"Meinst du wirklich, dass das gut geht?" Unsicher betrachtete sich Marco im Spiegel. "Ich meine, ich sehe zwar sehr feminin aus, aber ich weiß nicht." Nervös zupfte er an einem schwarzen Samtkleid, das eng an seiner schmalen Taille lag.
"Ich verstehe zwar nicht ganz, warum das alles passiert, aber du siehst erstaunlich gut aus." Gab Isabelle von sich.
Nachdem ich mich mit Lady Silverstone unterhalten habe, wurde mir bewusst, dass ich nicht weiter weglaufen konnte. Ich lebte nun wieder mit den anderen im Blackstorm-Haus, auch wenn ich hier nicht hineingehörte. Meinem Bruder ging ich zwar immer noch aus dem Weg, aber darunter sollten die anderen nicht leiden. Ich hatte dann beschlossen, Marco einen Gefallen zu erweisen, weshalb wir hier nun standen. "Marco hat sich in Xuezhang verliebt und würde gerne wissen, ob er eine Chance hätte. Deshalb verkleidet er sich für den Winterball als Frau und findet heraus, ob er auf Frauen oder Männer steht. Noch Fragen?"
Zögernd hob sie die Augenbrauen. "Ihr könnt ihn doch auch einfach fragen. Er ist ein sehr offener und ehrlicher Mensch."
"Mir gefällt meine Idee mehr!" Rief ich und warf mich zeitgleich mit einigen Kleidungsstücken auf Marcos Bett. "Außerdem sieht er in einem Kleid verdammt gut aus. Aber wir brauchen noch eine Perücke." Schnell stand ich auf und griff in Marcos Koffer, in dem er fast alle aufbewahrte, was andere nicht sehen sollen. Dort befand sich eine brünette Perücke und braune Kontaktlinsen, mit denen Marco tatsächlich als Mädchen hätte durchgehen können.
"Belastend, wenn ein Typ in einem Kleid besser aussieht als du selbst." Lachend betrachtete Isabelle den junge Mann vor sich und konnte sich ein stolzes Funkeln in den Augen nicht verkneifen. "Hätte ich nicht schon einen Freund, würde ich dich auf jeden Fall klären wollen."
Schlagartig lief Marco rot an. "Hör auf. Mach dich nicht über mich lustig." Aber wir wussten alle, dass Isabelle sich nicht über ihn lustig machte. "Was wollt ihr eigentlich anziehen? Das Fest beginnt in ein paar Stunden und ihr seht immer noch aus, wie aus dem Arsch gezogen."
Prüfend schauten wir an uns herab und mussten zugeben, dass er recht hatte. Wir liefen den gesamten Nachmittag schon in unseren Schlafsachen herum und wirkten wie frisch aus dem Bett gefallen.
"Ich gehe doch mit Max hin und dem ist egal, wie ich aussehe. Ich könnte auch nackt kommen und der würde nichts sagen." Schulterzuckend griff Isabelle nach einem Keks und ließ sich neben mir nieder.
"Natürlich würde er nichts gegen dich sagen, wenn du nackt vor ihm stehen würdest. Du wärst dann nackt. Er wäre mit ganz anderen Gedanken beschäftigt." Lachte ich und erhielt dafür den Keks in meinen Haaren.
"Du kennst Max. Er ist nicht so versaut wie du!" Auch wenn ihre Worte anklagend waren, hörte ich eine gewisse Belustigung heraus. "Aber wenn ihr mich unbedingt loswerden wollt, dann mache ich mich jetzt fertig. Shang wird voraussichtlich nicht mehr vorbeikommen, also könnt ihr euch in Ruhe vorbereiten."
"Du scheinst ganz schön vertraut mit Xuezhang zu sein." Ich musste schmunzeln. "Sollte Max eifersüchtig sein?"
Doch statt einer Antwort erhielt ich nur einen weiteren Keks in den Haaren und als ich wieder aufschaute, war sie verschwunden. Auch wenn sie es nicht zu geben wollte, ähnelten sich die beiden schon sehr stark. Wenn sie einen Bruder gehabt hätte, dann wäre er bestimmt wie Xuezhang geworden.
"Gehst du eigentlich mit Lord Whitenight hin?" Fragte Marco als er in seinem schwarzen Kleid vor mich trat und einige Krümel aus meinen Haaren pflügte.
"Ich hatte nicht vor, überhaupt zum Ball zu gehen. Ich halte nicht viel von Festen und solchen Veranstaltungen."
"Würdest du für mich kommen? Du und Isabelle sind die einzigen, die hiervon wissen und sie wird bestimmt den ganzen Abend bei Max bleiben." Unsicher starrte er mich mit seinen großen grauen Augen an.
Doch statt einer Antwort sprang ich nur auf und blieb in der Tür stehen. "Ich bin in zehn Minuten fertig. Warte hier auf mich.""Ist das wirklich eine gute Idee?" Unsicher hielt sich Marcel an der Tür fest. "Wenn ihr jetzt geht, ist keiner mehr hier, der euer Rudel anführen kann. Hat Tommy nicht auch Vertreter der anderen Familien kontaktiert? Was soll ich machen, wenn sie hier ankommen?"
