Das selbstgefällige Grinsen von Harrys Vater gefällt mir nicht. Es wirkt so überlegen, als sei er derjenige, der alles kontrolliert. Mir gefällt in diesem Falle die Wahrheit nicht, denn alles befindet sich tatsächlich unter seiner Kontrolle.
"Hallo." Diese Worte nur krächzend hervorbringend, tippe ich von einem Fuß auf den anderen, beobachte jede Bewegung des Mannes genau.
Er mustert mich von meinen Füßen bis zu meinen Scheitel, verharrt für einen Augenblick auf meiner Hand, die in Harrys liegt. Die blauen Augen wirken wie kaltes Eis. Eine Gänsehaut bildet sich und man bekommt Schüttelfrost, möchte in die Wärme.
Obwohl wir einen warmen Sommer dieses Jahr abbekommen haben.
"Oh, wie unhöflich von mir", stellt der Mann fest, die Tür in die Halle weiter aufschwingen lassen. "Kommt herein." Einladend den Arm haltend zeigt er in das Gebäude, welches Harry mit prüfenden Blicken betritt, mich direkt hinter sich haltend, damit wir uns kein Stückchen voneinander trennen.
Laut knallend fällt die Tür ins Schloss, ehe Harrys Vater schon hinter uns erscheint. "Sie sieht in echt noch viel schöner aus", meint er an seinen Sohn gewandt, der seinen Kiefer sofort anspannt. "Ja, ja."
Unbehaglich blicke ich mich in der Halle um.
Die grauen Betonwände wurden an einigen Stellen mit Graffiti besprüht, während andere Stellen schimmelpilzartige Flecke aufweisen. Überall stehen Kisten oder Kartons herum, von denen einige staubige Glasflaschen enthalten. Holztüren wurden zerstört und ein durchgerissenes Seil hängt an einer Stelle von der Decke, von der der Putz schon ab bröselt.
"Wunderschön habe ich es hier. Nicht wahr?", spricht der Ältere, uns in eine bestimmte Richtung führend. "Es ist ruhig, sehr idyllisch und keine Frau geht mir auf die Nerven, wieso ich so böse sein muss."
Bei der Anspielung auf Anne stockt mir kurz der Atem, was Harrys Vater mit großer Freude aufnimmt. Fast dasselbe Funkeln, wie ich es oft bei Harry sehe, spiegelt sich nun in den blauen Augen des Mannes wieder. Doch aus einem anderen Grund, wegen einer anderen Emotion.
Die alte Hand greift nach dem Türgriff in einen Raum, der vollkommen leer steht. Außer in der Mitte.
Dort befindet sich ein Glastisch, gedeckt mit vielen Dingen, die ich aus der Entfernung nicht erkennen kann. Drei Stühle stehen drum herum und Kerzen brennen auf dem Tisch, was ich sehr skurril finde.
"Kommt. Nehmt Platz", fordert der Mann uns auf, selber auf den einzeln stehenden Stuhl zugehend, auf dem er seufzend Platz nimmt, die Finger auf den Tisch ineinander verschränkend.
Unsicher drehe ich mich zu dem Lockenkopf, der sich den gesamten Raum skeptisch ansieht, jede Stelle genau untersucht, als könne eine Gefahr hinter ihr lauern. Jedoch glaube ich, dass unsere größte Gefahr, Bedrohung gerade an diesem Tisch sitzt und sich ein Brötchen aus dem Korb greift.
"Ach, kommt schon. Seid nicht so skeptisch und setzt euch hin", ruft er uns entgegen, ein freundliches Lächeln, bis er ernst, bedrohlich und befehlerisch knurrt: "Sofort!"
Mit schnellen Schritten eilen Harry und ich zu dem Tisch, setzen uns nebeneinander hin, ohne Worte beobachtend, wie der Mann sich seelenruhig das Brötchen aufschneidet, und dann summend mit Butter bestreicht.
"Ihr beide habt doch sicherlich noch nicht gefrühstückt", stellt der Mann fest, wobei ich das Messer in seiner Hand, mit dem er durch die Gegend fuchtelt, nicht aus den Augen lasse. "Also nehmt euch etwas."
Keiner rührt sich.
Harrys Griff um meine Hand, die sich unter dem Tisch befindet, spannt sich noch mehr an. Im Augenwinkel sehe ich klar und deutlich, wie stockend sein Brustkorb sich hebt und senkt, wie gerade der Mann neben mir sitzt, keinen Ton hervorbringend oder nur eine Bewegung vollführend.
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Small Freaks
Fanfiction"Es fühlt sich an wie sterben!" Honor muss feststellen, dass auch sie sich in den Menschen aus ihrer Umgebung täuschen kann. Doch nicht nur sie schätze Menschen falsch ein, sondern auch Harry, der dadurch wütend wird, beginnt an einigem zu zweifeln...