Kapitel 56

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"Dann öffne mal die Tür." Lachend trat Tyra beiseite und zeigte auf die mir bekannte Holztür. Es war so ungewohnt, wieder Zuhause zu sein. Es war zwar erst ungefähr ein halbes Jahr her, aber es hatte sich viel, wenn nicht sogar alles, geändert. Ich habe eine große Schwester und diese ist, wie ich, eine Chimäre. Ich wurde vor zehn Jahren von einem Darach-Rudel, einem Rudel bestehend aus dunklen Druiden und anderen diversen Gestalten, gefangen genommen, um als Schlüssel zu dienen, eine neue Spezies hervorzubringen.
Es war aber auch so ungewohnt, da ich alleine war. Es befanden sich zwar meine Freunde, meine Familie und Christopher hier, aber ich war ohne Leon. Er war nicht mehr bei mir und es fühlte sich so leer ohne ihn an.
"Na los! Dort warten doch deine Freunde drin. Öffne die Tür." Lachend warf der Jäger ihre Waffe über die Schulter und betrachtete uns von oben herab. "Oder soll ich dir nachhelfen?" Mit einer eleganten Bewegung wirbelte sie ihr Schwert um seine eigene Achse und richtete es direkt auf Thomas. "Oder hast du Zweifel?"
"Ich habe Zweifel!" Verwundert drehte ich meinen Kopf zu Lawrence, der unsicher seine Hand hob und Tyra anstarrte. "Sind sie sich sicher, dass sie mit dem Schwert umgehen können? Eine Paralyse reicht." Sagte er und sprang schockiert zurück, als Tyra die Waffe auf ihn richtete.
"Hat da jemand etwas Angst?" Lachend trat sie näher und richtete die Klinge direkt auf sein Herz.
Sofort wich Lawrence aus und fiel auf den Boden, als Tyra noch näher kam. "Lass das!" Es war das erste Mal, dass Lawrence nicht so höflich mit Älteren sprach, wie wir es gewohnt waren. Er schien sich sehr zu fürchten, was man aber auch an seinem Gesichtsausdruck ausmachen konnte.
"Du bist echt ein Jammerlappen."
"Alex!" Empört starrte Lawrence über die Schulter und starrte Alexandra an, die sich grinsend neben ihn hockte und Tyra von unten mit strahlenden Augen betrachtete.
"Was denn?" Verwundert legte sie ihren Kopf schief, aber ich war mir sicher, dass sie verstand, dass sein Stolz verletzt wurde und sie sich darüber lustig machte. Aber das schien sie eher weniger zu kümmern. Sie war viel zu begeistert von der Waffe. Oder vom Anwender? Ich war mir nicht ganz sicher.
"Was wird das?" Dominant und bestimmt, wie immer, betrat Peter Blackstorm den Platz. Ihm folgten die anderen, die nicht mit Jiaki im Auto gefahren sind, also Caliria, Auralia, Max, Shang und Marco.
Sofort wich Lawrence aus und zog Alex mit sich, die empört aufschrie, doch sofort verstummte, als sie Lawrences besorgten Gesichtsausdruck bemerkte. Mein Vater war immer noch ein Alpha und sie nur einfache Werwölfe. Er könnte ihnen Dinge aufzwingen, die gegen unseren Willen wären und dem wollte jeder entgehen.
"Ist es dir aufgefallen?" Besorgt starrte meine Mutter gegen die Tür, was meinen Vater verwundert stoppen ließ. Verwirrt hob er eine Augenbraue und drehte sich um. Es war eine so vertraute Bewegung, dass ich beinahe vergaß, was eigentlich um uns herum passierte.
"Was soll mir aufgefallen sein?"
"In unserem Haus..." Meine Mutter streckte ihren Arm aus und zeigte nervös auf die Tür. "dort kommen mehr als zwei Herzschläge raus."
