Kalte Fingerspitzen streichen liebevoll über meine rechte Schläfe. Starke Arme drücken meinen bibbernden Körper fest an eine warme Brust, hinter der sich ein schlagendes Herz befindet. Der süße Geruch von Lavendel und Honig benebelt meine Sinne.
Und ebenso sorgt er für ein Schmunzeln auf meinen Lippen, weil ich nun weiß: Harry ist wieder dar!
Eine dünne Decke bedeckt meine nackten Beine, welche sich in den Stoff geschlungen haben und dadurch kaum beweglich sind. Wahrscheinlich bewegte ich mich im Schlaf ständig hin und her, wie ich es schon früher tat.
Nur schwach erinnere ich mich daran, wie ich einmal den Lockenkopf im Bett neben mir direkt in seinen Allerwertesten trat, worauf er sich -mit schmerzverzogenen Gesicht und über seinen Po streichend- bei mir beschwerte.
"Glaubst du, sie wird wütend sein?"
Klar, so rau und mir eine Gänsehaut bereitend, ertönt die wunderschöne Stimme. Besorgnis, sowie Nachdenklichkeit klingt mit, während jedes einzelne Wort in meinem Kopf erneut hallt. Seine Atmung an meinem Ohr, welches an seinem Brustkorb liegt, geht stockend, schwerfällig.
Fast so, als würde ihn etwas bedrücken.
"Ich würde es ihr nicht verübeln", antwortet Anne. Ehrlich, wie mir scheint, und besonnen. Daraufhin stöhnt Harry tief, gereizt auf und aufgrund seiner kleinen Bewegung vermute ich, dass er sich durch die kurzen Locken fährt, das Gesicht so verzogen, dass die kleine Falte auf seinem Nasenrücken prangt.
Einen kleinen Spalt öffne ich nun meine Augen. Nur so weit, um nicht von den grellen Lampen an der Decke geblendet zu werden, und so, dass ich Harrys Gesicht von der Seite betrachten kann. Tatsächlich befindet sich die kleine Falte auf seiner Nase, über die er sich reibt, danach erneut kräftig Luft holt.
Den ganzen Tag könnte ich diesen Menschen so betrachten, seine Schönheit von der Seite mustern, bis ich irgendwann mich aufrichte und das warme Gesicht zwischen meine Hände nehme, an deren Handflächen die kurzen Bartstoppeln kratzen.
Ihn bedrückt etwas, eindeutig, was in mir das Verlangen auslöst ihn zu beruhigen, nur durch meine Berührungen. Genauso, wie er es immer schafft.
Ich will ihm sagen: "Alles wird gut, Harry!"
Doch bleibe ich liegen, atme unauffällig weiter und belausche die beiden Erwachsenen, deren ganzes Gesprächsthema ich noch nicht vollkommen begreife. Aber mein Kopf wird den Gedanken nicht ganz los, dass ich mit in den Grund verwickelt bin, ohne etwas getan zu haben.
"Wahrscheinlich will sie dich begleiten", meint die schwarzhaarige Frau, die ich nun ebenfalls erblicke. Vorher saß sie an meinem Fußende, wo ich nicht hingucken konnte, jedoch steht sie nun auf, geht zu dem dunklen Fenster, welches direkt auf die Straße führt.
Draußen herrscht bereits die Nacht, was mich grübeln lässt, wie lange ich wohl geschlafen haben muss.
Einen grauen Cardigan tragen, dazu eine schwarze Leggings steht die Frau, ihre Arme vor der Brust verschränkt, vor dem zugezogenen Fenster, dessen Vorhänge sie nun etwas zur Seite zieht, dann leise spricht: "Ihr habt euch geschworen da gemeinsam durchzugehen, Harry! Findest du diese Sache dann nicht etwas unfair? Würde sie dies mit dir tun, wärst du außer dir."
Eindeutig geht es hierbei nicht nur um mich alleine. Ich vermute, dass alles mit Harrys Vater zusammen hängt. Irgendwie verläuft alles in letzter Zeit sowieso nur zu diesem grauenvollen Menschen, und diese Tatsache beängstigt mich mehr und mehr.
"Vielleicht will sie aber auch gar nicht mit. Ich meine -also sie gibt es zwar nicht zu... Aber ich habe es gesehen, wie sehr sie sich vor ihm fürchtet, da würde ich es ihr nicht übel nehmen, wenn sie nicht-" Er zieht scharf die Luft ein, macht eine kurze Pause, ehe er den Satz beendet: "-wenn sie nicht mit möchte."
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Small Freaks
Fanfiction"Es fühlt sich an wie sterben!" Honor muss feststellen, dass auch sie sich in den Menschen aus ihrer Umgebung täuschen kann. Doch nicht nur sie schätze Menschen falsch ein, sondern auch Harry, der dadurch wütend wird, beginnt an einigem zu zweifeln...