Oktober 2013

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Peter Pettigrew, der einstige Freund von James Potter, Sirius Black und Remus Lupin, fand sich in einer Hölle wieder, die nicht aus Feuer und Schwefel bestand, sondern aus Schatten, Erinnerungen und endloser Reue. Der Himmel war ein aschfahles Gewölbe, ohne Sonne, ohne Sterne. Alles war in ein trübes, düsteres Licht getaucht, das jede Hoffnung zerschlug, bevor sie sich überhaupt regen konnte. Der Boden unter ihm war kalt und schien aus den zerbrochenen Scherben seiner eigenen Schuld zu bestehen.

Pettigrew tastete sich vorwärts, seine Hände zitterten, seine Augen suchten nach einem Fluchtweg, aber alles, was er sah, war eine weite Leere, die in die Unendlichkeit zu reichen schien. Plötzlich wurde die Stille von einem leisen, beinahe zynischen Lachen durchbrochen. Er kannte diese Stimme, die ihm früher unbeschwerte Abende und Abenteuer versprochen hatte – Sirius Black.

„Na, Wurmschwanz, endlich da, wo du hingehörst?", Sirius trat aus dem Schatten, seine Augen loderten wie lebendige Kohlen. Er sah nicht aus wie der gebrochene Mann, der Azkaban verlassen hatte, sondern wie die unbändige, kraftvolle Gestalt, die er in ihrer Jugend gewesen war. Das war eine Hölle, die von Peters Erinnerungen und der Macht der Verdammnis geformt worden war.

„Sirius... ich...", begann Peter, seine Stimme brüchig und voller Panik. Er wollte sich erklären, rechtfertigen, die Worte hervorbringen, die seine Last mindern könnten, doch sein alter Freund ließ ihn nicht aussprechen. 

„Erklärungen? Ich will keine Erklärungen, Peter. Ich will sehen, wie du leidest. Leidest für all das, was du uns angetan hast." 

Plötzlich tauchte eine weitere Gestalt hinter Sirius auf, eine Frau mit roten Haaren und smaragdgrünen Augen, die Peter den Atem raubten – Lily Potter. Ihre Augen funkelten vor Kälte, und doch lag ein Schmerz darin, der tiefer war als alles, was Peter je gekannt hatte. 

„Du hast uns verraten, Peter.", sagte Lily leise, und ihre Stimme war wie ein Windhauch, der durch seine Erinnerungen wehte. „Du hast meinen Sohn einem Mörder ausgeliefert." 

Die Worte waren ein Schlag, der ihn zu Boden warf. In dieser Hölle gab es keine Flammen, keine Ketten, sondern nur die Wahrheit, die sich wie ein Dolch in seine Brust bohrte. Die Szene veränderte sich, und plötzlich fand sich Peter vor dem Potter-Anwesen wieder, genau an dem Abend, an dem er den dunklen Lord hierhergeführt hatte. Die Tür war halb geöffnet, und er konnte die fröhlichen Stimmen von James und Lily hören, wie sie ihren Sohn ins Bett brachten. Ein Bild, das er so oft verdrängt hatte, aber hier, in diesem höllischen Reich, war das Verdrängen unmöglich. Er wollte schreien, wollte weglaufen, aber seine Füße waren wie festgenagelt. Er musste zusehen, wie die Tür aufsprang und Voldemort, sein Gesicht schlangengleich und grau, eintrat. Die Schreie, die folgten, hallten in Peters Geist wider, unaufhörlich und quälend. Er hatte das schon so oft in seinen Albträumen erlebt, doch diesmal gab es kein Erwachen.

„Du dachtest, du könntest dir ein Leben sichern, indem du uns verrätst.", sagte James, der plötzlich neben ihm stand, ohne ihn anzusehen. „Aber sieh, wohin dich dein Verrat geführt hat."

 Peter wagte es nicht, James anzusehen. Das scharfe, enttäuschte Profil seines Freundes brannte sich in seine Erinnerung ein. Die Bilder verschwammen zu einem endlosen Strom aus Schuld und Schande.Dann spürte er eine Berührung auf seiner Schulter, sanft und doch voller Verachtung. Es war Remus Lupin. Anders als Sirius und James schien Remus keinen Zorn zu hegen, sondern eine Trauer, die tiefer und schwerer war als alles, was Worte ausdrücken konnten.

„Peter, ich habe immer versucht, das Gute in dir zu sehen.", sagte Remus, seine Stimme wie eine ferne Melodie. „Aber du hast uns alle enttäuscht. Du hast uns unsere Zukunft gestohlen."

Die Stille, die folgte, war unerträglich. Sie war so dicht, dass Peter glaubte, sie erdrücke ihn. Er sah auf und bemerkte, dass die Gestalten seiner Freunde langsam verblassten, sich in Schatten auflösten, die sich über den kahlen Boden legten. Doch die Pein ihrer Blicke blieb bei ihm, eingebrannt in seine Seele. Plötzlich hörte er ein Flüstern, ein zischelndes Geräusch, das ihn vor Furcht erstarren ließ. 

„Verräter.", flüsterte es, und aus den Schatten schälte sich die Gestalt von Voldemort, nicht als der Mensch, den Peter einst gekannt hatte, sondern als eine groteske Mischung aus Albtraum und Realität. Seine roten Augen bohrten sich in Peters, und ein kaltes Lächeln kräuselte seine Lippen.

