"Wie war das?" Verwundert schaute ich auf und starrte den Jungen neben mir an.
"Ich sagte, dass dich deine Schwester braucht. Sind alle Kitsunes so schwer von Begriff?" Genervt fuhr er sich durch sein goldenes Haar und zeigte erneut auf mich. "Yako hat mich gebeten, dir diese Nachricht zu überbringen. Mach damit, was du willst. Ich gehe." Und mit diesen Worten dreht sich der Wolf um.
Ich starrte ihm noch eine Weile hinterher, bis er Tyler Silverstone erreicht und dann auf dem Campus in der Masse unterging. "Was war das denn?" Amüsiert trat ein junger Mann neben mich und hockte sich hin. "Wer war der Kleine?" Er legte seinen Kopf auf seinen Knien ab und starrte mich mit seinen blauen Augen an, die zu brennen schienen.
"Weiß nicht. Er meinte, er sei Eric Goldenforest. Ich weiß aber nicht, was das zu bedeuten hat." Ich zuckte mit den Schultern und starrte dann wieder zu dem Fuchs neben mir.
Zögernd streckte er seine Hand aus und stieß gegen eine unsichtbare Barriere. Ich wusste, dass er mein Gesicht berühren wollte, aber zum Glück trennte uns die Barriere von Lupus Luna. Ich lehnte meinen Kopf gegen den Baum, an dem ich lehnte und starrte gen klaren Himmel. "Er hat sehnsüchtige Augen." Murrte der junge Mann.
Ich drehte meinen Kopf zu ihm. "Was meinst du damit?"
Mononoke zuckte mit den Schultern und ließ seine Hand sinken. "Er hat die Augen eines Mannes, der seine bessere Hälfte gefunden hat, sie aber verlassen musste. Seine Augen scheinen zu einem weit entfernten Ort zu schauen, den er niemals erreichen kann. Er mag den Schmerz noch nicht empfinden, aber sobald ihm bewusst wird, dass er diese Liebe nicht erfassen kann, wird der Schmerz ihn auffressen. Sollte er nichts dagegen tun, kann es ihn zerstören. Soulmates sind schon eine komsiche Sache." Gedankenverloren malte der Nogitsune einige Zeichen in den Sand.
"Was weißt du denn schon von Mates?" Ich wollte auf gar keinen Fall, dass er über Mates sprach. Ich wusste, dass meine kleine Schwester ihren Mate gefunden hat. Der Gedanke daran, dass dieses Monster über Mates sprach, als würden sie sich gegenseitig zerstören, machte mich krank. Er hatte nicht das Recht, so über meine Schwester zu reden.
"Ich weiß vieles. Ich bin unglaublich alt. Vermutlich ist aktuell nur Himiko älter als ich." Ich verkrampfte mich bei seinen Worten. Er sollte nicht so über unseren Kyuubi reden. Er hat ihr Leben zerstört. Dieser Nogitsune machte mich rasend vor Wut. "Aber du hast auch recht. Ich werde die Liebe eines Mates niemals nachvollziehen können. Egal, wie lange ich warte, mein Soulmate wird niemals diese Welt betreten können. Soulmates besitzen jeweils eine halbe Seele." Mononoke schaute auf und schmunzelte. "Ich habe keine Seele."
Ich schnaubte. "Du redest zu viel. Halt die Klappe."
"Und du? Hast du deinen Mate gefunden? Ich weiß, dass Kitsunes ungern ihren Mate außerhalb ihrer Spezies suchen. Wir Füchse können unglaublich alt werden. Wenn wir Glück haben, erreichen wir sogar ein Alter von 1000 Jahren. Einen kurzlebigen Mate zu haben, würde einen nur zerstören. Ich frage mich, ob Himiko jemals einen Mate hatte." Er richtete seinen Kopf auf und starrte mich mit großen Augen an. "Ob ich ihn damals getötet habe?"
Ich atmete stark aus. Ich durfte mich nicht von ihm provozieren lassen. Er wollte nur, dass ich die sichere Barriere überschreite, damit er gegen mich kämpfen konnte. "Halt die Klappe."
Er schwieg eine Weile. Ich dachte erst, er wäre wieder im Wald verschwunden, aber dann ertönte wieder seine Stimme. "Hyakkun?" Ich brummte als Antwort. "Was machst du mit der Nachricht des kleinen Wolfes?"
