"Was machst du hier?" Ich wollte aufstehen, aber meine Beine zitterten, als ich mich versuchte, zu erheben.
Christopher griff nach meiner Hand und zog mich in seine Arme. "Falsche Frage. Geht es dir gut?"
Ich spürte mein Herz sofort schneller schlagen, aber schaffte es noch, ihn von mir zu drücken. "Was ist nur los mit dir?"
"Was meinst du?" Seine Augen schimmerten vor Sorge und Verwirrung. Verstand er denn immer noch nicht in welcher Position er sich befand? Ich richtete mich auf und lief an ihm vorbei.
"Du wurdest von den Darachs gefangen und verprügelt. Was kümmert dich mein Wohlergehen? Was willst du hier?" Ich drehte mich nicht um und konnte trotzdem spüren, wie sich sein Herz zusammenzog. Ich vernahm ein Rascheln hinter mir, aber wagte dennoch nicht, mich umzudrehen. Zwei Arme erschienen in meinem Sichtfeld und zogen mich an Christophers harte Brust. "Ich bin es satt." Er verstärkte seinen Griff und ließ mir keine Möglichkeit, mich zu befreien. "Immer musst du dich um dich kümmern. Nie hat jemand dir seine Hand gereicht. Wenn es dir schlecht ging oder du in Gefahr warst, musstest du dich selbst retten. Du hattest so viele Menschen um dich herum, aber du warst immer die einzige, die dir helfen konnte. Ich habe genug, dass du dich nur auf dich selbst verlassen kannst. Ich bin hier, um für dich da zu sein. Ich bin hier, um dich zu retten!"
Ich weitete meine Augen. "Was?"
"Ich bin für dich hier. Ich bin hier, um dich zu retten. Komm mit mir, Olivia!" Er hauchte die letzten Worte nur noch in mein Ohr. Ich fühlte nicht den Ekel, den ich bei Zolin verspürt habe. Ich wollte nicht, dass Christopher zu mir kam. Ich wollte nicht, dass er mich so anfässt, als wäre ich die letzte Rettungsleine in seinem Leben. Ich wollte nicht mehr, dass er mich so liebt.
"Lass das!" Ich stieß ihn von mir. "Du verstehst wohl immer noch nicht, in welcher Position du dich befindest! Ich bin keine Gefangene! Ich bin freiwillig hier!" Ich spürte, dass meine Augen zu leuchten begannen, aber ich konnte mich noch einigermaßen beherrschen und drehte mich zu Christopher um. "Wie bist du hierher gekommen?"
Christopher hatte immer noch seine Arme offen, als würde er erwarten, dass ich ihm wieder in die Arme fallen würde. Ich stand nur da und hielt meinen Abstand. Langsam ließ er die Arme sinken und starrte auf den Boden. "Isabelle hat die Kontrolle verloren. Sie sprach immer davon, den Darach Levi Michaels finden zu müssen. Sie hat alles und jeden angegriffen. Der Lärm, den sie gemacht hat, lockte unsere Feinde an. Die Allianz wurde zerschlagen. Wir haben verloren."
Ich spürte kalten Schweiß auf meiner Stirn. Das war das, wofür die Darachs gekämpft haben. Sie wollten die Allianz loswerden und jetzt haben sie es geschafft. Der nächste Schritt war, die Hybriden zu erschaffen und die schwarzen Wölfe auszulöschen. "Warum bist du hier? Du bist ein wahrer Alpha. Ich bezweifle, dass du einfach so überwältigt wurdest."
Christopher hockte sich auf den Boden und schwieg kurz. "Das habe ich dir doch schon erklärt. Ich bin hier, um dich zu retten. Die Allianz mag vielleicht zerstört worden sein, aber das bedeutet nicht, dass wir auch alle das Leben aufgeben." Christopher hob seinen Kopf und starrte mich mit seinen leuchtenden goldenen Augen an. Sie strahlten immer noch voller Hoffnung. "Die ganze Welt kann mir egal sein. Ich habe immer nur nach der Pfeife meines Vaters getanzt und den großen starken Alpha gespielt. Wenn wir fliehen, können wir immer noch ein Leben gemeinsam starten. Lass dir von mir helfen! Du kannst dich auf mich verlassen. Komm mit mir! Ich würde alles für dich tun. Bitte, Olivia."
