Kapitel 5

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Nach einer gefühlten Ewigkeit erschien mein Freund wieder im Zimmer. Gelangweilt schaute ich von meinem Buch auf und dann zur Uhr. "Meintest du nicht, dass du nur kurz nachsiehst, was geschehen ist?" Abwartend legte ich das Buch und meine Brille beiseite. Ich war sehr weitsichtig und obwohl Thomas einige Meter von mir entfernt stand, hatte ich Probleme ihn zu erkennen. Er war einfach zu nah.
"Du weißt doch, wie das ist. Man verquatscht sich mit der Familie." Ich sah, dass sich sein Mine veränderte, aber seine Mimik konnte ich nicht ausmachen, zumal er auch noch an mich herantrat. "Du weißt doch, dass mir die Brille nichts ausmacht. Du musst deiner Gesundheit nicht schaden, um mir zu imponieren." Sanft berührte er meine Wange und schob mir dann vorsichtig meine Brille wieder auf die Nase.
Langsam öffnete ich meine Augen und schaute in seine fast vollständig schwarzen Augen, die mich verliebt anstarrten. "Thomas..." Hauchte ich, als er sich zu mir herunterbeugte. "Warum trägst du meine Schürze?"
Sofort stoppte er und richtete sich auf. „Seh' ich denn nicht heiß aus." Grinsend posierte er vor mir und als er sich umdrehte, konnte ich nicht anders, als ihm auf das nackte Hinterteil zu schlagen. "Na Mensch, da geht aber jemand ran." Lachend fuhr er durch meine Haare und drehte mir dann den Rücken zu.
Gespannt betrachtete ich ihn, wie er seine Schlafsachen raussuchte und sich bettfertig machte. Ich kannte diesen Anblick schon seit vielen Jahren und konnte mich an ihm einfach nicht satt sehen. Thomas Blackstorm kam in der dritten Klasse auf mich zu und fragte, warum ich so alleine im Klassenzimmer saß. Damals hatte ich nicht gewusst, dass er die Liebe meines Lebens werden würde. Ich hatte ihn abgewiesen, da ich in mein Buch vertieft war, aber er gab nie auf. Jede Pause setzte er sich zu mir und teilte sein Essen mit mir. Und irgendwann verriet er mir sein größtes Geheimnis. Thomas Blackstorm war ein Werwolf und würde der neue Alpha werden, sollte die Zeit für ihn kommen. Ich wusste nicht, warum er weiterhin mit mir Zeit verbracht hat. Ich war kein Werwolf wie er. Wieso machte er sich die Mühe an meiner Seite zu sein?
"Was ist los, Auralia?" Seine Stimme riss mich aus meinen Gedanken und verwirrt starrte ich zu ihm auf. Er war nun 21 Jahre alt und würde bald der neue Alpha werden und ich somit die Luna. Ein Nicht-Werwolf würde die Luna werden und den neuen Alpha gebären, aber was ist, wenn mein Kind kein Werwolf wird?
"Ich hab mich nur gefragt, was dich so aufgehalten hat. Immerhin meintest du, dass du gleich wiederkommst. Das meintest du vor fünf Stunden." Ich wollte jetzt nicht über meine Bedenken sprechen. Es war schon nach Mitternacht und er musste früh raus. Ich wollte ihn nicht mit meinen Problemen belasten.
"Mhm, was hat mich so aufgehalten?" Grinsend packte er meine Hände und zog mich zu sich hoch. Auch wenn ich für ein Mädchen relativ groß war und fast die gleiche Körpergröße wie Leonard besaß, überragte mich Thomas um einiges. "Vielleicht hab ich zu viel von deinem wunderschönen, roten Haar geträumt." Er hob seine Hand und schob eine lose Strähne hinter mein Ohr. "Oder vielleicht waren es deine klaren, grauen Augen." Ich schloss meine Augen und spürte, wie er beide Lider küsste. "Oder war es allein die Tatsache, dass so ein wunderbares Mädchen die ganze Zeit auf mich gewartet hat?" Ruckartig zog er mich an sich und warf uns verschlugen aufs Bett. "Oder vielleicht-"
Ich hob die Hand und drückte meine Finger auf seine Lippen. Ich wusste, dass das nur eine Taktik war. Er versuchte mich mit seinem definierten, nackten Oberkörper abzulenken und mich mit seinen Wort zu umgarnen. Er wollte nicht reden, brachte es aber nicht übers Herz, mir eine Abfuhr zu geben. "Ist schon ok, wenn du nicht über deine Schwester reden kannst. Und ich weiß doch auch, dass du mir als Außenstehende nichts über das Internat erzählen darfst. Ich bin zwar kein Werwolf, aber in Sitten und Bräuchen geschult. Ich weiß bescheid." Ich schmiegte mich noch näher an seine Brust. "Und jetzt schlaf. Es ist schon spät."
Erleichtert atmete Thomas aus und seine Muskeln entspannten sich. Er dachte immer, dass er mich mit seinen Worten verletzen könnte, aber ich wusste auch, wie sehr ihn Schuldgefühle zerstörten, wenn er nichts sagte. Es war ein immer ein Hin und Her, wer am ehesten wen verletzte, aber er sollte ehrlich zu mir sein, auch wenn ich das selbst nicht kann.

If I hadn't met youWo Geschichten leben. Entdecke jetzt