Sofort verstummten alle. Ich spürte, wie meine Muskeln sich zum Zerreißen anspannten, meine Sinne waren geschärft und mit leichten Schritten liefen wir langsam auf das Haus zu. Wir sind Werwölfe, Jäger und sollten wir auf der Jagd sein, kann man nur für unsere Beute beten.
Sofort pirschte Thomas vor und blieb vor der Tür stehen, während Vater ganz hinten war. Es mag zwar im ersten Moment komisch wirken, da ein Alpha doch ein Rudel anführen und sich nicht ganz hinten aus der Affäre ziehen sollte, doch das tat mein Vater gar nicht. Der Grund, warum unser Rudel so gefürchtet ist, sind die Alpha. Jeder Alpha der Blackstorms war ein geborener Anführer und nicht irgendein zufällig dahergelaufener Wolf mit einem Durst nach Macht. Als Alpha lässt man die stärksten Ausschau halten und trottelt selbst hinten her, um das Rudel zusammenzuhalten. Wer sonst achtet darauf, dass jeder mitkommt und niemand zurückbleibt? Das ist die Aufgabe des Alphas. Er regelt den Zusammenhalt der Gemeinschaft und dieses Bewusstsein der Pflicht hat dafür gesorgt, dass die Alphas der Blackstorms überall bekannt sind.
Leicht nickte Thomas und wir machten uns bereit anzugreifen. Mein Bruder hatte uns davon berichtet, dass Marcel und Lord Silverstone bei uns warten und sie niemanden sonst hereinlassen würden, einfach da das Risiko eines Angriffs zu hoch wäre. Aber dort befanden sich mehr. Ich hörte ebenfalls, dass es mehr als zwei Herzschläge waren. Drei? Oder auch vier? Und es waren starke Herzschläge. So klingen nur die Herzen von Gestaltwandlern. Wer war das?
Und dann schwang die Tür auf. Sofort setzte Thomas zum Sprung an und ich hörte, wie Vater Tyra zurückzog. Sie schien sich zwar dagegen zu wehren und mein Vater war auch nicht sonderlich erpicht auf ihre Schläge, aber sie war immer noch nur ein Mensch. Sie hatte nicht die gleichen Kräfte, wie eine unbestimmte Anzahl fremder Gestaltwandler und selbst wenn mein Vater sie nicht leiden konnte, war sie durch Jiaki ein Teil seines Rudels, den es zu beschützen hieß. Mein Vater war trotz allem unser Alpha.
"Was wird das?" Verwundert kreuzte die Gestalt in der Tür seine Arme vor der Brust und betrachtete Thomas, wie er versuchte, seinen Sprung abzulenken, um nicht gegen ihn zu springen. "Es freut mich ebenfalls, den kleinen Burschen wiederzusehen." Verwundert hob er eine Augenbraue und streifte mit seinen grauen Augen die Gruppe von Leuten, die sich vor ihm befand. "Noch mal: Was wird das?"
"Was ist passiert, Tyler?" Verwundert ließ mein Vater Tyra los, die dankend zu Boden sackte, und lief an uns vorbei. Er schenkte seinen Bemerkungen keine Beachtung und packte sofort Tyler am Kragen und zog ihn aus der Tür. "Wieso riecht es nach Blut?"
Überrascht weiteten sich Tylers Augen. "Oh, das?" Grinsend zuckte er mit den Schultern und schaute leichtfertig zu Thomas. "Das ist der Geruch eines Verräters, auch bekannt als der Patenonkel des Erbens. Ihr habt euch tolle Freund ausgesucht, wehrter Alpha der schwarzen Wölfe. Marcel Nolan war ein richtiger Hauptgewinn." Und mit einem Grinsen auf den Lippen, das nach Spott und Überheblichkeit rief, sprach er zu uns und zeigte auf eine riesige Narbe in seinem Gesicht, die sich quer über sein Gesicht zog und noch relativ frisch wirkte.

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