Kapitel 28

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"Xuezhang, was soll das?" Verzweifelt warf ich meinen Zettel auf den Boden und lief auf ihn zu. "Warum bin ich im falschen Haus? Warum wurde ich hierher gezwungen? Wer steckt dahinter? Wer hat einfach so immer und immer wieder über mein Schicksal entschieden?"
Er starrte mich wie paralysiert an. "Deine Augen..." Vorsichtig hob er seine Hand und zeigt auf meine Augen.
"Was spielt das für eine Rolle? Mein ganzes Leben ist eine Lüge! Mein Bruder ist kein Werwolf und ich gehöre nicht in das Haus der Blackstorms? Isabelle ist in Wahrheit der Erbe der Kitsune und trotzdem wurden wir alle in das Blackstorm Haus gesteckt. Wusstest du davon?" Meine Stimme wurde immer lauter und es wurde immer schwieriger, mich zu kontrollieren.
"Nein, ich- ich wusste nichts davon." Schockiert starrte er mich an. Ich hatte ihn noch nie so angsterfüllt gesehen.
"Livvy beruhige dich bitte. Er weiß auch nichts." Vorsichtig trat Leon an mich heran, aber als er kurz davor stand, seine Hand auf meine Schulter zu legen, schüttelte ich ihn ab.
"Du wusstest davon, oder? Du hast sofort nein zum Verwandeln gesagt, da du gar kein Werwolf bist! Du hast Marco die Hoffnung gemacht, dass er nicht der einzige Werwolf sei, der sich nicht verwandeln kann, dabei bist du gar kein Werwolf! Du hast mich angelogen! Du hast mir einfach ins Gesicht gelogen, als wäre nichts dabei!" Wutentbrannt stieß ich ihn von mir. "Mag zwar sein, dass es lächerlich klingt, aber wie oft hast du mich noch belogen? Wie oft hast du mir irgendwelche Geschichten aufgetischt? Was weißt du eigentlich? Wer bist du überhaupt? Bist du überhaupt mein Bruder oder bist du nur ein Fremder?"
"Livvy." Schockiert starrte er mich an. Es war, als hätte ich ihm direkt ins Gesicht geschlagen. Meine Worte trafen ihn, als hätte ich ihm das Herz rausgerissen und das zeigte er auch. Er versteckte keine seiner Emotionen und offenbarte mir, wie sehr ihn meine Worte verletzten.
Doch ich konnte mich nicht bremsen. "Wer bist du und wo ist mein Bruder? Wer seid ihr überhaupt? Was weißt du und kann ich dir überhaupt vertrauen? Weißt du etwa auch von Ki?" Verzweifelt stieß ich ihn von mir und taumelte rückwärts zur Tür.
"Wer ist Ki- Livvy, ich bin dein Bruder! Ich bin immer noch der Gleiche, mit dem du aufgewachsen bist. Ich bin Leonard Blackstorm!" Verzweifelt kam er auf mich zu und streckte seine Hände aus, aber ich drehte nur mein Gesicht weg.
"Mein Bruder würde mich niemals anlügen. Du bist nicht mein Bruder!" Und mit diesen Worten stieß ich die Tür auf. Ich rannte weg. Ich konnte nicht mehr mit diesen Menschen in einem Raum sein. Ich wollte nicht mehr. Alles war eine Lüge und ich hatte es einfach ignoriert. Ich hatte manchmal gemerkt, dass mein Vater mich anlog, aber ich hatte es hingenommen. Aber mein Bruder? Dieser Verrat traf mich mehr, als ich erwartet hätte. Es verletzte mich mehr, als die Folter von vor zehn Jahren. Es verletzte mich mehr als die Worte meines Vaters, die er mir an den Kopf warf, wenn wir uns stritten. Es verletzte mich mehr als jede Wunde, die ich mir in letzter Zeit zugezogen hatte. Sein Verrat verletzte mich mehr als die Erinnerung an meine Vergangenheit, denn er war sonst immer an meiner Seite. Er stand mir immer bei, aber er hatte mich belogen. Er hatte mich verlassen und somit verloren. War er wirklich mein Bruder?
"Hey kleiner Wolf, was machst du da?"
Verwundert riss ich meinen Kopf in die Höhe und merkte, wie mir warme Tränen über die Wangen strömten. Wann hatte ich angefangen zu weinen? Mein Blick streifte über die Landschaft, bis ich die weiße Gestalt meines Mates an einem Baum gelehnt erblickte. Er musterte mich interessiert, doch als er meine Tränen erblickte, veränderte sich seine Haltung.
"Verschwinde. Ich hab grad keine Nerven für dich!" Ich wollte umdrehen und weglaufen, doch kam er sofort auf mich zu und packte meinen Arm.
"Was ist passiert?" Als er mich zu sich drehte und musterte, konnte ich ehrliche Besorgnis in seinen Augen sehen. Was kümmert es ihn eigentlich?
"Verschwinde. Das ist nicht von deinem Belangen." Ich riss meinen Arm ruckartig los und wollte wieder fortgehen, da zog Christopher mich an den Schultern zu sich und schlang seine Arme um meinen Körper.
"Ich frage noch mal und diesmal antwortest du ordentlich. Was ist passiert?" Er raunte mir diese Worte bedrohlich ins Ohr, aber hatte sie durch den Klang seiner Stimme etwas sorgendes an sich.
Aber ich konnte und wollte nicht mit einem fremden Kerl über meine Familie reden. Das war eine Sache, die niemanden etwas anging. Aber ich konnte mich auch nicht aus seinem Griff befreien. Ich stand sehr nah an ihm. Ich spürte jede Atmung an meinem Körper und bei jeder noch so kleinen Bewegung verkrampfte er sich, als hätte er Angst, dass ich jeden Moment weglaufen könnte.
