Kapitel 100

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Das so klare Wasser färbte sich schwarz. Der Schock in Ciels Gesicht verriet den Dämonen dessen Angst. „Es ist so weit, Manakim. Mach bitte alles im Wohnzimmer dafür bereit." Der Mann ging nach unten und breitete einige Handtücher auf dem Sofa aus. Einen Eimer für mögliche Übelkeiten hatte er ebenfalls bereitgestellt. Um das Kind nach der Geburt zu waschen, hatte er eine kleine Wanne vorbereitet und diese auf den Tisch gestellt. Das warme Wasser dafür würde er erst dann eingießen, wenn es so weit war, schließlich kann eine solche Geburt mehrere Stunden dauern. Während Manakim die Vorbereitungen traf, stand Ciel mit Sebastian noch immer auf den Stufen im Treppenhaus. Der Junge rührte keinen Muskel und klammerte sich an das Geländer fest.

„Ciel, lass uns nach unten gehen. Dort kannst du dich hinlegen und dich darauf konzentrieren. „Ich kann das nicht." Verwundert blickte der Herrscher seinen Geliebten an. „Natürlich kannst du das, Ciel." Stumme Tränen der Überforderung liefen dem Jungen die Wangen hinunter. „Nein. Ich habe Angst, Sebastian." Der Dämon blickte auf, denn das hatte sein Gegenüber noch nie zu ihm gesagt. „Ich bin da und Manakim auch. Wir schaffen das zusammen. Du hast so vieles gemeistert, warum sollte es jetzt nicht anders sein? Komm." Sebastian reichte ihm die Hand und lächelte. Ciel nickte leicht. Hatte er eine andere Wahl? Er nahm die Hand an sich und stieg langsam die Treppen nach unten. Es fiel ihm schwer, denn die immer stärker werdenden Wehen erinnerten ihn daran, was ihn erwartete. Als er sich nun nicht mehr weiter gehen traute, nahm der Herrscher den Jungen an sich und trug ihn mit schnellen Schritten in das Wohnzimmer.

Dort legte er ihn auf das Sofa ab und entfernte seine Klamotten, welche von der Fruchtblase getränkt war. Vorsichtig stellte er Ciels Beine auf und blickte nach unten. „Es dauert noch. Es sind etwa fünf Zentimeter offen." Die Atmung des Jungen ging angestrengt. Manakim legte einen Lappen auf seine Stirn. „Langsam. Mach es wie ich." Er deutete eine deutliche und ruhige Atmung an, welche Ciel langsam übernahm. „So ist es gut." Doch als die nächste Wehe sich anbahnte schrie er auf und verzog sein Gesicht. „Ich weiß, dass du drücken willst, Ciel, doch es dauert noch etwas. Erst wenn es sich vollständig geöffnet hat, ist es so weit.", meint Sebastian. „Es tut so weh, nghh!" Manakim reichte dem Jungen seine Hand. „Nimm meine Hand, wenn du eine Wehe spürst. Du kannst so fest zu drücken, wie du möchtest. Es macht mir nichts aus."

Ciels Atmung wurde wieder ruhiger. Sebastian sahs zu seinen Füßen, während Manakim neben dem Kopf des Jungen saß. Es dauerte nicht lange bis der Herrscher aufsah und den anderen beiden zu nickte. „Es kann los gehen." Manakim sah zu dem jungen Dämon und lächelte. „Wenn eine Wehe kommt, musst du dagegen anpressen. Ich weiß, dass das weh tun wird, doch du schaffst das." In dem Moment, als der Mann diese Worte aussprach spürte Ciel bereits eine starke Wehe, so stark wie er sie noch nie gespürt hatte. Laut vor Schmerzen schrie der Junge auf und versuchte dagegen zu drücken, doch das stellte sich als noch schmerzvoller heraus. „Gut so, Ciel. Und nochmal, pressen!", meint Sebastian, welcher es von unten beobachtete, ohne aufzusehen. Plötzlich wird es unerwartet ruhig. „Hey, hey! Ciel!" Manakim hatte den Jungen im Arm und tätschelte dessen Wange. „Komm zu dir!" Sebastian weitete seine Augen. „Was ist mit ihm?" „Ich weiß es nicht. Er ist einfach zusammengeklappt. Vielleicht sind es die Schmerzen oder die fehlende Energie." „Scheiße. Das ist nicht gut. Versuch es weiter." Der Herrscher eilte an einen Schrank und durchsuchte die vielen Medikamente. 

„Asmodeus!"

Sebastian lief sofort zurück, umzusehen, was los war. Ciel hatte wieder seine Augen geöffnet. Manakim gab ihm ein Glas Wasser. „Trink... Du hast mir einen Schrecken eingejagt." Abrupt beugte sich der Junge nach vorne und übergab sich in dem Eimer, welchen ihn der Dämon reichte. Sebastian gab ihm etwas in den Mund, welches der Junge zu seinem Glück schluckte. Tatsächlich zeigte dies nach wenigen Minuten eine Wirkung. Ciel nahm Manakims Hand und drückte diese als er die nächste Wehe spüren konnte und presste dagegen an. Sein Schrei war laut und vor Schmerz erfüllt. Das zu hören lief dem Herrscher eine unangenehme Gänsehaut den Rücken hinunter. „Gut so, Ciel. Ich kann den Kopf sehen. Nochmal, pressen." Der Junge drückte die Hand des Dämons etwas fester zu und presste dagegen an. Seine Augen leuchteten dabei auf und wie von selbst bahnten sich die stummen Tränen seinen Weg.

