Kapitel 61

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"Isabelle? Bist du hier?" Ich hörte eine besorgte Stimme aus dem Schlafzimmer dringen und drehte mich verwirrt um. Ich mochte diesen Klang nicht. Wenn sich Max fürchtete, klang er immer wie ein hilfloses Tier und ich wollte ihn nicht hilflos sehen. Aber warum wirkte er so besorgt?
Verwirrt öffnete ich die Badezimmertür und trat mit einer Zahnbürste im Mund heraus. "Was ist los?" Murmelte ich, als ich ihn verloren in meinem Zimmer erblickte. Unsicher und außer Atem stand er in der Mitte meines Zimmers, welches mir vertraut war, wie der Rücken meiner Hand, aber besonders heute fühlte ich mich nicht sonderlich wohl.
"Kämpfe nicht mit." Ernst starrte mich Max an und ballte seine Hände zu Fäusten, was mich nur verwirrt blinzeln ließ. "Ich möchte dich nicht verlieren. Wenn du nicht mehr da bist, habe ich nichts mehr, was ich lieben kann. Wenn du kämpfst, könntest du sterben und das kann und will ich nicht zulassen!"
Verwirrt warf ich die Zahnbürste in das Waschbecken und starrte meinen Freund an. "Ist das dein Ernst?" Ich war etwas entgeistert. Es gab verschiedene Komponenten, die mich zum Kämpfen antrieben und er wollte mich nicht gehen lassen, weil er mich nicht verlieren will? Ist das sein Ernst?
"Ja." Entschlossen lief er auf mich zu und packte meine Hände. "Verschwinde von hier und komm erst wieder, wenn ich dich rufe!"
Entsetzt stieß ich ihn von mir weg. "Das kann doch nicht dein Ernst sein. Was fällt dir eigentlich ein?" Ich wollte von ihm weg, aber als ich an ihm vorbeilaufen wollte, packte er mich wieder am Arm und zog mich zu sich zurück.
"Warum sollte ich das nicht denken? Warum solltest du das nicht machen wollen?" Er klang wirklich so, als sei es das einzig Logische in dieser Situation. Er war überzeugt davon. Wie kann man nur so naiv sein?
Ich spürte, wie sich meine Klauen bildeten und ich ihn mit der Krafte eines Wolfes wegstoßen konnte. "Glaubst du wirklich, ich werde einfach fliehen? Wieso denkst du eigentlich nie weiter, als ein Schwein scheißen kann?"
Ich sah, wie sich Verwirrung und Enttäuschung in seinem Blick verteilte, aber ich würde jetzt nicht nachgeben. Max war ein sehr naiver Mensch. Sollte man ihm erzählen, die Erde wäre eine Scheibe, würde er es einem glauben. Er vertraute den Menschen und vertraute darauf, dass wir immer ehrlich zu ihm sind und dadurch eine gute Kommunikation entstehen kann, bei der man alles sagen kann, was einem in den Kopf kommt. Deshalb war er auch fassungslos, als er vom Stillschweigen der Blackstorms erfuhr. Ich habe es immer als eine niedliche Eigenheit angesehen, aber das ging mir in dieser Situation zu weit.
"Wieso nicht? Ich will dich nur beschützen!" Ich wollte ihn wieder anschreien. Ich wollte wieder wütend werden und verschwinden, aber als ich seinen Blick sah, stoppte ich. Er sorgte sich nur um mich. Warum sollte ich laut werden?
Also atmete ich tief ein, nahm seine Hand und setzte mich mit ihm auf mein Bett. "Hör zu. Ich weiß, dass es schwierig wird, aber wir müssen da jetzt gemeinsam durch. Es gibt verschiedene Gründe, warum ich nicht fliehen kann. Erstens wüsste ich nicht, wohin. Ich mag zwar ein Whitenight sein, aber sollte ich zu Jason fliehen, werden mich die anderen als einen Verräter ansehen und niemand garantiert mir, dass er mich aufnehmen würde. Er hat immerhin seine eigene Schwester verstoßen. Warum sollte er dann ihr Kind aufnehmen? Zweitens will ich auch gar nicht fliehen. Es geht hierbei um Olivia. Sie ist meine Schwester und ich werde sie mit allem beschützen, was ich habe. Ich werde für das kämpfen, was sie mit Glück erfüllt und sollte es dieser Whitenight sein, so werde ich auch für ihn kämpfen. Drittens habe ich Tyra und Jiaki mein Wort gegeben. Ich werde mich einer Untersuchung unterziehen, um ihr Vertrauen zu gewinnen. Eine Flucht wäre da eher weniger effizient. Außerdem wollte ich schon immer mal kämpfen lernen und mehr über unsere Welt erfahren. Nun sind die besten Bedingungen gegeben, also warum sollte ich gehen? Ich liebe dich und weiß, dass es hart sein muss, nachdem du beide Elternteile einfach so verloren hast, aber ich werde schon nicht sterben. Versprochen."
Unsicher schaute mich Max an. Er wirkte so verloren in dieser großen Welt. "Für Leon hat keiner gekämpft."
Schockiert schlug ich mir die Hand vor den Mund. Wie konnte er das nur so sagen? Leon war unser bester Freund und wir würden ihn nicht einfach so aufgeben, auch wenn es so aussah, aber was hätten wir machen sollen? Wir können nicht einfach loslaufen und ihn irgendwo auf gut Glück suchen. "Wir werden ihn schon finden." Erstickte presste ich diese Worte hervor. Wie konnte er nur denken, wir würden ihn aufgeben?
"Du wirst nicht sterben?" Ich schüttelte vehement den Kopf und lächelte ihn zuversichtlich an. "Ich vertraue dir. Das weißt du, oder?" Ohne zu zögern nickte ich. "Dann vertrau auch mir. Lass uns dann gemeinsam kämpfen. Für Olivia, für die Blackstorms und für unsere friedliche Welt!"
Ich wollte nicken, aber zögerte. Eine friedliche Welt kann man das nicht betiteln, aber ich nickte dennoch zögernd. Wir hatten oft Streite wegen unserer unterschiedlichen Meinung zu vielen Dingen, aber ich konnte gewisse Sachen nicht einfach so oberflächlich betrachten. Wenn ich ihm sagen würde, dass ich Marcel bedauere, würde das vermutlich wieder in einem Streit ausbrechen, weshalb ich es für mich behielt. Aber in meinen Augen war Marcel Nolan nur bemitleidenswert.

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