274-Befreiung

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Wild, wie früher die Hufe von Pferden der Indianer auf dem trockenen Sand im Westen, schlägt mein Herz, gefangen in meinem Brustkorb. Meine Atmung arbeitet schnell, schneller als die Zeit, schneller als der langsam tickende Sekundenzeiger einer Uhr. Meine Augen flattern, wie die Flügel von jungen Vögeln, die voller Angst ihren ersten Flugversuch starten.

Und ich möchte nicht, wie diese jungen Vögel, auf dem harten Boden aufschlagen.

Deswegen ziehe ich Harry noch mehr zu mir, küsse ihn inniger, zärtlicher und gleichzeitig wilder, verlangender. Seine Lippen arbeiten perfekt gegen meine, rauben mir zu viel Luft, weswegen ich auf keuche, nach Luft schnappe, bevor ich den Kuss wieder vertiefe, Harrys Hand an meiner Hüfte spüre.

Langsam bewegt er sich, bis er sich über mir befindet, ich nach oben gucken muss, in diese wunderschönen, jedoch fragenden grünen Augen.

Er ist sich unsicher, ob ich aus freiem Willen handele, diesen Kuss ernst meine, obwohl ich begonnen habe. In seinem Blick erkennt man die Ungewissheit, die Verwirrung.

Doch ich bin mir sicher, weil ich plötzlich durch ihn diese Befreiung verspüre, die ich seit drei Jahren wieder in mir haben wollte.

Als ich Jonathan küsste, erhoffte ich mir dieses Gefühl, das schnelle Fließen des Adrenalins, der Glückshormone. Doch ich bekam es nicht. Ein schlechtes Gewissen, Trauer und Angst umgaben mich, ließen mich den Mann von mir drücken. Bei Jonathan empfand ich nicht das, was Harry mir gerade gibt.

Der Alkohol an meinen Lippen, in meinem Rachen sorgte für eine Unfähigkeit meinerseits, ließ mich fast in ein dunkles Loch fallen. Eine Befreiung, von der viele Menschen immer reden, eine Schmerzlosigkeit spürte ich nicht, sondern Hass, Wut, Trauer, Einsamkeit und den Scharm schwach gewesen zu sein. Alkohol schenkte mir nicht das Kribbeln im Bauch, welches der Mann über mir nun bereitet.

Tausende Schmetterlinge scheinen in meinen Magen zu flattern, gegen meine Magenwand zu stoßen, dadurch ein Glücksgefühl frei zusetzen. Hitze steigt in meine Wangen, meinen ganzen Körper, bringt mich zum Glühen. Meine Lippen schwellen an, gereizt von Harrys und ebenso seinen Zähnen, mit denen er leicht zubeißt, zieht, ehe er sich keuchend löst.

"Warum-", stöhne ich, will ihn etwas fragen, was durch seinen Mund auf meinem gestoppt wird.

Mit einem leichtem Schwung schubse ich ihn zur Seite, wodurch er auf dem Rücken landet und ich mich auf seinen Bauch setzen kann, seine Arme sich um mich schlingen. Vorgebeugt, mit zitternden Armen, lehne ich mich über den Mann, der mich so innig ansieht, doch weiterhin innerlich denkt. Nachdenkt und zweifelt.

Er überlegt, ob das hier richtig ist, ob ich aus irgendeinem irrsinnigen oder vom Alkohol hervorgerufenen Grund handele. Doch ich tue dies hier, streiche zärtlich mit meinen Zeigefingern über seine Brust, weil ich ihn will, liebe und dieses Glück nicht erneut verlieren möchte.

Ich überlebe es nicht mehr, wenn mich erneut Trauer und Einsamkeit überkommt, die Dunkelheit zu meinem einzigen Wegbegleiter wird.

"Warum muss ich dich erst wieder treffen, um mich frei zu fühlen, was ich mir von jedem anderen, als dir, erhoffte?", keuche ich meine Frage, stoppe kurz in der leidenschaftlichen Aktion.

Von oben herab blicke ich auf den Mann, der ebenfalls zu glühen scheint, sich auf die Innenseite seiner Wange beißt. Mit Stotternd, trotzdem noch einer Ungewissheit antwortet er: "Ich weiß es nicht, aber es hört sich gut an", ehe er sich aufsetzt, unsere Lippen wieder verbindet. "Weil ich dich verstehe."

"Da herrscht plötzlich wieder dieses-"

"Glück", unterbricht er mich, beendet den Satz, worauf ich zustimmend nicke, meine Finger in seinen kurzen Haaren vergrabe, welche sich so ungewohnt anfühlen. "Und das ist etwas, was man bei nichts anderem spürte-", redet er, wird dieses Mal von mir gestoppt, da ich meine: "Obwohl diese Personen oder Dinge die Rettung sein sollten."

Small FreaksWo Geschichten leben. Entdecke jetzt