Manakim verzog innerlich das Gesicht, denn Ciel war in diesem Moment alles andere als schwach, doch für seinen Freund wollte er ihm so eine Hilfe sein. „Nochmal, Ciel!" Der Junge krallte sich in die dargebotene Hand und in das Polster der Couch. Sein Schrei ähnelte einem lauten Fauchen. Seine Zähne kamen zum Vorschein und die Augen funkelten regelrecht. Der Stoff des Sofas zerriss und die Hand knackte, was der Junge jedoch gar nicht vernahm. Plötzlich hörten sie ein quengelndes Schreien und Sebastian hob einen kleinen Dämon hervor. Er war in schwarzem Sekret gehüllt. Es hatte nur ein Horn und der Schwanz schmiegte sich an den Körper. Manakim sah auf und auch Ciel blickte zu seinem Geliebten. Vorsichtig gab er den zarten Körper in Ciels Arme und legte ihn auf dessen Brust. Bei diesem Anblick vergoss der Junge Tränen der Freude und war überwältigt von den neuen Gefühlen, welche dieser Moment auslöste.

„Hallo Thalon."

Sebastian deckte die Beiden mit einem Handtuch zu und säuberte Ciel unten von dem überflüssigen Sekret. Manakim bereitete alles andere vor, um das Kind baden zu können und dessen Schwanz abzutrennen. Es dauerte nicht lange bis sich der Junge beruhigte und die Wärme der „Mutter" spuren konnte. „Er ist wundervoll.", meinte Ciel, als er seinen Sohn betrachtete. Sebastian setzte sich zu seinem Geliebten und küsste dessen Stirn liebevoll. „Das ist er. Ich bin so stolz auf dich, Ciel. Ich liebe dich." Der Junge wurde leicht rot und strahlte. „Dankeschön... ich liebe dich auch." Manakim lächelte sanft als er die Beiden sah. Sebastian blickte auf und erkannte die nächsten Schritte. „Darf ich ihn kurz haben?" Ciel nickte und ließ Thalon in Sebastians Arme. Liebevoll betrachtete er seinen Sohn und säuberte ihn, zusammen mit seinem besten Freund, in der kleinen Wanne. Mit einer Zange und einer speziellen Schere, welche der Herrscher für diesen Moment besorgt hatte, durchtrennte er den Schwanz des Kleinen, was üblich nach der Geburt war. Sanft legte er danach eine Windel an und einem kleinen Strampelanzug. Währenddessen half Manakim Ciel sich anzuziehen, welcher durch die nachwirkenden Schmerzen damit Schwierigkeiten hatte.

Als Thalon wieder in Ciels Armen lag öffnete er seine Augen. Das linke Auge war rot, während das rechte solch blaue Augen hatte wie Ciel selbst. Der Junge strahlte, als er dies erkannte. Alles an ihm schien perfekt. „Möchtest du ihm das erste Mal etwas Milch geben?", fragte ihn Manakim. Ciel stimmte dem zu und hob sein T-Shirt an. Vorsichtig ließ er seinen Sohn an die Brust. Langsam saugte Thalon an der Brust und trank von der Milch, welche diese ihm gab. Sebastian beobachtete die beiden verliebt. „Ich bin Vater." Manakim lächelte und legte eine Hand auf dessen Schulter. „Ja, das bist du. Herzlichen Glückwunsch." Beide umarmten sich fest. Das erste Mal seit langem vergoss Sebastian an einem solchen Moment Tränen der Freude. Ciel beobachtete seinen Sohn und seine Augen wurden langsam immer schwerer, auch Thalon löste sich von der Brust und schloss seine Augen. Sebastian schmunzelte. „Leg dich hin Ciel. Es war ein anstrengender Abend."

Der Junge nickte und legte seinen Sohn neben sich auf das Sofa, er selbst legte sich daneben. Schützend nahm er ihn in seine Arme und schloss seine Augen. Sebastian deckte die Beiden zu und streichelte Ciels Kopf etwas. „Schlaf gut, Liebster." Manakim räumte die Handtücher auf die Seite und entleerte die Wanne. Sebastian beobachtete seinen besten Freund, welcher sich schwer tat Dinge zu heben. „Hey, was ist mit dir, auch schwanger?" Manakim schmunzelte. „Vielleicht?" Sie lachten. „Nun sagen wir es so." Er zeigte ihm seine Hand. „Ciel hatte eine ganz schöne Kraft, als er meine Hand gehalten hat." Der Herrscher sah sich die Hand genauer an. Sie war rot und blau zu gleich. „Sie ist definitiv gebrochen.", stellte er belustigt fest. „Du solltest sie etwas einbinden, während sie heilt." Sebastian ging an seinen Medikamentenschrank, um einen Verband zu holen. Mit diesem verband er die geschädigte Hand. „Eine Geburt ist tatsächlich sehr schmerzhaft.", meint Manakim belustigt.

Der Herrscher lachte ebenfalls, bis beide sich auf das Sofa setzten. „Ich kann es immer noch nicht fassen, was gerade passiert ist. Danke. Ohne dich hätte ich es nie mit ihm geschafft." „Ich danke dir. So einen Moment werd auch nie vergessen. Naja, mit einer gebrochenen Hand sowieso nicht." Beide Dämonen lachten erschöpft, bis auch sie sich zurücklehnten und für eine Moment die Augenschlossen. "Sag mal, was hast du ihm eigentlich vorhin gegeben?" "Hmm? Nun es war nur ein Versuch, doch es war Traubenzucker. Ich hatte das Gefühl, als würde es ihm helfen." Manakim schmunzelte. "Gute Idee." 

Nun war der kleine Thalon-Bardroy geboren. 

Sebastian x CielWo Geschichten leben. Entdecke jetzt