263-Avocado, Pfeffer und Milch

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"Am liebsten würde ich ihm so gerne mal eine klatschen." Maja haut mit ihrer geballten Faust fest auf den Tisch, womit sie den Kaffee in ihrer Tasse und meine Cola zum Schwappen bringt. Warnend sehe ich sie an, weil ich keine Lust habe, diesen Tisch zu säubern, worauf sie mich entschuldigend ansieht. "Er meinte aber wirklich nur, dass du es irgendwann verstehen wirst?", erkundigt sie sich nun wieder neugierig. "Nicht mehr?"

"Vielleicht. Sollte ich jemals wieder mit ihm reden", antworte ich, dabei mit den Schultern zucken.

Noch bin ich mir unsicher, ob ich überhaupt jemals wieder mit Harry reden werde -wenn man mal von der Abschlusszeremonie absieht. Eventuell werden wir uns nie wieder sehen, weil ich nach Corby gehe und er... Irgendwo in die weite Welt. Außerdem endeten unsere Gespräche bis jetzt immer sehr hitzig und meistens so, dass einer von uns beiden vor dem anderen weglief. Auch wenn ich gerne Antworten bekommen würde, er meinte, dass ich dies irgendwann vielleicht mal tun werde, zweifle ich daran, jemals wieder vernünftig mit ihm zu reden, wobei wir dann endlich einiges klären können.

Er nahm diese Hoffnung vor Jahren mit sich mit, weswegen ich nun kein fucking Optimist mehr bin! Sondern nur noch ein kleiner, stinkiger Pessimist, dem das Herz gebrochen wurde.

"Natürlich werdet ihr wohl noch einmal miteinander reden", entgegnet die Schwarzhaarige mir sofort ernst. Ganz knapp hält sie sich davon ab, erneut energisch auf die Platte des Tisches zu hauen, sieht mich beschämt an. "Honor, vielleicht musst du dieses Mal um ihn kämpfen und nicht er um dich!"

"Wie denn das?" Verwirrt sehe ich sie an, als würde sie meinen, ich solle Avocado, Pfeffer und Milch in meine Cola schütten, da es ja möglicherweise gut schmecken könnte. "Er haute doch vor Jahren ab, und nicht ich. Als ob ich da vor ihm auf den Knien angekrochen komme, damit er mich unter Qualen zurücknimmt. Er wird doch wieder nur hoffen, vielleicht Gefühle für mich zu entwickeln."

Warum sollte ich um ihn kämpfen? In meinen Augen existiert dafür kein Grund. Harry verhält sich ja nicht einmal mehr annähernd so, dass man überhaupt mit ihm reden möchte. Er verdient es gar nicht, dass ich mich zum Affen mache und ihm wie ein Affe der Banane nach renne.

"Aber einer von euch beiden muss es in die Hand nehmen!", kontert Maja. "Ihr zwei gehört doch zusammen, Honor. Und ich will dich wieder glücklich sehen."

"Ich werde aber nicht mit einem Mann glücklich, der mich wie ein Feigling verließ, dies über ein Stück Papier tat, welches total versifft in meinem Kleiderschrank unter meiner Unterwäsche liegt. Wenn er wirklich irgendetwas von mir wollen würde, sich eine Zukunft vorstellen kann, dann würde er mit mir reden, wenn er die Chance dazu hat und nicht abhauen. Genau dies tat er nämlich gestern!"

Immer noch schwirren die Gedanken an die gestrige Probe in meinem Kopf, geben mir keine Ruhe. Vor meinem inneren Auge sehe ich erneut Harrys Gesichtsausdruck, seine Art, wie er darauf reagierte, als ich ihm mitteilte, Jonathan nur geküsst zu haben. Ich erwartete, um ehrlich zu sein, mehr als ein billiges 'Okay'.

Doch seine Antwort zeugt von, seiner großen Desinteresse. Ich weiß nicht einmal, wieso er so eifersüchtig am Anfang tat, sich so genierte, wieso ich scheinbar mit dem Mann schlief, wenn er dann nur mit einem 'Okay' antwortet, das mir rein gar nichts bringt.

Okay. Was soll ich denn damit anfangen?

Okay, zum Glück hat er nicht mit dir geschlafen?
Okay, schön dass ihr euren Speichel ausgetauscht habt?
Okay, jetzt fühle ich mich besser?
Okay, die pure Beruhigung steigt in mir auf?

Okay, Okay, Okay?

Was meint er denn damit?

"Von was träumtest du letzte Nacht, Honor?", fragt Maja mich mit einem Mal, überrumpelt mich mit dieser Frage. "An welche Person dachte dein Kopf, während du schliefst?"

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