"Aufstehen", ruft jemand laut, der zwischen unseren Beinen hin und her hüpft, auf und ab, dabei laut kichert. "Aufstehen, Harry, Honor!", ertönt es erneut, worauf ich mich müde drehe, mir mein Kissen greifen möchte, um es über meine Ohren zu ziehen, jedoch reißt mir jemand das Kissen schnell und stark weg.
"Hey, das ist meins", beschwere ich mich. Um mich herum taste ich nach dem Kissen, bis ich es ergreife und kräftig zurück zu mir ziehe. Olivia, deren Stimme ich nun erkannt habe, hüpft unbeirrt weiter munter auf den Matratzen, kreischt jedes Mal, wenn sie hoch in die Luft fliegt.
"Aufstehen! Los jetzt!"
"Harry!" Murrend schubse ich an dem Oberkörper des Mannes neben mir, der knurrend antwortet, sich dreht, was ich ebenfalls tue. Wir beide starren uns müde an, führen über Blicke einen Kampf darum, wer nun aufsteht und sich um Olivia kümmert.
Keiner von uns beiden will nachgeben, weil jeder noch weiterschlafen möchte.
"Wir haben es fucking sieben, Olivia", stöhnt er, nach Abbruch des Blickkontakts. Dazu dreht er sich auf den Rücken, reibt sich mit seinen Händen über die Augen, wobei sich seine Arme anspannen, das Muskelspiel am Morgen schon beginnt, welches mich vollkommen fasziniert. Auch, da Olivia immer weiter seine Decke nach unten zieht, nun schon aus dem Bett springt und in Richtung Tür, den Stoff der Decke in ihre kleinen Finger gequetscht, läuft. "Stopp", brüllt Harry plötzlich, schafft es gerade noch so, sie den weißen Stoff vor dem Ende seiner Hüften zu halten.
Olivia wird durch den Ruck zurückgezogen, kracht nach hinten, direkt auf ihren Po und beginnt zu weinen.
Jedoch bin ich Harry nicht böse. Ich selber konnte nur nicht schnell genug denken und reagieren. Wer nimmt es mir aber um fucking sieben übel?
Gestern Abend wollte Olivia unbedingt -wie ein großes Mädchen- alleine im Wohnzimmer schlafen, was wir zuließen. Über Nacht musste sie nur einmal auf die Toilette, wofür ich ihre erste Ansprechperson war, da Harry weiter hinten im Bett lag, wo sie nicht hinkam.
Ein Wunder, dass sie gerade nicht mit ihrem Kopf gegen die Decke gestoßen ist.
Auf jeden Fall verlief die Nacht sonst normal. Ruhig und angenehm, wenn man mal davon absieht, dass ich bei jeder Bewegung auf Harrys Seite einen hohen Puls bekam, wegen der einfachen Tatsache -der Kerl schlief splitterfasernackt.
Seine Begründung dazu war, dass er ein Mann ist, sein Glied seit neunzehn Jahren nun schon tagtäglich unter der Enge einer Unterhose leidet und er manchmal einfach seine Freiheit benötigt. So schnell, wie die Boxer aus war, konnte ich gar nicht reagieren.
"Scheiße, Honor, wirf mir eine Jogginghose zu", fleht er mich mit einem besorgten Blick an, als ich schon aus dem Bett eile und zu dem Mädchen haste, das mit Tränen am Boden sitzt. Zum Glück fiel sie nicht ganz nach hinten und stieß sich irgendwo den Kopf. "Schnell!", zischt der Lockenkopf.
Seine Hose werfe ich ihm nur zu, bevor ich mich wieder hinknie und nach den kleinen Händen greife, diese vorsichtig von Olivias Mund entferne. "Harry", bringe ich erschrocken hervor, sehe das Blut über ihre Lippe laufen.
"Was?", fragt er hektisch, besorgt, erscheint fast schlitternd neben ihr. Sein Blick wird groß, als er ebenso den blutenden Mund erkennt.
"Sie hat sich auf die Unterlippe gebissen", stelle ich fest und erkenne leicht die Abdrücke von ihren Zähnen. Mir gefällt es nicht, wie die kleinen Bluttropfen ihr Kinn runter fließen, weswegen ich schnell ein Taschentuch hole und dieses sanft auf die Stelle presse.
So stark blutet es nicht, jedoch stark genug, um uns beide in einen Schock zu versetzen.
"Es tut mir leid, Olivia", entschuldigt Harry sich in der Zwischenzeit bei ihr, schaut ihr traurig und bitter in die Augen, umfasst gleichzeitig die kleine Hand, an der ebenfalls etwas Blut klebt. "Eigentlich wollte ich nur, dass du die Decke nicht weiter wegziehst. Dass du dich jetzt verletzt hast, tut mir wirklich leid."
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Small Freaks
Fanfiction"Es fühlt sich an wie sterben!" Honor muss feststellen, dass auch sie sich in den Menschen aus ihrer Umgebung täuschen kann. Doch nicht nur sie schätze Menschen falsch ein, sondern auch Harry, der dadurch wütend wird, beginnt an einigem zu zweifeln...