294-Französische Bistrostühle

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"Wusstest du, dass vierzig Prozent der Londoner Gesellschaft jeden Tag ihr Mittag in einem der vielen Restaurants verzehren?", spricht Harry unbeirrt weiter, als würden wir gerade nicht vor einem wunderschönen Gebäude stehen, welches mir den Atem raubt.

Die Backsteinfassade erhebt sich bis auf drei Stockwerke. Eine große Weinrebe rangelt sich an der Wand hoch, umrankt die Fenster mit den weißen Fensterrahmen, welche dem Haus ein historisches Ambiente schenken. Die Blumenkästen mit roten Rosen im unteren Stock schenken dem Gebäude einen sommerlichen Touch.

Draußen stehen einige kleine, metallene Tische, auf denen sich rote Blumentöpfe befinden, die weiße Rosen beinhalten. Die Stühle ähneln diesen alten, französischen Bistrostühlen, von denen meine Mom einmal einen in ihrem Blumenladen zur Zier stehen hatte. "Französische Bistrostühle verleihen diesem Teil eine romantische Atmosphäre", meinte sie zu mir, als ich mich damals unbeirrt setzen wollte, wovon sie mich lautstark abhielt.

Abgeschirmt werden die Gäste durch eine Art verschwommene Glasscheibe, um die sich die grün und rot strahlende Weinrebe schon rankt. Ein paar Weintrauben kann ich auch erkennen.

Immer noch schlägt mein Herz schleppend, meine Atmung verläuft stockend und ich bekomme schwitzige Hände, mit denen ich Harrys mehr umklammere. Dieser ganze Anblick gefällt mir sehr, denn wir waren noch nie gemeinsam in solch einem Restaurant essen.

Die Pommesbude wird insgeheim für ewig mein Favorit bleiben, jedoch überrascht und beeindruckt der Mann mich mit diesem Etablissement total.

Er regte sich so häufig über diese Menschen auf, da sie sich selber nichts kochen können, dazu nicht in der Lage sind und nun stehen wir selber vor so einem Gebäude. Vielleicht meckerte er auch einfach gerne über andere Menschen und... Nein, er meckerte gerne über andere Menschen.

Vielleicht gucke ich aber auch in die falsche Richtung und er möchte gar nicht mit mir in dieses, sondern ein anderes Restaurant. Wegen dieser Ungewissheit blicke ich mich in unserer Gegend um, kann nur einen heruntergekommenen Handyladen und einen geschlossenen Supermarkt erkennen. Nichts weiter deutet auf einen Ort hin, in dem man speisen könnte.

"Bist du festgewachsen?", zieht der Lockenkopf mich amüsiert und grinsend aus meinen Gedanken.

"Nur überrascht und vollkommen hin und weg", haspele ich leise. Er wird mich kaum verstehen, da ich gerade versuche diesen Anblick in meinem Gehirn zu speichern, damit er nie vergessen wird.

Dieses hübsche, einladende Restaurant in mitten einer heruntergekommenen Straße, mit geschlossenen Geschäften und umgekippten Mülleimern.

"Manchmal erkennt man die Schönheit von einigen Dingen nicht sofort und muss sie erst schätzen lernen", spricht Harry nun wieder. "Frag mich bitte nicht, wie ich zu diesem Kitsch gekommen bin, aber irgendwie erinnert mich diese Straße an unsere Geschichte."

"Inwiefern?"

"Du stellst dieses Restaurant dar und ich die Straßen. Zumindest früher. Ich muss erst raus finden, wie toll du bist und um Einlass erbitten und wenn du mich eintreten lässt" -Er zieht mich mit sich zum Eingang, durch den wir in das Gebäude eintreten- "dann werde ich ein Teil von deiner Schönheit und ja... Kitschig ich weiß! Schon etwas länger her, dass ich die Idee in einer Nacht in einem betrunkenen Zustand bekam."

Total überfordert bekomme ich keinen Ton hervor, weil er mich mit seinen Worten berührt, den Tränen nahe bringt. Womit habe ich diesen wunderbaren Menschen verdient? Was habe ich getan, dass er mit mir zusammen ist und solch herrliche Dinge für mich tut?

"Den Schluss, mit kitschig und betrunken, habe ich jetzt einfach mal überhört", gebe ich kichernd zurück, bevor ich mich auf meine Zehenspitzen stelle und liebevoll, lange seine Wange küsse. "Ich liebe dich so unendlich sehr, Harry Styles."

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