„Glaubst du, es gibt einen Ort, an dem du dich verstecken kannst?", fragte Voldemort, seine Stimme ein Gemisch aus Spott und eiskalter Verachtung. 

Peter fiel auf die Knie, unfähig, sich zu bewegen oder zu sprechen. Hier, in dieser Hölle, war er nicht einmal Herr über seine eigenen Ängste. Der dunkle Lord trat näher und hob seinen Zauberstab. „Dein Verrat hat dir nichts eingebracht, Peter. Und nun wirst du für alle Ewigkeit in der Dunkelheit leben, die du selbst geschaffen hast."

Und so blieb Peter Pettigrew in einer Hölle gefangen, die er selbst mitgewebt hatte, wo jede Erinnerung, jedes Wort, jeder Blick seiner Freunde und seiner Opfer ihm die Wahrheit ins Gesicht schmetterte. Hier gab es keine Erlösung, keinen Ausweg, nur die ewige Gegenwart seiner Schuld. Als Peter dort lag, gefangen in den Fängen seiner eigenen Schuld, begann der Boden zu beben. Die Scherben unter ihm zitterten und knackten wie Eis, das unter der Last des Winters zerbrach. Eine neue Gestalt tauchte aus dem Dunkel auf, und Peter erkannte ihn sofort. Severus Snape, der Mann, den er nie wirklich verstanden hatte, der Mann, dessen Liebe zu Lily Potter stärker gewesen war als alles, was Peter je gekannt hatte. Snape stand vor ihm, in seinem langen, schwarzen Gewand, das sich in der Düsternis bewegte wie ein Schatten, der sich von der Dunkelheit selbst gelöst hatte. Seine schwarzen Augen funkelten voller Verachtung. 

„Pettigrew.", zischte er, und seine Stimme hallte in der Leere wie ein kalter, schneidender Wind. „In deinem Streben nach Macht und Schutz hast du die wahre Bedeutung von Loyalität nie begriffen."

Peter zitterte unter Snapes Blick. In der Schule hatte er sich vor Snape gefürchtet, aber es war nichts im Vergleich zu dem, was er jetzt fühlte. Dieser Mann hatte Opfer gebracht, von denen Peter nie zu träumen gewagt hatte. Er hatte in den Schatten gelebt, hatte in der Dunkelheit gearbeitet, um ein Licht am Horizont zu bewahren – ein Licht, das Peter selbst ausgelöscht hatte.

„Du hast nicht nur Menschen verraten.", fuhr Snape fort, und sein Gesicht verzog sich zu einer Maske des Ekels. „Du hast die Magie verraten, du hast das Vertrauen verraten, das in die Bande unserer Welt gewoben ist. Dein Name wird niemals mit Respekt genannt werden. Dein Vermächtnis ist das einer Maus, eines winzigen Wesens, das kriecht, anstatt zu kämpfen."

Der Boden öffnete sich unter Peters Füßen, und er fiel. Er fiel in eine bodenlose Dunkelheit, umgeben von einem Chor aus Stimmen, die seine Verfehlungen skandierten. James' Lachen, das in Verachtung umschlug; Sirius' wütende Rufe, die ihm nachschrien; Lilys leise, traurige Worte, die seine Seele durchschnitten. Jede Stimme brachte ihn weiter hinab in die endlose Tiefe seines eigenen Schmerzes. Peter wusste nicht, wie lange er gefallen war, als er schließlich auf einem Feld landete, das von Nebel umgeben war. Der Nebel formte Gestalten, die ihn verfolgten – verlorene Seelen, Opfer seines Verrats. Die Gesichter derjenigen, die im Kampf gegen Voldemort gefallen waren, zogen an ihm vorbei, ein endloser Strom der Erinnerung: Fred Weasley, mit seinen immer fröhlichen Augen, die nun leer und vorwurfsvoll waren; Cedric Diggory, der durch Zufall zu einem Opfer geworden war; und viele andere, deren Namen er nie gekannt, aber deren Schicksale er beeinflusst hatte. Dann erschien eine Gestalt, die ihn am tiefsten traf. 

Es war Harry, aber diesmal nicht als junger Mann, sondern als Kind, der kleine Junge mit den wirren schwarzen Haaren und der Narbe auf der Stirn. Harrys Augen waren voll von einer Mischung aus Unschuld und Schmerz, die Peter nicht ertragen konnte.

„Warum, Peter?", fragte das Kind, seine Stimme zitterte vor einer Unschuld, die in dieser Hölle fehl am Platz war. „Warum hast du mich verraten, als ich es am wenigsten verdient hatte?"

Peter konnte nichts erwidern. Er war leer, ausgehöhlt von der Wahrheit, die ihn von innen heraus fraß. Der kleine Harry drehte sich um und verschwand im Nebel, und Peter blieb allein zurück, umgeben von einem Meer aus verlorenen Chancen und zerbrochenem Vertrauen. Ein unendlicher Schmerz nagte an ihm, die Erkenntnis, dass dies seine Ewigkeit sein würde – eine Welt ohne Trost, ohne Vergebung, nur die beständige, unerbittliche Erinnerung an das, was er getan hatte. Es war eine Strafe, die selbst der dunkelste Kerker nicht bieten konnte.

In den 19 Jahren dazwischen (Laufend)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt