus. Dann sprich mit Nina, sie soll in den nächsten Tagen in meinem Anwesen erscheinen. Alles weitere besorgen wir in der Stadt, mach nach den Telefonaten die Kutsche bereit und hole mich, wenn du so weit bist." Der Butler verbeugte sich und verließ den Raum. Über die Glocke in seinem Arbeitszimmer, klingelte er in die Küche, damit Bard erneut zu Ciel kommen würde. Nach wenigen Minuten kam dieser mit einem Klopfen hinein. „Du hast geläutet?" Der Junge sah auf. „Ja. Wie geht es Mey-Rin?" Bard lief vor den Schreibtisch. „Sie hat sich in ihr Zimmer geschlossen. Ich denke sie braucht etwas Zeit, bis sie sich darauf einlassen wird. Seid sie ihn gesehen hat, war sie in Sebastian verliebt.." Ciel nickte. „Ich weiß. Ich kann ihr Verhalten nachvollziehen. Hab ein Auge auf sie, bis ich von der Stadt wiederkomme. Sobald sie bereit ist, werde ich mit ihr darüber sprechen." „Jawohl."

Der Earl erhob sich und stand nun vor Bard. „Ich danke dir. Lass uns bald mal wieder etwas trinken." Sie gingen aus dem Zimmer und Sebastian kam auf sie zu. „Die Kutsche ist bereit." Ciel nickte und ging mit Sebastian nach unten, um dort in die Kutsche zu steigen. Wie immer setzte er sich an das Fenster und blickte hinaus. Der Butler nahm gegenüber platz ein und blickte zu dem Jungen. „Der Termin des Fotografen ist um 17 Uhr und Nina wird morgen eintreffen, auch hier ist die Uhrzeit gleich." Der Junge blickte aus dem Fenster und nickte zustimmend. „Ciel?" Sofort sah der Earl zu seinem Butler, als er den Namen hörte. Der Mann lächelte. „Ist es mir gestattet, dich zu küssen?" Ciel wurde rot, was den Teufel nur noch mehr zum Lächeln brachte. „Warum wäre es das nicht?" Sebastian griff gegenüber an die Hüften des Jungen und zog diesen auf seinen Schoß. Sanft küssten sich die Beiden in dieser Position. Das hatte sich unbeschreiblich gut angefühlt. Ciel konnte es jetzt kaum erwarten, dass nun nicht mehr verheimlichen zu müssen.

Als die Kutsche anhielt löste sich Ciel ruckartig von seinem Butler und stieg aus. Sebastian war überrascht von dieser Reaktion und folgte dem Earl. Bevor die Beziehung nicht offiziell war, hatte Ciel Angst gesehen zu werden. Noch wollte er das nicht. Butler und Herr gingen durch die Gassen von London. Es war ganz anders als in Venedig. Vor einem Papiergeschäft hielten sie und betraten den Laden. Zunächst verstand der Teufel nicht, warum Ciel in den Laden wollte, erkannte aber dann recht schnell, was der Grund war. Vor einem Regal mit buntem Papier und Umschlägen hielt der Junge. Sebastian verstand, dass der Earl das Papier für die Einladungskarten der Hochzeit aussuchte. Der Ladeninhaber kam bereits auf den Jungen zu, der überwältigt war, einen Earl in seinem Laden zu haben. „S.. sucht Ihr etwas bestimmtes?" Ciel nickte lächelnd. „Ja. Ich suche Papier und Umschläge für Einladungen zur Hochzeit." „Da habe ich etwas für Euch." Etwas Abseits gab es Papier mit Musterrungen. Ciel entschied sich für marmoriertes Papier und weißen Umschlägen. Zufrieden nahm er dieses mit und ging aus dem Laden. Sebastian lächelte über diese Tatsache.

Die Uhr schlug 17 Uhr und Beide betraten den Laden des Fotografen. Der Wunsch des Earls war eine Ablichtung von ihm zusammen mit seinem Butler, doch es sollte nicht zusehen sein, dass sie Herr und Butler waren. Ciel setzte den Teufel auf einen der Stühle und entkleidete ihn die Frackjacke und seine Weste. Die Krawatte löste er von dem Kragen und öffnete den ersten Knopf des weißen Hemdes. Er selbst nahm seine Jacke ab und hatte ein hellblaues Hemd an. Er stellte sich neben Sebastian, so dass sie fast dieselbe Höhe hatten. Sebastian war auf Schulterhöhe des Jungen. Der Fotograf drückte ab und schoss das Foto. Beide lächelten auf dem Foto. Ciel gab den Auftrag das Bild mehrmals zu drucken, da dies einige Minuten dauerte gingen sie in die Phantomcompany, um zu sehen, wie das Geschäft läuft. Viele Kinder rannten um her und aßen Süßigkeiten oder spielten mit den Plüschtieren. Ciel schmunzelte und kaufte sich drei Lollis in verschieden Geschmacksrichtungen. Sebastian grinste als er das sah. Nach dem sie beim Fotografen die Ablichtungen mitnahmen, reisten sie wieder zurück. Mittlerweile brach die Nacht herein, so dass Sebastian unverzüglich das Abendessen anrichtete. Ciel brachte in der Zeit das gekaufte in sein Arbeitszimmer und nahm im Speisesaal platz ein. Zu Abend gab es Penne Napoletana, Nudeln in Hackfleisch-Vodka-Tomatensoße. Das hatte der Butler sich aus Italien abgeschaut.

Nachdem Essen ging der Earl in das Badezimmer und badete in der großen Wanne. Er genoss das warme Wasser und schloss für einen Moment die Augen. Er vernahm Schritte in seinem Zimmer, welche auf das Badezimmer zu gingen. Wenige Sekunden später öffnete sich die Türe. Das waren nicht Sebastians Schritte. Es war Mey-Rin. Sie war nun mal spezialisiert auf Fernkampf und nicht Nahkampf. Schnell zog er seine Waffe, welche er hinter den Handtüchern versteckt hatte, und erhob sich dabei aus dem Wasser. Mey-Rin kniete zu Boden und sah den Earl mit großen Augen an, da er die Waffe auf ihren Kopf gerichtet hatte. Ganz in ihrer Eifersucht ist sie so unvorsichtig geworden, so dass sie ganz ihre Deckung vergessen hatte. „Was.. warum seid Ihr so schnell?" „Mey-Rin, hast du etwa alles vergessen?" Der Blick des Hausmädchens wurde von einem ernsten Blick zu einem erschrockenem. „Hast du vergessen, was ich für dich getan habe? Du warst Auftragskillerin und hast dadurch deine Freunde verloren, möchtest du das noch einmal durchleben? Willst du wirklich einen zweiten Versuch starten, um mich zu töten? Oder willst du hier bei mir bleiben, an meiner Seite kämpfen und zusammen mit Bard und Finnian hier leben?" Mey-Rins Augen füllten sich mit Wasser und Tränen liefen über ihre Wangen. Ciel wusste, was er tat. Denn in Wirklichkeit war Mey-Rin eine tolle Frau, dass wusste der Junge. Nur mit Klarheit konnte er sie besänftigen, auch wenn es nötig war vor ihr nackt zustehen und mit einer Waffe zu drohen.

„Ich hatte meine Eifersucht nicht unter Kontrolle, verzeiht mir. Ich war nur schon so lange in Sebastian verliebt, dass ich nie den Gedanken hatte, dass er jemand anderen finden würde.." Ciel nahm die Waffe runter und wickelte sich ein Handtuch um die Hüften. „Ich weiß, dass es nicht leicht ist. Ich wusste bereits, dass du so reagieren würdest. Mey-Rin, du bist eine tolle Dame. Du wirst jemand anderen an deiner Seite finden." Sie wischte sich die Tränen aus dem Gesicht und erhob sich. „Ich freue mich für Euch und bin gespannt auf die Hochzeit." Das Dienstmädchen lächelte wieder, noch mehr als Ciel hinzufügte: „Wir werden deine Hilfe dafür brauchen."

Ciel atmete durch, als die Dame verschwand. Er war froh, dass er ihre Augen öffnen konnte. 

Sebastian x CielWo Geschichten leben. Entdecke jetzt