"Weißt du eigentlich, warum ich hier bin?" Ich hockte mich hin und griff nach Christophers Bein. "Ich bin gegangen, weil ich euch satt war. Ihr habt mich alle belogen und betrogen. Ihr wart nie der Meinung, ehrlich zu mir zu sein. Weißt du eigentlich, wie das ist, zu erfahren, dass dein gesamtes Leben eine einzige Lüge ist? Ich habe so oft versucht, Leute zu finden, denen ich vertrauen kann. Auch dir habe ich versucht zu glauben und was hast du getan?" Ich hob sein Bein und schob den gebrochenen Knochen wieder in die richtige Position. Der junge Alpha zischte vor Schmerz. "Du hast Dinge vor mir verheimlicht, obwohl du mir versprochen hast, immer für mich da zu sein. Ich habe nie nach sonderlich viel verlangt. Ich wollte nur, dass ihr ehrlich zu mir seid." Ich kam immer näher, während ich das sagte, bis meine Lippen fast seine berührten. "Und nicht mal das habt ihr hinbekommen."
Sehnsüchtig griff er nach meinem Nacken, aber ich schlug nur seine Hand weg und lief wieder an ihm vorbei. "Olivia, bitte verlass mich nicht. Ich habe für dich alles aufgegeben. Ich habe mein Rudel und meine Verantwortung als Alpha aufgegeben, um an deiner Seite sein zu können. Ich habe meine Freiheit hinter mir gelassen, um dich zu retten. Bitte kehre mir nicht deinen Rücken zu."
Ein Lachen bildete sich in meinem Inneren, das ich nicht aufhalten konnte. "Es war alles deine Entscheidung. Du hast dich dafür entschieden, für mich alles zu zerstören. Ich habe dich nie darum gebeten. Lebe selbst mit den Konsequenzen. Es waren deine Entscheidungen."
"Wieso sagst du das?" Die Verzweiflung in seiner Stimme ließ mich zusammenfahren. "Wieso siehst du mich so an, als wäre ich das Ekelhafteste, was du jemals in deinem Leben gesehen hast? Ich wollte nur, dass du mich lieben kannst, wie ich dich liebe. Mir ist egal, ob wir Mates sind oder nicht. Ich bewundere dich. Ich habe dich immer für deine Stärke und Kraft bewundert. Du bist ein Mensch, der immer für andere einstand und keinen Scheiß auf irgendwelche sozialen Konstrukte gegeben hat. Du hast immer das getan, was du wolltest und warst ein freies Mädchen. Ich habe den Glanz der Freiheit in deinen Augen geliebt. Wo sind die braunen Augen hin, die ihre Seele gezeigt hätten? Wieso starrt mir jetzt ein blaues Auge entgegen, das vor Kälte keinen mehr hineinlässt und ein braunes Auge, dass nur noch Dunkelheit beherbergt?"
Ich ballte meine Hände zu Fäusten. Er machte mich wahnsinning! "Du willst wissen, was passiert ist? Du willst wissen, warum ich mich für die Darachs entschieden habe? Ganz einfach, die Blackstorms sind verdammte Heuchler! Sie werden angebetet, als seien sie Könige und Retter der Welt. Diese verdammte Werwolffamilie hat die Welt zerstört. Sie hat andere Spezies in den Untergang getrieben. Sie haben Leben zerstört und so unglaublich viele Sünden begangen, aber keinen scheint das zu interessieren. Sie haben die verdammten Chimären in die Welt gesetzt. Kannst du dir überhaupt vorstellen, wie gefährlich Chimären sind? Welche Zerstörungsgewalt sie besitzen? Eine Chimäre muss nur die Kontrolle verlieren und das war's mit einer gesamten Stadt. Wer soll das verantworten? Die Blackstorms? Als ob! Solange es ihnen gut geht, interessiert sie nichts!"
