Kapitel 17

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"Alles fing weit vor meiner Geburt an. Mein Vater Tyler und seine Schwester Penelope wurden in die Silverstone-Familie hineingeboren. Eine angesehene Werwolffamilie, die für Organisation, Planung und Strategien bekannt waren. Wäre nicht einer der Blackstorms oder Whitenights zur Gründerfamilie geworden, dann hätte ein Silverstone diese Aufgabe übernommen. Und die beiden Silverstone-Geschwister waren auch unglaublich talentiert und repräsentierten unser Rudel im besten Licht. Aber dann tauchte meine Mutter auf. Mit ihrer freundlichen Art und unglaublichen Schönheit hätte sie jeden um den Finger wickeln können, aber sie wollte nur Tyler Silverstone, meinen Vater. Das Problem an der Sache war, dass nicht nur mein Vater sie liebte, sondern auch meine Tante." Marco zögerte. Es fiel ihm sehr schwer, darüber zu reden und das war mir bewusst. "Jedenfalls... es gab immer mehr Probleme wegen meiner Mutter und es begann auch ein Streit zwischen den Silverstone-Geschwistern. Denn meine Mutter hatte Tante Penny nicht abgewiesen. Sie hat sie nicht von sich gestoßen. Sie fand es nicht schlimm. Aber das machte meinen Vater verrückt. Es ging sogar soweit, dass er sich seinen Pflichten entzog, nur um seine Frau vor seiner Schwester zu verstecken. Du kannst dir sicherlich vorstellen, dass es sehr viele Probleme mit sich brachte und meine Großeltern kamen zu dem Entschluss, die Geschwister zu trennen. Wäre das noch so weiter gegangen, dann hätte es die Familie zerstört. Tante Penny konnte ihre Schuld begleichen, indem sie ihr eigenes Leben aufgab, um der Schule als Direktor zu dienen und mein Vater sollte alle Pflichten der Silverstones übernehmen und als Beta unseres Rudels dem Alpha zur Seite stehen."
"Das ist ein dämlicher Grund. Deine Mutter hatte doch kein Problem damit, warum hat es deinen Vater so aufgeregt, dass Penny sich für eine andere Frau interessierte?" Ich überschlug meine Beine und schaute Marco fragend an.
Er holte einmal tief Luft und beruhigte sich damit nun vollends. "Sie war sein Mate und er hätte jeden getötet, hätte man sich ihr genähert. Und das hätte er auch seiner eigenen Schwester angetan. Seit diesem Tage an verachtete er alle Homosexuellen, da eine von ihnen, ihm seinen Mate nehmen wollte. Und nach dem Tod meiner Mutter wollte er nie wieder etwas von ihrer Familie hören."
"Und jetzt bekommst du Panik bei dem Gedanken, dass dein Vater etwas davon erfahren könnte?" Ich legte meinen Kopf schief. Das war wirklich dämlich. Hätte er alle Heterosexuellen gehasst, wenn er einen Bruder statt einer Schwester gehabt hätte?
"Er weiß davon, aber er meinte, dass er mich akzeptieren oder eher tolerieren würde, wenn ich niemals darüber spreche, es auslebe oder daran denke."
Ich stockte. "Was zur Hölle ist los mit deinem Vater? Wegen dieser ganzen Mate-Scheiße macht er das Leben seines Sohnes kaputt! Der soll sich mal schön daraus halten. Du bekommst schon Panikattacken, wenn du an ihn denkst. Was ist das für ein beschissener Vater?"
Marco sprang panisch auf und schlug seine Hände auf meinen Mund. "Bitte nicht so laut. Es soll nicht jeder erfahren. Um ehrlich zu sein, entstehen die Panikattacken nicht wegen der Gedanken an meinen Vater, sondern... er hat mich geschlagen." Platze es aus Marco heraus. "Er hat mich geschlagen, misshandelt und mir Dinge eingebläut, die nur er verstehen konnte. Er hat mein Selbstwertgefühl in den Keller katapultiert, wenn er von meiner Schwester schwärmte und meinen Wolf unterdrückte, indem er mich Verwandlung nur mit Schmerz, seinen Peitschenhieben und Tritten assoziieren ließ." Sofort stoppte er und starrte mich schockiert an. "Hab ich grad...?"
Ein leichtes Grinsen schlich auf meine Lippen. "Ja, du hast dich grad wirklich beschwert und deinen Vater schlecht geredet. Du hast mehr oder weniger deine Meinung zum Ausdruck gebracht."
Lautstark atmete er aus und ließ sich auf sein Kissen fallen. "Ich wusste gar nicht, dass sich das so gut anfühlt. Ich hatte immer alles runtergeschluckt, aber verdammt... das fühlt sich gut an!"