"Nimm sie in Empfang und lass endlich los. In einigen Stunden werden die Barrieren gelockert und wir können nicht mehr garantieren, ob es meiner Tochter dann noch gut geht." Entschlossen packte Peter Blackstorm die Tür und schloss sie, wobei er dem kahlköpfigen Alpha beinahe die Finger einklemmte.
Und ohne ein weiteres Wort setzten sich die Blackstorms in Bewegung und ließen mich mit einem fremden Alpha zurück. "Wieso muss man dir eigentlich immer alles aus der Nase ziehen? Ist doch klar, dass wir die Vertreter in Empfang nehmen. Bist du echt so dumm, dass man dir das auch noch erklären muss?" Genervt lehnte ich mich an die Tür. Ich verstand nicht, warum ich hier sein musste. Ich gehörte zu der Beta-Familie der Whitenights und musste nun auf das Heim der Blackstorms aufpassen mit dem Alpha der Nolans. Was genau dachte sich das Schicksal dabei?
"Du kannst ruhig gehen, wenn es dich stört. Ich komme schon alleine klar." Gab Nolan von sich und drückte sich an der Tür an mir vorbei.
"Gehen? Warum sollte ich gehen? Vielleicht will ich auch hier mehr Zeit mit dir verbringen." Lachend folgte ich ihm in das Haus der Blackstorms, aber aus irgendeinem Grund blockierte Nolan die Tür.
"Verschwinde von hier. Das hat nichts mit deinem Rudel zu tun." Überrascht blieb ich stehen. Die gesamten Wochen hatte Nolan in einer liebreizenden Stimme gesprochen und uns behandelt, als seien wir selbst Teil seiner Familie, aber diese Stimme war anders. Er zeigte mir offen, dass er nichts von mir hielt, wenn nicht sogar mich verachtete.
Ich lachte kurz auf. "Ich hatte mich schon gefragt, wann du dieses Spiel endlich fallen lässt. Ist es nicht erbärmlich einen Alpha, einem anderen Wolf soweit in den Arsch zu kriechen?"
Sofort packte er meine Kehle und rammte mich mit voller Kraft gegen die Wand des Versammlungszimmers, in dem wir uns befanden. "Wenn dir dein Leben lieb ist, dann schweigst du lieber." Die Stimme eines Alphas. Ich konnte diesen Klang nie leiden, da er einem immer den Willen einer fremden Person aufzwang und gepaart mit den typischen roten Augen der Alphas, fühlten diese sich immer so überlegen, was mich kotzen ließ. Dieses überheblich Gehabe hat mich schon meine Familie gekostet. Ich werde sicherlich nicht mitansehen, wie das einer anderen Familie ebenfalls widerfährt.
"Ich hatte mir schon gedacht, dass irgendetwas nicht mit dir stimmen kann. Lass mich raten, du warst derjenige, der die kleine Blackstorm damals entführt hat." Wütend funkelte mich Nolan mit seinen roten Augen an, als ich diese Worte sagte, aber dieser Blick verriet auch, dass ich recht hatte.
"Wie hast du es herausgefunden?"
Leichtfertig zuckte ich mit meinen Schultern. "Ich habe davor doch nie von einem Alpha namens Nolan gehört, was darauf schließen lässt, dass du den vorigen Alpha getötet hast und dazu sollte kein einfacher Wolf in der Lage sein. Du musst Hilfe gehabt haben und als ich von dem Fall der kleinen Blackstorm gehört habe, war mir schon sofort bewusst, dass sie von jemandem verraten wurde, aber die Frage war, wer? Ganz einfach, es war der Patenonkel, der das Gebiet betreten und verlassen konnte, wie es ihm beliebte. Lass mich raten, du hast auch den Beta getötet, da er Verdacht geschöpft hatte, nicht wahr?"
Nolan schwieg.
"Du wirst deinem Rudel wahrscheinlich auch gleich Bescheid geben, dass die Blackstorms Lupus Luna betreten werden und sie schnell die kleine Blakcstorm entführen sollten. Du hast sie immer informiert über unsere nächsten Schritte, weshalb wir nie weiterkamen. Du bist ein verdammter Spion des Darach-Rudels!" Zähneknirschen packte ich seinen Arm, als der Griff um meine Kehle fester wurde.
"Und warum hast du das niemandem gesagt, wenn alles auf der Hand lag? Wieso hast du dich mir offenbart, wenn du weißt, dass du keine Chance gegen einen Alpha hast?" Mit einem tiefen Knurren kniff er die Augen zusammen.
"Ich wollte nur deinen schockierten Blick sehen, wenn dir klar wird, dass du verloren hast."
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If I hadn't met you
WerewolfVerstehst du denn nicht, dass es die einzige Chance ist? Töte ihn und ich komme zurück. Töte ihn und ich kümmere mich um das Rudel. Töte ihn und wir werden diesen Feind ein für alle mal los. Es spielt jetzt auch keine Rolle mehr... auch wenn er dein...