"Was mach ich jetzt damit?" Fragend hielt Livvy das Stück Papier in die Luft und gegen das Licht der Deckenlampe. "Ich versteh nicht ganz, was ich mit einem Stück Papier machen soll. Ich dachte, das wird ein DNA-Test." Verwirrt ließ sie Papier sinken und starrte in die Runde.
Ich verstand den Test aber genauso wenig. Ich hatte zwar eine Maschine gesehen, die unser Blut oder unsere DNA testen soll, aber sollte man dazu nicht DNA-Proben von uns nehmen?
"Das ist doch nur ein Zettel zur Beschriftung. Nicht, dass wir alles verwechseln." Lachend nahm Marco ihr das Stück Papier weg und reichte ihr ein Wattestäbchen. "Wir brauchen einen Abstrich deines Mundraums und etwas Blut. Was hast du denn gedacht, wofür wir Papier bräuchten?" Fragte er, während der junge Silverstone zurücktrat, um von Morgan eine Spritze entgegen zu nehmen.
"Was weiß ich. Jetzt lasst uns einfach anfangen." Murrte meine Schwester und ich musste leicht schmunzeln. Ihre Auffassungsgabe ließ in diesem Moment wirklich zu wünschen übrig.
Isabelle, Livvy und ich machten schnell einen Abstrich unseres Mundraums und bereiteten dann unseren Arm für die Blutabnahme vor. Marco schien zwar geschult zu sein und wir hatten als Werwölfe eine gesteigerte Regeneration, aber wollten wir trotzdem kein Risiko einer Blutvergiftung eingehen, weshalb wir richtige Nadeln und nicht nur einfache Klingen nutzten.
"Wieso kannst du das überhaupt?" Fragend setzte sich Isabelle hin und sah dabei zu, wie Marco sicher die Nadel an Livvys Armbeuge ansetzte.
"Unser Silverboy hat das schon in jungen Jahren gelernt. Für diese Tests sind die Silverstones halt zuständig. Er hat auch unsere Tests gemacht." Erklärte uns Alex, während sie sich auf Lawrences Schoß setzte und in einen Apfel biss.
Ich wurde das Gefühl nicht los, dass sie eigentlich nur am Essen oder Trinken ist. Mich wunderte aber auch, dass Lawrence mit seinem Mate auf dem Schoß weiterhin an dem DNA-Tester arbeiten konnte, ohne abgelenkt zu werden.
"Ich hab's!" Rief Marco und zog somit meine Aufmerksamkeit auf sich. Schnell überreichte er Alex das Blut und Livvys Abstrich, den sie mit einer Hand entgegennahm und in die Maschine steckte.
Ich hatte so meine Bedenken. Auch wenn ich wollte, dass Livvy mehr Gewissheit hatte, konnte ich die Stimme meines Vaters im Hinterkopf hören. Ich hörte ihn deutlich, wie er mir einbläute, dass Livvy niemals etwas über ihre wahre Identität erfahren sollte. Sie sollte niemals erfahren, wer sie war, denn das war vermutlich der Grund, warum sie damals entführt wurde. Ich habe es so hingenommen, aber damit meinen Schwur gebrochen. Ich hatte ihr seit klein auf versprochen, dass ich sie immer behüten und vor allem Bösen bewahren werde. Sie ist meine kleine Schwester und das Wichtigste für mich in dieser Welt. Ihre Sicherheit ist meine Sicherheit. Ihr Glück ist mein Glück und mit dem Schweigen ihr gegenüber habe ich meinen Schwur gebrochen. Es ging ihr dadurch nicht besser. Sie hat gelitten unter dieser Unwissenheit. Sie wusste, dass etwas nicht stimmte, aber keiner redete mit ihr. Keiner half ihr aus diesem Loch und sie lernte damit zu leben. Aber nicht auf diese gute akzeptierende Art, sondern auf eine ignorante und ungesunde Art. Ihr wurde alles egal und sie nahm alles einfach hin. Sie hinterfragte nichts mehr und kümmerte sich um nichts. Es machte sie kaputt, also ignorierte sie es. Livvy war nicht mehr dieselbe, aber auch das konnte ihr niemand erklären, weil niemand mit ihr sprach. Und dann wurde sie wütend. Sie wurde immer wütender und unkontrollierbarer. Ihre Kräfte entwickelten sich schneller und brachen öfter als geplant aus. Es hatte nichts gebracht und ihr nur geschadet, bis zu dem einen Tag, an dem sie fast gestorben wäre. Aber unser Vater lernte nicht. Ich musste also handeln, für das Mädchen, das ich liebte, meine Schwester. Ich will ihr nichts mehr verheimlichen. Sie hat das Recht, alles zu erfahren. Es ist ihr Leben und wir haben kein Rest, darüber zu bestimmen, was sie wissen sollte und was nicht.
Verwundert starrte ich auf meinen Arm. Marco hatte mir ein grünes Pflaster auf die Armbeuge geklebt und war grade dabei, auch meine DNA in die Maschine zu stecken. Ich hatte das gar nicht mitbekommen.
Wir warteten einen Moment und ein Klacken sagte uns, dass der erste Test ausgewertet wurde. Aufgeregt stellte sich Livvy vor die Maschine und langsam wurde ein Zettel ausgedruckt, den sie unmittelbar nach der Fertigstellung herauszog und las.
