"Du hast dich entschieden? Wow, du kannst also doch was." Verächtlich schnaubte Jamie und starrte zu mir auf.
Ich wusste nicht genau, wie ich auf alles reagieren sollte. Es war der letzte Tag der Frist, was bedeutet, dass ich mich für den Deal mit Levi Michaels entschieden habe. Ich hatte mehr Angst vor den Konsequenzen, den Darachs zu widersprechen als davor, jemanden zu töten
"Wieso bist du immer so frech?" Ich klang nicht sonderlich genervt oder angespannt. Wenn ich meine Stimme selbst einschätzen sollte, würde ich sagen, dass ich vielmehr emotionslos als alles andere klang. Ich wollte auch lediglich wissen, warum sie so sprach, als würde ihr die Welt zu Füßen liegen.
"Weil ich es mir leisten kann." Sagte sie schlicht und machte es sich etwas gemütlicher. Ich konnte immer noch nicht sagen, wie ich reagieren sollte, da sie in Mictlans Schoß lag, der wiederum gedankenverloren an eine Wand starrte. "Im Vergleich zu meinem dreckigen Bruder kann ich mich doch so verhalten, wie ich will. Er kann sich immer noch nicht verwandeln. Natürlich werde ich mich dann überheblich verhalten. Ich bin auch besser."
Ich schmunzelte. "Dein Mate kann sich auch nicht in einen Werwolf verwandeln."
Ihr Kopf schnellte in die Höhe und sie schenkte mir einen Blick, der mir nur Tod und Leid wünschte. "Er muss das auch nicht können. Nicht wahr, Baby? Du bist perfekt, so wie du bist."
Überrascht schaute mein Neffe zu dem Mädchen in seinem Arm. Ich konnte nicht direkt sagen, ob er überrascht war, weil wir über ihn sprachen oder über das, was wir besprachen. Er wirkte aber nicht sonderlich anwesend und so wirklich begeistert sah er auch nicht aus, als Jamie eine Strähne nahm und sie um ihren Finger wickelte.
"Kann ich jetzt gehen?" Genervt suchte ich nach einem Ausgang. Wir befanden uns in einem Zimmer im Gang der Darachs und der Gestank, der in diesen Räumlichkeiten herrscht, bereitete mir Kopfschmerzen. Ich konnte die Darachs überhaupt nicht leiden, egal was sie taten. Sie mögen zwar ihre Gründe für ihr Handeln haben, was ich auch verstehe, aber das ändert nichts an der Tatsache, dass sie furchtbare Zeitgenossen sind.
Jamie hob eine Hand und winkte nur etwas in eine Richtung. "Da ist eine Tür. Geh durch und nerv mich nicht." Ihr Blick war immer noch auf Mictlan gerichtet, der zu mir aufstarrte.
Ich wollte ihm ein leichtes Lächeln schenken, da er mir schon irgendwie leid tat. Ich ging zwar davon aus, dass Jamie um einiges liebenswerter ist, wenn sie nur mit ihrem Mate zusammen ist, aber er wirkte so verloren, egal wie viel Liebe sie ihm schenkte. Jamies Hand schnellte nach oben und verdeckte seine Augen. "Wage es ja nicht, meinen Mate anzuschauen. Jetzt verschwinde, bevor ich dir beide Beine breche und dich mit deiner eigenen Zunge füttere!"
Ich hatte keine Angst vor ihren Drohungen, auch wenn ich nicht bezweifelte, dass sie es durchziehen würde. Ich ging lediglich, weil ich genervt von ihr war und endlich den Tag mit den Darachs hinter mir haben wollte. Wenn ich ehrlich bin, haben mich ihre Augen sehr verschreckt. Es gab einen Tag vor zwei Monaten, als Nagi mich nicht wecken konnte. Stattdessen ist ein Darach in mein Zimmer gekommen und hat mich aus einem verstörenden Traum gerissen. Das erste, was ich dann sehen konnte, waren diese bodenlosen schwarzen Augen, die sich in meinen Kopf brannten, wie die eisblauen Augen Zolins. Augen sprechen viele Sprachen, aber ich kann definitiv und ohne Zweifel auf Konversationen mit solchen Augen verzichten!