"Was meinst du, Mochan?"
Mononoke lachte. Ihm war durchaus bewusst, dass ich ihm nur diesen Spitznamen gegeben habe, um zu zeigen, dass ich ihn kein bisschen respektierte. Er mochte ihn trotzdem. "Deine Schwester braucht dich. Willst du wirklich nicht zu ihr?"
Ich schüttelte langsam den Kopf. "Ich kann dich nicht einfach verlassen."
"Naw, du bist zu niedlich, Hyakkun! Lass mich dich knuddeln!" Mononoke sprang auf und warf sich gegen die Barriere, die ihm einen ekeltrischen Schlag gab. "Ow."
"Ich meinte damit vielmehr, dass ich dich nicht verlassen kann, da du sonst alles und jeden abschlachten würdest."
Mononoke schüttelte sich. "Nicht ganz. Ich will nur dich. Du hast ein unglaubliches Potential, das ich zu gerne sehen würde. Ich würde dich nicht töten. Ich will auch niemanden sonst attackieren, solange es dich gibt. Du kannst ruhig zu deiner Schwester. Ich werde nichts tun."
Ich sah langsam zu ihm. Seine brennenden Augen starrten zurück. "Warum sollte ich dir das glauben?
Mononoke zuckte mit den Schultern und warf sein langes schwarzes Haar in den Nacken. "Ich habe keinen Grund, dich zu belügen. Außerdem ist es hier unglaublich langweilig. Können wir nicht irgendwo hingehen?"
Ich zögerte. Yako hat mich zuvor nie nach einem Gefallen gebeten, der meinen emotionalen Beistand gefordert hat. Ich hatte auch ein unglaublich schlechtes Gefühl, was die Allianz betraf. Ich wollte Mononoke aber auch nicht zu unserer Basis bringen. Er behauptete zwar, die Darachs hinter sich gelassen zu haben, aber er war auch ein Fuchs. Wir lügen immer. Wir tricksen Leute aus. Wir handeln nur für uns. Ich konnte nicht auf sein Wort trauen.
Langsam erhob sich der Nogitsune und streckte sich. "Kommst du oder soll ich schon mal alleine vorgehen?"
Misstrauisch hob ich eine Augenbraue. "Ich vertraue dir nicht."
"Weise Entscheidung."
"Ich habe auch nicht vor, mit dir Stunden lang auf Reisen zu sein."
Mononoke schmunzelte. "Das ist auch gar nicht nötig. Komm her, Hyakkun." Er hielt mir seine Hand entgegen und schaute mich erwartungsvoll an. "Nimm sie schon."
Ich wollte nicht. "Was hast du vor?" Fragte ich, während ich zögerlich aufstand.
"Was hast du schon zu verlieren? Dein Leben? Das würde ja komplett gegen deinen Willen gehen, nicht wahr?" Der Sarkasmus war offensichtlich, aber mir war nicht nach lachen.
"Warum sollte ich deine Hand nehmen?" Mein Vater hat immer gesagt, die Hand eines Fuchses zu nehmen, sei, wie dem Teufel die Hand zu reichen.
"Wenn du alt genug bist, entwickelt jeder Fuchs gewisse Fähigkeiten, die sonst niemand erlernen kann. Die meisten entstehen erst, wenn du deinen neunten Schweif bekommst. Ich bin ein Nogitsune, also eine komplette Außnahme der Norm. Ich bin nicht von den Schweifen abhängig, da ich keine besitze. Wenn ich mich in einen schwarzen Nebel hülle, kann ich in Sekundenschnelle von einem Ort zum anderen reisen. Nalawe ist keine Außnahme. Du musst nur navigieren." Er hielt mir seine Hand noch weiterhin entgegen.
Es war ein sehr effizienter Weg, aber ich wollte ihm nicht meine Hand geben. "Und du wirst sonst nichts tun?"
Mononoke nickte. "Sollte ich jemanden töten, gestatte ich es dir, mir mein Leben zu nehmen. Deal?"
