"Baby", fügt die bekannte Stimme hinzu. Gleichzeitig streichen warme Finger über meinen Hinterkopf, ein warmer Atem prallt leicht gegen meinen Scheitel. "Steht mir dieser bescheuerte Verband?"
Freudig drehe ich mich hektisch, schaue direkt in das Gesicht des Mannes, strahle über beide Ohren, schlage mir auf Grund des Schocks sprachlos eine Hand vor den Mund, starre in die grünen Augen. Sein Name verlässt meinen Mund nur hauchen, da ich zu überwältigt bin.
"Harry..."
Er grinst etwas breit, sieht mich frech an. Dieses Grün wieder sehen zu können lässt mein Herz wild springen. Meine Arme zittern und Tränen rinnen ungehindert aus meinen Augen. Keinen von uns beiden stören sie, weil sie Tränen der puren Freude sind.
Hektisch umarme ich ihn, drücke ihn fest an mich, damit ihn mir niemand entreißen kann, wegnehmen. Wild küsse ich seine Wange, seine Nasenspitze, seine Stirn -so gut es mit dem Verband geht-, küsse seinen Hals, seine Brust, seine andere Wange, erneut seine Lippen, seine Handfläche, als er mein Gesicht mit seinen Hände einschließt.
Ich habe ihn gerade erst wiederbekommen und möchte ihn nie wieder hergeben.
"Hi", zischt er ruhig, beruhigend, streicht mir sanft die Haarsträhnen aus dem roten Gesicht, die vor meine Augen fielen. "Beruhig dich."
"Du warst tot", erzähle ich ihm wimmernd, fest sein Gesicht umklammernd. Meine Stirn lege ich gegen seine, hocke auf seinen Oberschenkeln. "Du warst tot, Harry", wiederholt mein Mund die Worte von ganz alleine.
Und irgendwie wird dieser Fakt erst jetzt realisiert.
Harry war tot, lag ohne einen Herzschlag, ohne Atmung auf einem schmutzigen Barboden.
"Aber ich bin jetzt noch da", nuschelt er leise, streicht über meine Wange, redet weiter: "Honor, ich bin bei dir."
Diese Worte bedeuten so viel, weil er selber mir versichert, dass er wieder wach ist. Auch wenn ich Angst in mir verspüre, dass er einiges vergessen hat, bin ich gerade überglücklich.
Schluchzend wische ich ein paar Tränen weg, muss bei seinem Grinsen lächeln. Wenn er grinst, frech lacht und das Grün hell leuchtet, dann geht es ihm gut -dann lebt er.
"Gibt es Dinge, an die du dich nicht erinnern kannst? Hast du Fragen?"
Mir bangt es vor seiner Antwort, doch ich selber kann verhindern, dass es so kommt, wie es in dem Traum war. All seine Fragen werde ich beantworten, all seine Lücken werde ich schließen. Tag und Nacht bleibe ich an seiner Seite, wenn er Fragen hat, meine Hilfe benötigt.
"Nein", antwortet er lachend, schüttelt leicht seinen Kopf. Diese Tatsache verwundert mich, weswegen ich eine Braue hebe, ihn musternd betrachte. "Ich erinnere mich an alles", teilt er mir mit, was mich überrascht. Von selbst sagt er, er wüsste noch alles.
"Wirklich?", erkundige ich mich deswegen, streiche über seine Schläfe, mir fest auf die Unterlippe beißend.
"Honor", seufzt er, bevor er beginnt: "Ethan nennt mich Nacktmull, weil ihr mich früher in Leeds so nanntet. Du reagierst immer noch etwas unwohl darauf, wenn ich dich Baby nenne und trotzdem gefällt es dir mehr, als du jemals zu geben wirst." Bei dieser Sache schmunzelt er neckisch. "Wenn du dein Studium beendet hast, möchtest du Erzieherin werden -am liebsten im Kindergarten von deinem Grandpa- und du hasst es, wenn ich die Wäsche auf dem Boden liegen lasse. Und ich lasse die Wäsche häufig mit Absicht liegen, weil du so süß aussiehst, wenn du dich aufregst und ich es einfach liebe."
Überwältigt von seiner ganzen Aufzählung sitze ich starr auf mir, atme schwer.
"Ach", kommt es dann noch von ihm. "Die Farbe deiner Socken war vor drei Tagen weiß mit blauen Streifen."
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Small Freaks
Fanfiction"Es fühlt sich an wie sterben!" Honor muss feststellen, dass auch sie sich in den Menschen aus ihrer Umgebung täuschen kann. Doch nicht nur sie schätze Menschen falsch ein, sondern auch Harry, der dadurch wütend wird, beginnt an einigem zu zweifeln...