Vorsichtig öffnete ich die Tür, durch die mich Jamie jagen wollte. Ich war erwartet, aber ich wollte dennoch keine Geräusche machen. Ich wagte es nicht, die Aufmerksamkeit auf mich zu ziehen. Lautlos betrat ich den Raum und war überrascht, einen weiteren Gang zu erblicken. Ich schaute mich um, aber abgesehen von leeren Wänden ohne Tür und Fenster konnte ich nichts erkennen. Zögerlich lief in den Gang entlang und zuckte bei jedem Knacken zusammen. Stille machte mich nervös. Ich merkte, wie sich meine Schritte beschleunigten, aber ich konnte nichts dagegen tun. Als ich kurz davor stand, loszurennen, erblickte ich eine Tür am Ende des leeren Ganges. Erleichtert umschloss ich den Knauf und drehte ihn um. Knarrend öffnete sich die Tür.
"Bitch, zieh am Finger!" Als ich Nagis Stimme vernahm, riss ich die Tür beinahe aus den Angeln. Ich hatte gar nicht bemerkt, dass ich so angespannt war.
Ich wollte auf seinen Ruf reagieren, aber als ich den Raum betrat, starrten mich direkt zwei eisblaue Augen an. "Zolin!" Schrie ich auf und der Nagual-König legte seinen Kopf schief. "W-was machst du hier?" Verwirrt schaute ich mich um. Ich war mir sicher, dass ich von Levi Michaels eingeladen wurde. Warum war ich von Naguals umzingelt?
"Levi hat uns gebeten, dir ein Geschenk zu überreichen." Grinsend streckte er seine Hand aus. Ich wollte sie nicht nehmen. Ich wollte sie wirklich nicht anfassen. Eigentlich war mein Plan, mich so weit wie möglich von diesem Mann fernzuhalten. Also ignorierte ich seine Hand und lief an ihm vorbei.
Der Gedanke an ein Geschenk ließ meine Glieder taub werden. Das letzte Geschenk der Darachs war der Arm meines Neffens. Wenn ich daran zurückdachte, wollte mein Frühstück wieder das Licht sehen. Ein Knacken riss mich in die Realität zurück. Verwundert schaute ich mich um und bemerkte, dass ich mich nach unten bewegte. Was ist passiert? Ich schlug auf dem Boden auf und keuchte schockiert. Mein Bein brannte und ich wusste nicht, was geschehen ist.
"Unser König bietet dir seine Hand an und du wagst es, ihn zu ignorieren?" Ein weiteres Knacken erklang und ich verstand, was geschehen ist. Ich wollte meine Arme heben, um die Tritte der Naguals abzuwehren, aber sie waren in der Überzahl. Sie traten auf mich ein und bei jedem Tritt konnte ich meine Knochen brechen hören.
Als ich so auf dem Boden lag und nichts dagegen tun konnte, hockte sich eine Gestalt neben mich. "Bist du nun bereit, dein Geschenk entgegen zu nehmen?" Wieder streckte er seine Hand aus, aber da meine Sicht verschwamm, konnte ich ihn nicht direkt angucken.
"Ich-" Ich wollte etwas sagen, aber einer der Naguals trat mir so heftig gegen meinen Brustkorb, dass ich spüren konnte, wie meine Rippen brachen und sich in meine Lunge bohrten. "JA!" Schrie ich auf und sofort stoppten alle.
Jemand packte mich unter den Armen und hob mich langsam hoch. Ich spürte eine harte Brust an meinem Rücken und wusste, dass Zolin mich an sich drückte. "Siehst du das?" Fragte er und ich konnte seinen heißen Atem an meinem Ohr spüren. "Das sind meine Gefolgsleute. Solltest du mich auch nur schief angucken, werden sie dich zu Tode prügeln. Ich war überrascht, dass dein kleiner... wie nennst du ihn? Nagi? dass er der erste war, der dir dein Bein gebrochen hat. Ich weiß, dass deine Regeneration aufgrund der Experimente um einiges beschleunigt ist, daher bin ich mir sicher, dass du überlebst, aber lass dir eins gesagt sein." Er strich langsam meine Haare aus meinem Gesicht, packte dann meinen Kiefer und zwang mich, ihn anzusehen. "Stelle dich niemals gegen uns. Du wirst es bereuen."
Und mit diesen Worten zog er mich mit Leichtigkeit in die Höhe. Ich kam taumelnd zum Stehen. Zolin hatte nicht unrecht. Meine Regeneration war selbst für eine Chimäre unglaublich schnell. Ich war auch überrascht, dass ich mich aufstellen konnte, obwohl mir vor einem Moment jegliche Knochen zertrümmert wurden. "Was wollen sie mir denn zeigen?" Fragte ich schwach, als meine Sicht schärfer wurde und ich die verhassten Blicke der Naguals erkennen konnte.