Der Schock war deutlich auf Christophers Gesicht geschrieben. "Aber du bist auch ein Blackstorm."
"Deshalb ist es meine Pflicht, hier mit zu helfen. Meine Vorfahren haben die Welt zerstört, weshalb ich sie wieder neu aufbauen muss. Gegen die Darachs zu kämpfen, ist ein Fehler. Das wusste dein Vater."
Sofort verkrampfte sich Christopher. "Er lügt! Mein Vater ist ein Monster. Es ist egal, was er sagt oder wie schön seine Worte klingen. Du darfst ihm nicht vertrauen! Er wird alles und jeden töten, wenn er die Möglichkeit dazu hat!"
Ich lachte auf. "Dann soll er das machen. Er hat jedes Recht dazu."
"Was ist nur mit dir passiert in den letzten vier Monaten?"
"Christopher." Sofort schaute er auf. "Ich habe dich geliebt."
Seine Augen weiteten sich. "Olivia."
"Lass mich ausreden." Sofort verstummte er. "Ich habe mich in dich verliebt, weil du immer für mich da warst und mich nie belogen hast. Du hast zwar immer einen auf tapferen Krieger gemacht, aber ich wusste, dass du auch nur ein Junge warst, der zu viel zu früh verloren hat. Ich wollte dir mein Herz schenken und mein Leben mit dir verbringen. Und dann hast du es gebrochen. Ich wollte nur, dass jemand an meiner Seite ist und mich nicht belügt. Du hast aber eine so wichtige Information über meinen Bruder verheimlicht, weil du der Meinung warst, es wäre das Richtige. Hast du jemals auf dem Schirm gehabt, dass ich nicht irrational gehandelt hätte? Hast du dir mal überlegt, dass ich wusste, was die Darachs eigentlich vorhatten? Ich bin nur gegangen, da deine Handlungen mich in die Ecke gedrängt haben. Du hast mich in diese Lage gebracht und weißt es nicht mal. Ich habe versucht, stark zu sein und mich hinter der Maske eines tapferen Kämpfers zu verstecken, aber es tat verdammt weh. Die ersten Wochen wollte ich nur sterben. Ich hatte keine Freiheit mehr. Ich wurde ständig verfolgt, mir wurde immer wieder mein Blut gestohlen und ich wurde verprügelt. Ich war wegen dir in dieser Situation. Ich wollte nichts weiter, als die alten Zeiten, in denen wir über Jayden lachen konnten. Ich wollte nur ein normales Leben in Freiheit. Ich wollte dich lieben, aber du hast mich gebrochen. Jeder Atemzug in Einsamkeit und Stille tat mir mehr weh als jeder einzelne gebrochene Knochen. Also nein, Christopher. Ich werde nicht mit dir fliehen. Ich werde hier bleiben und jeden schwarzen Wolf auslöschen. Ich vertraue deinem Vater, dem Hybridenkönig und ich werde auch alles dafür tun, damit die Darachs siegen. Leb wohl, Whitenight."
Ich drehte mich nicht um. Ich verließ den Raum und betrat erneut den nackten Gang. Christopher rannte nicht hinter mir her. Ich hörte ihn nur unregelmäßig atmen, als sich die Tür schloss. Ich hatte mir geschworen, alles hinter mich zu lassen, aber die Tatsache, dass sich dieser Mann in unserem Versteck befand, erschwerte es mir gewaltig. Ich wollte nicht, dass er hier ist.
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If I hadn't met you
WerewolfVerstehst du denn nicht, dass es die einzige Chance ist? Töte ihn und ich komme zurück. Töte ihn und ich kümmere mich um das Rudel. Töte ihn und wir werden diesen Feind ein für alle mal los. Es spielt jetzt auch keine Rolle mehr... auch wenn er dein...