"Bitte lass mich gehen." Hauchte ich nach einer gefühlten Ewigkeit. Seine Haut war so angenehm warm, was ich von dieser blassen Haut niemals erwartet hätte.
"Gibt die kleine Blackstorm etwas nach? Ich lass dich gehen, wenn du mir erzählst, was passiert ist." Langsam drehte er mich um, sodass ich gegen seine Brust starrte. Er ließ mich aber immer noch nicht los. Meine Arme hingen dementsprechend etwas verloren an meinem Körper herunter.
"Halt die Klappe, Chris. Es geht dich 'nen Scheiß an, also lass mich gefälligst los und kümmer' dich um deinen eigenen Müll!" Eine Sekunde lockerte sich sein Körper. Es war der Moment, in dem ich seinen Namen sagte, aber eine Sekunde reichte mir aus. Ich stieß mich von ihm und wir Beide taumelten etwas unbeholfen rückwärts. Doch sofort, nachdem ich mich fasst, nahm ich die Beine in die Hand und lief los.
Ich merkte, dass er immer noch taumelte und mir nicht folgen konnte. Ich rannte weiter und suchte mir meinen Weg durch das riesige Gelände. Für einen Moment hatte ich meinen Bruder vergessen. Für einen Moment konnte ich an etwas anderes denken als an meine missliche Lage. Ein Moment lang war ich unbeschwert und das dank Christopher Whitenight.
Erleichtert erreichte ich das riesige Internat und wollte wieder in das Klassenzimmer rennen, um meine Sachen zu holen, da packten mich zwei starke Arme an der Taille und rissen mich in die Höhe. Schockiert hielt ich die Luft an, als ich in der Luft schwebte und wir nicht anhielten. Wir waren schnell und ich hing nur an zwei Armen knapp über dem Boden, aber die Arme spannten sich sofort an, als sie meine Anspannung spürten und zogen mich in etwas hinein, was ich als Auto resignierte. Verwundert landete ich auf dem Beifahrersitz.
Christopher hatte sich über mich gebeugt, um mich genau zu mustern, aber ließ die Hände nicht vom Lenkrand ab. Seine goldenen Augen prüften mich genau und ich konnte spüren, wie sich ein Schauer in mir breit machte.
"Was ist nur los mit dir?" Murmelte er.
"Mit mir? Was ist falsch bei dir? Du kannst mich nicht einfach mit einem fahrenden Augen von der Straße einsammeln!" Entsetzt stieß ich ihn fort, aber diesmal richtete er sich von selbst auf und setzt sich wieder ordentlich in den Fahrersitz.
"Du hast meine Frage nicht beantwortet und ich werde dich nicht gehen lassen, ehe du es mir verraten hast." Ganz selbstverständlich sagte er das, als sei es meine Pflicht ihm Rede und Antwort zu schulden.
"Das geht dich überhaupt nichts an. Was kümmert es dich überhaupt, wenn ich weinend auf einer Wiese stehe? Das hat nichts mit dir zu tun, also halt dich da raus!" Ich machte schon Anstalt das fahrende Auto zu verlassen und dabei einen Sturz auf den Asphalt in Kauf zu nehmen, aber als meine Hand den Türöffner berührten, schoss Christophers Hand sofort zu mir und zog mich wieder zurück.
"Es geht mich alles an. Das ist mein Belangen. Deine Tränen haben mit mir zu tun. Du bist mein Mate und wenn ich dich weinend auf einer Wiese sehe, dann werde ich nicht einfach rumstehen und nichts tun!" Auch das sagte er mit einer Selbstverständlichkeit, als würde er über das Atmen reden.
"Jetzt auf einmal? Jetzt auf einmal tust du nach Wochen des Streites und des Hasses einfach so, als würde dir etwas an mir liegen? Jetzt plötzlich behandelst du mich wie einen Wolf und nicht nur wie Dreck? Glaub ja nicht, dass es irgendwas von meinem Bild von dir ändern würde. Egal wie nett du dich gibst, du wirst immer das ignorante, verständnislose, arrogante Arschloch sein, das-"
"Ich kann dich nicht verlieren."
Schockiert blickte ich zu ihm. Sein Blick war starr auf den Fahrweg gerichtet und seine Hände verkrampften sich um das Lenkrad, dass seine Fingerknöchel weiß hervortraten. Seine Kiefermuskulatur spannte sich an und sein kalter Blick wurde noch eisiger.
"Was-" Fing ich an, aber unterbrach mich erneut.
"Olivia, weißt du eigentlich wie schwierig es für mich ist, dich zu ignorieren? Du bist wie die Sonne und der Mond für mich. Du strahlst immer und hast so ein gutes Herz. Der Gedanke daran, dich verlieren zu können, wie alles andere in meinem Leben, zerreißt meine Seele und mein Herz. Ich will dich nicht verletzen oder dich in irgendwelche Gefahren bringen, die dein Leben kosten könnten. Daher ist es einfacher, wenn du mich hasst und von mir fernbleibst. Es ist mir lieber, wenn du mich hasst, als dass du dein Leben verlierst. Lieber betrachte ich dich aus der Ferne als deine Leiche in meinen Armen. Du faszinierst mich auf jede erdenkliche Art und dich so am Boden zu sehen, zerreißt mich mehr, als ich erwartet hätte. Olivia, erzähl mir als deinem Mate bitte, was passiert ist."

If I hadn't met youWo Geschichten leben. Entdecke jetzt