Ich stand auf und streckte mich. "Aber was hat dein Vater gegen deinen Wolf oder eher die Verwandlung."
Vom Bett aus schielte Marco zu mir, als ich zu einem kleinen Koffer ging. "Meine Mutter war zur Hälfte ein Kojote. Da Mischlinge nur ein Gen durchsetzen und sie schon ein Werwolf war, hatte sich das Kojoten-Gen bei mir und Jamie, meiner Schwester, nicht ausgebildet. Ich habe nur die Augen geerbt und Jamie den DNA-Code, welcher sie in das Beaumont-Haus brachte. Deshalb habe ich auch blaue Augen als Wolf und nicht goldene."
Verwundert hob ich leicht meinen Kopf, aber schaute nicht vom Koffer weg. "Das Prinzip mit der Häusereinteilung hab ich immer noch nicht verstanden. Was für ein DNA-Code und was für 'ne Einteilung?"
Marco setzte sich auf und beobachtete mich, wie ich den Reißverschluss seines Koffers öffnete.
"Ach das. Das ist eigentlich eher nebensächlich, aber sie werden es dir im Laufe der Zeit erklären, also die Lehrer im Unterricht. Es ist nur so, dass es neben Werwölfen noch andere Gestaltwandler gibt und die sich im Laufe der Zeit mit uns vermischt haben. Je nach dem wie stark diese fremden Gene sind, wird man halt in ein Haus gesteckt, um dieses Potential voll und ganz auszuschöpfen. Man kann sich zwar nur in ein Tier verwandeln, aber gewisse Fähigkeiten setzen sich trotzdem durch, die in jedem Haus unterschiedlich stark gefördert werden. Normalerweise geht man nach den Augen, um die Gene zu sehen, aber bei manchen werden die Gene nicht gezeigt und bei anderen ist es nur eine andere Augenfarbe wie bei mir. Aber genaueres werden dir die Lehrer später sagen können."
Ich öffnete den Koffer leicht. Warum stand hier überhaupt einer? Wir nutzen seit einem Monat einen gemeinsames Kleiderzimmer. "Stimmt, morgen ist ja diese Vereinigungsfeier und danach haben wir mit anderen Klassen Unterricht. Das wird lustig. Dann kannst du auch Max kennenlernen." Mit diesen Worten schlug ich den Koffer auf und Marco schaute mir leicht über die Schulter. "Warte mal..." Murmelte ich zu mir. "Warum hat Leon grüne Augen, wenn wir doch im Blackstorm- Holy shit, was ist denn das!?"
Lachend schaute Marco auf den Koffer. In dem drin waren dünne Blusen, kurze Röcke, Kniestrümpfe und weitere Damenkleidung gesammelt.
"Markie, wieso hast du das? Welche holde Maid hast du denn ausgeraubt!?" Warum hatte Marco so was in seinem Koffer? Gab es eine Verwechslung oder so?
"Das ist meins. Klingt bestimmt traurig, aber da mein Vater nicht wollte, dass ich als sein Sohn andere Männer liebe. Also habe ich versucht seine Tochter zu werden." Schulterzuckend zog er einen schwarzen Rock aus dem Koffer und hielt ihn sich vor die Hüfte. "Sieht das scheiße aus?"
"Markie... machst du das nur, um deinem Vater zu entkommen oder weil du das willst?" Besorgt musterte ich den Jungen, aber konnte nicht abstreiten, dass ihm der Rock stand. Seine Beine hatten einen hellen Ton und waren dünn wie von einer Frau. Durch den übergroßen Hoodie wirkte er zierlich und ließ ihm noch femininer wirken.
"Von beidem ein bisschen, aber auch, weil ich wissen möchte, ob Shang Wu mich mögen könnte, wenn ich eine Frau wäre." Die Art und Weise wie er nun Sprach war komisch. Er redete so unbeschwert darüber, dass ich fast von einer gespaltenen Persönlichkeit ausging. Immerhin lag er vor wenigen Minuten in meinen Armen und konnte das Wort schwul nicht aussprechen und nun redet er ganz unbekümmert darüber, dass er gerne Röcke tragen würde, um einen Typen zu gefallen.
"Du bist doch komplett bescheuert. Aber wenn dir irgendjemand blöd kommt, gib mir bescheid. Ich werde alles tun, um dich zu beschützen und dir Glück zu bringen. Sag mir bescheid und ich hau alle weg, die dir Leid zufügen wollen." Entschlossen stand ich auf und hob eine Strumpfhose mit Spitzen hoch. "Das verspreche ich dir bei deinen Strümpfen!" Und mit der Strumpfhose reichte ich ihm meine Hand und er erwiderte diesen Händedruck ohne zu zögern mit seinem Rock in der Hand.

If I hadn't met youWo Geschichten leben. Entdecke jetzt