Mein Herz blieb in dem Moment stehen, als ihre Miene gefror und sie uns langsam mit schockierten Augen ansah."Kaffee?" Fragend hielt mir Auralia eine Tasse Kaffee unter die Nase und ich setzte mich überrascht auf, als mir der Geruch von Energie in die Nase drang. Dankend nahm ich das heiße Getränk an und trank es in einem Zug aus.
"Wo ist Mutter?" Ich stand langsam auf, wobei mein gesamter Rücken knackte. Mal wieder hatte ich viel zu viele Stunden in einem dunklen Zimmer verbracht, um mehr über den Fall von vor zehn Jahren und somit auch über das Darach-Rudel zu erfahren.
"Immer noch am Nachforschen. Da ist ein Wort, welches sie nicht entschlüsseln kann und sie denkt, dass es eine zentrale Rolle spielt." Vorsichtig drückte mich meine Freundin wieder auf den Stuhl und trat hinter diesen.
"Und woran arbeitest du derweil?" Fragte ich, doch musste stoppen, als sie ihr Knie gegen meinen Rücken drückte und meine Schultern nach hinten zog. Ein lautes Knacken wurde von vielen weiteren gefolgt, als sie meinen Rücken entknackte.
"Einer Möglichkeit einen Darach ausfindig zu machen. Wenn wir uns nicht an den Hinweisen hochangeln können, müssen wir eben eine andere Möglichkeit finden. Tyler ist dabei wirklich hilfreich, was ich nicht erwartet hätte, um ehrlich zu sein." Sie ließ meine Schultern wieder locker und packte sanft meinen Kiefer, um meinen Nacken zu knacken.
"Stimmt, Tyler ist zwar ein Ekel, aber nicht dumm. Er weiß, wie man ordentlich arbeitet, aber macht es kaum." Dankbar gab ich ihr eine flüchtige Umarmung und stand dann auf. "Wir sollten mal hieraus, das wird alles zu deprimierend. Ich finde einfach keine Hinweise weder zu Livvys damaligen Aufenthaltsort noch über die Entführer. Sie kann damals doch nicht einfach vom Erdboden verschluckt worden sein." Müde rieb ich meine Schläfen und ging aus dem Zimmer, eilig folgte mir Auralia.
"Vielleicht gibt es einen Verräter in unseren Reihen. Wir dürfen keine Möglichkeit auslassen. Vielleicht ist sie damals auch einfach nur abgehauen und wurde zufällig eingesackt." Zählte sie einige Theorien mit ihren Fingern auf.
"Warum sollten sie dann nach zehn Jahren sie nochmals suchen kommen? Das würde bei einem zufälligen Opfer keinen Sinn ergeben." Ich warf mich müde auf die Couch und hatte wirklich Probleme damit, meine Augen offen zu halten.
"Mein Sohn hat Recht. Ihre Entführung war kein Zufall." Schweratmend platzte meine Mutter in das Versammlungszimmer und sofort richtete ich mich auf. "Sie haben sie aufgrund ihrer Gene gesucht. Es gibt viele Dinge, die noch nicht geklärt wurden, aber es wird Zeit, dass alle die Wahrheit erfahren." Mürrisch trat mein Vater neben meine Mutter, aber hatte keine Argumente, die gegen diesen Schritt sprachen. Auch Tyler und Marcel betraten nun das Zimmer und starrten meine Mutter erwartungsvoll an. "Die Wahrheit ist, dass sie Livvy wegen mir suchen." Oh nein! Sie wird doch jetzt nicht wirklich ALLES offenbaren!? "Denn ich bin wie Auralia kein Werwolf."Die Tür schwang auf und Shang Wu betrat das Zimmer. "Hey Law, hast du vielleicht meine Gören gesehen?" Überrascht stoppte er, als er die Szenerie sah. Betrübt starrte Leon auf den Boden, während Olivia und Isabelle ein weißes Stück Papier anstarrten. Seinen Zettel hielt der junge Blackstorm in seiner Faust geballt. Schockiert standen Alex und Marco daneben, während ich mir gestresst die Schläfen rieb. "Was ist passiert?"
Verzweifelt riss Livvy ihren Kopf in seine Richtung und schimmerte ihn mit ihren blutroten Augen an. "Sag mir Xuezhang, was wird hier gespielt. Warum sind wir in diesem Haus?"
Verwirrt stutzte er. "Was meinst du damit?"
Langsam hob Livvy ihren Zettel und offenbarte somit ihre Ergebnisse des DNA-Tests. "Ich hätte in ein anderes Haus kommen sollen, wenn man sich an diesen Test gehalten hätte. Warum bin ich trotzdem im Blackstorm Haus? Was hat das zu bedeuten?"
Schockiert starrte er auf den Zettel, der eindeutig zeigte, dass sie nicht in mein Haus gehörte. Leon und Isabelle hoben ihren Zettel. Isabelles Zettel zeigte, dass sie ins Haus der Kitsune hätte gehen sollen und auf Leons Zettel stand, dass er das Internat nicht besuchen kann, denn Leonard Blackstorm ist kein Werwolf.
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If I hadn't met you
WerewolfVerstehst du denn nicht, dass es die einzige Chance ist? Töte ihn und ich komme zurück. Töte ihn und ich kümmere mich um das Rudel. Töte ihn und wir werden diesen Feind ein für alle mal los. Es spielt jetzt auch keine Rolle mehr... auch wenn er dein...