Ergeben atmete ich aus. "Deal." Ich überquerte die Barriere und nahm seine Hand. Sofort flammten seine Augen auf. Alles in seinem Glaskörper schien in blauen Flammen aufzugehen. Seine Hand wurde unglaublich kalt und ein schwarzer Nebel hüllte uns nach einem Wimpernschlag ein.
"Auf nach Nalawe!" Mit einem teuflischen Grinsen auf den Lippen sank er ab. Die Dunkelheit hüllte uns vollständig ein, bis ich nur noch seine brennenden Augen sehen konnte. Ich spürte keinen Widerstand unter meinen Füßen und auch sonst wusste ich nicht, ob ich mich über oder unter der Erde befand. Ich fühlte mich schwerelos, aber auch an Mononoke gebunden. "Hyakkun, denk ganz fest daran, wohin du willst!"
Mononokes Stimme schien aus jeder Richtung zu kommen. Ich verstand nun endlich, warum Lawrence damals seine Stimme aus jeder Richtung vernehmen konnte. Dieser Nogitsune hatte seinen Nebel überall verteilt. Er selbst ist dieser undurchdringliche schwarze Nebel. Wenn er spricht, ertönt damit seine Stimme überall, wo sich der Nebel befindet. Aber daran konnte ich jetzt nicht denken. Ich wollte nicht zu Lawrence, ich wollte nach Nalawe.
Ich stellte mir das Blackstorm-Haus auf dem grünen Hügel vor, das so unmöglich zu erreichen war. Ich stellte mir den Hinterhof vor, in dem die beiden Whitenights sich ständig gerauft haben. Ich stellte mir das weiche Gras vor, in dem ich die meiste Zeit lag und meine Zeit verschwendet habe. Ich konnte nicht abstreiten, dass es ein wunderschöner Ort war.
"Wir sind da." Plötzlich spürte ich etwas hartes unter meinen Füßen. Verwundert starrte ich meine Füße an und wie auf Komando klarrte der Nebel auf. Ich konnte das Blackstorm-Haus vor mir sehen und das Gras, in dem ich so oft lag.
Überrascht zuckte ich zusammen. Das grüne Gras war blutdurchtränkt! Sofort ließ ich Mononoke los und rannte auf die Wiese. Dort lagen mehrere Gesichter, die ich teilweise ausmachen konnte. Es waren die Füchse meiner Schwester! Meine Hand schnellte zum regungslosen Fuchs. Er hatte keinen Puls mehr. Er war tot. Ich betrachtete ihn eine Weile und merkte dann, dass etwas nicht stimmte.
"Er sieht komisch aus." Mononoke trat hinter mich und betrachtete den toten Fuchs. Mich überraschte es nicht, dass er ihn so anschaute, als würde er ein Kunstwerk begutachten. Er war ein Mörder und ein bisschen Blut würde ihn nicht aus der Bahn werfen, selbst wenn er nicht für den Mord verantwortlich war. Sofort hockte er sich hin und nahm das Gesicht in seine bleichen Hände, die Kälte förmlich austrahlten. "Oh." Überrascht ließ er die Leiche los.
"Was ist?" Was hatte er entdeckt, dass ihn so überraschte, dass er nicht mal einen dämlichen Kommentar ablassen konnte?
"Der Fuchs wurde zerfetzt und wieder zusammengebaut. Kannst du das sehen?" Er hob leicht den Kopf an und zeigte auf eine Linie am Hals. "Mich erstaunt, dass es dir nicht aufgefallen ist. Der Fuchs sieht nur vollständig aus, weil er liegt. Wenn man ihn anhebt" Mononoke packte die Schultern der Leiche und hob sie vorsichtig an. "Dann fällt sie auseinander." Wie auf Kommando fiel der Kopf von den Schultern. Die Arme lagen immer noch im Gras und auch der Unterkörper sackte wieder in die Wiese ab, während Mononoke den Oberkörper hielt.
Schockiert sprang ich auf. "Lass den Fuchs los!" Schrie ich. Verwundert legte Mononoke seinen Kopf schief, ließ den Oberkörper trotzdem fallen.
"Es ist nicht das erste mal, dass du das siehst, oder?" Grinsend stand der Nogitsune auf. "Wer deiner Leute hat das getan?" Mononoke kam immer näher. Als er vor mir stand, hob er seine Hand und drückte seinen Daumen auf meine Lippen. "Wer ist der Ripper?" Mit diesen Worten strich er mit seinem Daumen über meine Lippen und hinterließ dort eine Spur des Blutes.
