302-ein großes Stück Hoffnung

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Wimmernd drehe ich mich nun, mein Gesicht an dem blanken Oberkörper versteckend. Stockend rinne ich nach Luft, muss ständig schluchzen, während der Mann mir beruhigend, sanft, wenn auch etwas unsicher, über den Rücken streicht.

Jetzt fühle ich mich so schlecht, dass ich ihm von der Vergangenheit erzählt habe, bereue es sehr.

Er verdient es nicht zu hören, wie scheußlich ich mich gefühlt habe, wie grauenhaft, da er mich mit der Trennung nur beschützen wollte. Er verdient es nicht, dass meine Worte sich wie Vorwürfe anhören, obwohl ich stolz auf ihn bin.

Stolz auf seine Stärke!

"Honor?" Leise prallt das Wort, ähnlich wie ein Hauchen, an mein Ohr. "Jetzt kann alles besser werden. Und ich verspreche dir, ich werde so lange kämpfen, bis du glücklich und in Sicherheit bist", spricht Harry leise, zärtlich einen Kuss auf meinen Scheitel pressend.

"Ich liebe dich."

Kaum verständlich nuschele ich dies, jedoch laut genug, um zu hören, wie Harry meine Worte erwidert. Die dunklen Zeiten zwischen und um uns sollen endlich verschwinden.

Aber ich glaube langsam fest daran, dass wir am Samstag endlich frei von allem sind. Zumindest verspüre ich ein großes Stück Hoffnung in mir.

"Bist du müde?", fragt der Lockenkopf mich, bevor er sich ein wenig aufrichtet, nun im Bett sitzt und mich von oben herab mustert.

"Nein, nur hungrig", antworte ich ihm ehrlich, setze mich dann ebenfalls auf. Meine Tränen wische ich weg, betrachte verträumt die Schwalben auf Harrys Brust. Ein weiteres Zeichen von Hoffnung.

"Soll ich etwas kochen?"

Schnell schüttele ich auf diese Frage meinen Kopf, krabbele schmunzelnd vom Bett runter, dem Mann hinter mir herziehend, bis zur Tür, wo ich dann erklärend meine: "Box du weiter, während ich etwas koche", worauf er einverstanden nickt.

Gerade als ich den Raum verlassen will, küsst Harry mich noch einmal innig auf die Lippen, raunt ein 'Ich liebe dich'. Erst dann kann ich gehen, sehe noch durch den kleinen Spalt der Tür, die ich nun schließe, wie der Mann wieder mit viel Kraft gegen das Leder schlägt.

Barfüßig tapse ich in die Küche, wo ich da Blech aus dem Ofen ziehe, den ich dann schon vorheize. Eine mir unbekannte Melodie summend, wühle ich in dem Gefrierfach des Kühlschranks, bis ich Nuggets finde, die ich auf dem Backblech verteile. Sie werden hoffentlich für uns zwei reichen.

Die Uhr an der Wand zeigt kurz vor zwölf an und ich kann nicht glauben, wie lange wir bei diesem boshaften Menschen waren.

Noch immer graut es mir, wenn ich mich an diese blauen Augen erinnere, das grauenhafte Lächeln und die eine Gänsehaut bereitende Stimme. Ein wenig bin ich mir sicher, dass ich in der nächsten Nacht nicht gut schlafen werden kann.

Und der kleine Bissen, den ich eher unbewusst von dem Brötchen nahm, erscheint mir auch nicht mehr so gut.

Mir ist ein wenig schlecht, wobei ich ein Ziehen in meinem Magen spüre. Schwindel plagt mich, durch den ich das Blech fast fallen lasse, als ich es in den Ofen schiebe und zwölf Minuten auf der Eieruhr einstelle. Seufzend, mir meine Handfläche an meine glühende Stirn haltend, lasse ich mich auf einen der Küchenstühle fallen.

Ein wenig wird alles verschwommen, so schummrig und die Lampen an der Decke strahlen grell in meine Augen, die ich deswegen schließe. Zusätzlich fühlt sich mein Körper schlapp an. Schlapp und kraftlos.

Für ganze zwölf Minuten bleibe ich tatsächlich einfach hier sitzen, starre hoch an die Decke und versuche ruhig zu atmen. Nur das Klingeln der Eieruhr bringt mich dazu, mich zu bewegen, taumelnd zum Ofen zu laufen, den ich öffne und mit zwei Handschuhen an das Blech raushole.

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