"Wie lief eigentlich das Gespräch mit deine Eltern?", fragt Harry irgendwann in die Stille, womit er als erster von uns beiden spricht.
Wir schliefen bestimmt vier Stunden lang und ich genoss es. In einer Seelenruhe könnte ich schlafen, angekuschelt an den Mann, ohne einen Alptraum. Ich schlief einfach nur. Auch Harry schien gut geschlafen zu haben, da seine Wangen leicht rötlich glühend, die Haare verwuschelt sind.
"Ganz gut", meine ich beiläufig, küsse hastig seine Brust, ehe er eine Braue hebt und mich skeptisch ansieht, da er mir dies nicht abkauft.
"Honor, du musst mir schon die Wahrheit sagen", gibt er ernst von sich. "Ich muss schließlich wissen, ob dein Vater mir beim nächsten Mal, wenn ich ihn treffe, den Kopf abreißt oder nicht." Wenigstens kann er über das Thema noch scherzen.
Kurz lachen wir beide ein wenig amüsiert, bevor ich entgegne: "Du musst mir aber auch vertrauen. Es lief in Ordnung. Wir haben das geklärt und sie sind nicht wütend auf mich."
Wenn ich daran denke, was für eine Wut und Enttäuschung ich in mir spürte, als ich bei Harry war, da wird mir schlecht. Hastig rannte ich bei ihm raus, ohne ein weiteres Wort und... Ohne ein weiteres Wort?
"Woher weißt du, dass ich mit meinen Eltern gesprochen habe, Harry?" Scharf und warnend, da er mich gar nicht erst anlügen soll, sehe ich ihn ernst, die Augen zu Schlitzen geformt an. Neugierig setze ich mich auf, nehme auf seinem Bauch Platz, damit er sich nicht so hin und her bewegt, oder gar abhaut.
"Äh", stammelt der Lockenkopf, fährt sich nachdenklich durch die kurzen, braunen Haare. "Ich- Also..." Hilflos sucht er nach den richtigen Worten, beißt sich auf die Unterlippe, flucht leise vor sich hin, woraus ich immer wieder ein 'Fuck' und 'Mist' verstehe, welche er sehr grimmig und vulgär hervorbringt.
"Harry, wenn diese Beziehung funktionieren soll, dann musst du mir jetzt die Wahrheit erzählen!", bitte ich ihn inständig, greife gleichzeitig nach seinen Handgelenken, die ich fest auf die Matte drücke, weil mir sein ganzes Herumgefuchtel ziemlich auf die Nerven ging.
"Beziehung?", entweicht es ihm überrascht, worauf ich nicke. Erneut.
"Ja, Beziehung!"
"Ich dachte wir... Also sind noch nicht so weit." Er stammelt unentwegt, schaut mich mit seinen grünen Augen starr an.
"Wir sprachen vorhin von heiraten und Kinder kriegen, denkst du nicht, dass dies dann schon was Ernstes darstellt?"
In der Zukunft wollen wir gemeinsam in Corby wohnen, wollen Kinder bekommen, heiraten und wir sprechen darüber schon jetzt. Dies tun keine Menschen, die nicht wirklich in einer Beziehung stecken. Oder?
Für mich ist dies hier -all das was wir in den letzten zwei Tagen taten- Teil einer Beziehung, für die ich kämpfen möchte.
"Behalte das aber bitte noch für dich", ist das einzige, womit Harry antwortet. Und damit rammt er mir ein meterlanges Schwert mitten ins Herz.
"Wieso?", kontere ich leicht aufgebracht. "Bin ich dir peinlich?"
"Nein!" Hektisch will er sich aufrichten, doch ich drücke ihn zurück auf die Matratze. "So meinte ich das nicht, Honor! Ich liebe dich, mit allem was ich besitze. Natürlich, wünsche ich mir Kinder mit dir und auch, dass wir irgendwo gemeinsam in einem kleinen Haus wohnen werden", redet Harry weiter, unfähig mir dichter zu kommen, weil ich mich fest auf ihm mit meinen Handflächen abstütze. "Aber wir müssen uns noch zurückhalten. Wenn-wenn diese Menschen von uns erfahren, dann-" Traurig, tief aus der Seele seufzt er, bevor er meint: "Dann wird es vielleicht nie wieder ein Uns geben!"
Ebenso verletzt und deprimiert wie er, senke ich meinen Kopf, verringere mein Gewicht auf seiner Brust ein wenig, schluchze kurz auf.
"Deine Eltern schrieben mir, nachdem du mit ihnen gesprochen hattest, was sie dir erzählten und wie du reagiertest", gibt Harry dann zu. "Mehr nicht. Wirklich!"
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Small Freaks
أدب الهواة"Es fühlt sich an wie sterben!" Honor muss feststellen, dass auch sie sich in den Menschen aus ihrer Umgebung täuschen kann. Doch nicht nur sie schätze Menschen falsch ein, sondern auch Harry, der dadurch wütend wird, beginnt an einigem zu zweifeln...