"Bringt es rein!" Waren nur Zolins Worte. Er stellte sich neben mich und legte einen Arm auf meine Schulter. Ich wollte ihn wegstoßen, ihm sagen, er solle mich niemals anfassen, aber als die Naguals meinen unregelmäßigen Herzschlag hörte, färbten sich ihre Augen sofort grün. Mit ihnen an Zolins Seite konnte ich wirklich nichts tun. Entweder ertrug ich ihn oder werde zu Tode geprügelt. Leonard hatte nicht übertrieben, als er meinte, Naguals seien schwierige Zeitgenossen. Ich kam komischerweise nur mit Jason so wirklich klar.
Knarrend ging eine Tür auf der anderen Seite des Raums auf und mehrere Darachs betraten den Raum. Ich befand mich also in einem Raum mit den eisblauen UND bodenlosen Augen? Ich liebe mein Leben.
"Du kennst die Regeln. Handle nicht selbstständig, stelle nichts mit dem an, was wir dir gleich zeigen und ganz wichtig:" Seine Lippen berührten mein Ohr. Ein Schauer des Ekels bildete sich auf meiner Haut, aber ich versuchte trotzdem so still wie möglich zu halten. "beweise uns, dass du auf unserer Seite bist oder trage die Konsequenzen, Prinzessin."
Er ließ von mir ab und stellte sich neben die Tür. Ich regte mich dagegen gar nicht. Ich versuchte, keinen Muskel zu bewegen, aber das war nicht sonderlich schwierig, da ich immer noch etwas unter Schock stand. Zolin hatte mich viel zu viel angefasst. Es widerte mich an!
"Es ist hier." Rief einer der Darachs.
Meine Augen weiteten sich, was die Naguals sofort aufmerksam werden ließ. Mein Mund war furchtbar trocken, weshalb ich nichts sagte. Die Situation schnürte mir auch die Luft ab. Ich konnte nicht fassen, dass sie es getan haben. Die Darachs stießen eine Gestalt in den Raum und als Zolin auf sie zukam und ihr den Beutel vom Kopf riss, starrten mich die Augen der Person direkt an.
Alles fühlte sich taub an, als ich zu Boden sank und seinen Blick erwiderte. Ich konnte die blanke Panik in seinen Augen sehen, als er das Blut an meinem Körper sah. Er wollte auf mich zukommen, aber Zolin kam ihm zuvor. Er hob sein Bein und trat leicht gegen sein linkes Bein. Dieses brach sofort. Zolin konnte also Knochen brechen, als wären sie kleine Zweige.
Die Gestalt zuckte zusammen, ließ sich aber nicht davon abhalten, auf mich zu zu kriechen. Seine Arm waren hinter seinem Rücken verbunden, aber er kam trotzdem immer weiter auf mich zu. Für ihn schien es keine Rolle zu spielen, dass der Nagual ihm einen Tritt verpasste und dabei seine Knochen brachen. Im Gegensatz zu mir heilten seine Wunden nicht so schnell. Wieso blieb er nicht einfach stehen?
Er lag nur kurz vor mir und starrte mich direkt an. Langsam öffnete er seinen Mund. "Geht es dir gut? Haben sie dir etwas angetan? Was ist passiert?"
Ich schwieg. Das sollte eigentlich nicht die Fragen sein, die ein verwundeter Mann als erstes stellen sollte. Wieso kümmerte ihn mein Wohlergehen mehr als sein körperlicher Zustand? Warum kam er so auf mich zu? Wieso starrte er mich so besorgt an? Ich hatte sie verraten und verlassen. Wieso kümmerte er sich noch um mich?
"Viel Spaß, Prinzessin. Du kennst die Regeln. Wir werden euch kurz alleine lassen. Ich hoffe, wir können auf deine Loyalität zählen. Habe ein gutes Gespräch!" Und mit diesen Worten ließen die Naguals und die Darachs mich alleine.
"Geht es dir gut? Haben sie dir etwas angetan? Sag doch was." Mit einem schmerzverzerrten Blick setzte sich der junge Mann auf und schaute mich besorgt an.
Ich schloss die Augen. Ich musste mich beweisen. Ich durfte keine Schwäche zeigen. Langsam öffnete ich meine Augen und starrte in die mir sonst so vertrauten goldenen Augen. Meine Stimme klang kalt und abweisend, aber das war mir egal. Ich kämpfte nicht mehr für ihn. Ich kämpfte für mich. "Warum bist du hier, Christopher Whitenight?"
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If I hadn't met you
Kurt AdamVerstehst du denn nicht, dass es die einzige Chance ist? Töte ihn und ich komme zurück. Töte ihn und ich kümmere mich um das Rudel. Töte ihn und wir werden diesen Feind ein für alle mal los. Es spielt jetzt auch keine Rolle mehr... auch wenn er dein...