Er widerte mich an. Wie konnte er mit einer Leiche so umgehen, als wäre sie nur ein Spielzeug? Die Füchse haben sich freiwillig dazu entschieden, mich und meine Schwester zu begleiten. Sie wollten mit uns den schwarzen Wölfe ihre Loyalität, Solidarität und Vertrauen beweisen. Sie kämpften für den Frieden und starben auch für diesen. Wer war Mononoke, sich über diese tapferen Krieger, die noch in Japan eine Familie hatten, lustig zu machen?
Angewidert stieß ich ihn von mir, aber sagte nichts. Was erwartete ich auch schon von einem Massenmörder, der Spaß daran hatte, Kinder zu zerfetzen?
"Hyaku-Sama?" Eine bekannte Stimme zog sofort meine Aufmerksamkeit auf sich. Ich suchte nach dem Eigentümer der Stimme, bis ich zwei grüne Augen erblickte. Die Erleichterung war deutlich geschrieben, als er auf mich zulief. "Was tun sie hier?"
Ich wollte antworten, aber ein anderer Mann kam mir zuvor. "Wo warst du? Verdammte Scheiße, wieso warst du nicht hier?" Ich schaute hinter den jungen Gray und entdeckte meinen zukünftigen Schwager, der mich mit einer ungewöhnlichen Verachtung anstarrte. "Wieso warst du nicht hier, als wir angegriffen wurden? Was war wichtiger, als hier bei uns zu sein?" Er stürzte auf mich zu. Ich roch frisches Blut auf seiner Haut und spürte neue Wunden an seinem Körper. Er riss mich zu Boden und verpasste mir einen Schlag ins Gesicht, der mich Sterne sehen ließ. "Wieso kommst du erst jetzt?" Er schrie mich förmlich an, aber ich wusste nicht, was ich darauf antworten sollte.
"Ruhigblut, Tiger." Mononoke packte Henry Beaumon am Nacken und zog ihn von mir, als dieser noch mal auf mich einschlagen wollte. Henry strampelte und wollte nach Mononoke beißen, aber der alte Fuchs wusste es besser und drückte ihn einhändig mit dem Gesicht voran in den Boden. Mein erster Instinkt war, ihm für seine Hilfe zu danken, aber dann erinnerte ich mich daran, dass er mich nur am Leben hielt, um irgendwann auf Leben und Tod gegen mich zu kämpfen, weshalb ich schwieg. "Wieso greifst du Hyakkun an?"
Henry schnaubte. "Wer bist du denn? Bist du der Grund, warum Meister Hyaku nicht kommen konnte?" Er sprach meinen Namen mit einer gewaltigen Verachtung aus, was ich überhaupt nicht verstehen konnte.
"Was ist passiert? Warum bist du so wütend?" Ich hockte mich neben Henry und griff in sein hellbraunes Haar, um irgendwie seine Augen sehen zu können. "Was ist hier los?"
Henry schnaubte und erst dachte ich, dass er das tat, weil er meine Berührung hasste. Doch dann konnte ich eine tiefe Wunde an seinem Nacken sehen, die vermutlich unglaublich schmerzte. Ich ließ ihn schnell los, damit er atmen konnte. "Sie haben uns überwältigt." Er sprach in den Boden, aber ich konnte genau hören, dass er nicht mehr wütend war. War es... Trauer? "Sie haben uns erwischt, als wir unvorbereitet waren. Sie haben sie mitgenommen. Sie haben alle mitgenommen!"
Ein ungutes Gefühl machte sich in meinem Magen breit. "Wen haben sie mitgenommen?"
Henrys Stimme brach. "Unsere Krieger. Die Kinder. Unsere Zukunft. Sie haben sie mitgenommen! Alle. Sie haben Yako entführt!"
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If I hadn't met you
WerewolfVerstehst du denn nicht, dass es die einzige Chance ist? Töte ihn und ich komme zurück. Töte ihn und ich kümmere mich um das Rudel. Töte ihn und wir werden diesen Feind ein für alle mal los. Es spielt jetzt auch keine Rolle mehr... auch wenn er dein...