Ich ahne bereits jetzt, dass dies heute einer dieser Langweilertage wird, an denen wir nichts machen, außer Fern sehen und Essen in uns rein zu futtern, da ein gewisser Gruppenzwang besteht, seitdem Niall diese Chipstüte öffnete.
Nimmt er sich was, greife ich ebenfalls zu. Zieht Harry die Tüte in einem stillen Moment zu sich, tue ich es ihm kurz darauf gleich.
Niall hält sich kaum zurück, im Vergleich zu Harry, der vielleicht in einem fünfzehn Minuten Rhythmus einmal oder zweimal in die grün-blaue Plastikverpackung greift.
Keine Ahnung wieso ich dies beobachte, aber ich vermute, dass es an der Tatsache liegt, dies wird ein langweiliger Tag, und dem Punkt, dass die Jungs sich eine sehr komische Sendung ansehen, bei der ich nicht unbedingt dabei sein will.
"Dies sind die Brüste", spricht der Moderator ohne Scham aus dem Fernseher, deutet dabei auf das Dekolletee seines Pappmodels. "Wenn die Frau ein Kind auf die Welt gebracht hat, dann nährt sie ihr Kind durch die Brüste."
Diese Sendung läuft nun schon zehn Minuten und ich bin noch unsicher, ob sie mir mehr oder weniger als das Nullachtfünfzehn Drama vom letzten Mal gefällt.
"Dürfte ich fragen, wieso ihr beide euch über weibliche Geschlechtsorgane informiert?", traue ich mich nach einer Weile ganz zaghaft in den Raum zu fragen, sehe meinen Freund von der Seite mit einer erhobenen Braue skeptisch an.
Eine Antwort erhalte ich von keinem der beiden Männer.
Lediglich Rascheln der Chipstüte, die der Lockenkopf neben mir wieder zu sich zieht. Mit einem starren Blick auf den Fernseher greift er in die Verpackung, zieht seine große Hand, gefüllt mit dem Essen wieder raus, die er sich in den Mund stopft.
Fassungslos starre ich ihn dabei an, verstehe nicht, wieso keiner der beiden mir antworten möchte. Wahrscheinlich wissen sie selber nicht, wieso sie dies schauen, anstatt ihre -wie Harry es sagen würde- Ärsche von der Couch zu bewegen.
"Wissenschaftler sind sich unsicher ob der sogenannte G-Punkt, benannt nach seinem Entdecker Ernst Gräfenberg, wirklich existiert", höre ich es aus dem Fernseher, ringe mich damit dazu, auf zu stehen. "Fest steht, dass eine Frau sehr erregt werden kann, wenn man sie an dem G-Punkt stimuliert und-"
Hastig eile ich aus dem Raum, als der Kerl hinter dem Glasbildschirm immer mehr auf dieses Thema eingeht und mir diese gesamte Situation immer unangenehmer wurde. Die beiden Männer bleiben währenddessen seelenruhig sitzen, als würde da niemand über solch ein intimes Thema und Zonen sprechen.
Man könne sich ja nichts anderes ansehen.
Es laufen ja nicht genügend nullachtfünfzehn Serien auf den tausend anderen Sendern, die unser Fernseher bietet und die am Anfang mühsam von Harry sortiert wurden. Nein!
Wir besitzen nur noch Dr. Sommer-Sender, die ihre Informationen über eine Plastikpuppe vermitteln und deren Zuschauer trotzdem mit achtzehn schwanger sind.
Vielleicht reagiere ich auch nur etwas über, da Harry seit heute früh sich sehr schweigsam und distanziert verhält. Vielleicht aber auch nicht. Vielleicht stört mich dieses gesamte Thema weiterhin, genauso, wie es eine Elfjährige in Verlegenheit bringen würde.
Das Klingeln des Telefons reißt mich aus diesen leicht qualvollen Gedanken, worauf ich es kurz Luft holend von der Kommode nehme und mich freundlich melde. "Honor Chapel."
"Miss Chapel, einen wunderschönen Guten Tag", entgegnet mir eine Männerstimme heiter am anderen Ende. Sie klingt überdreht.
Fragend, was dieser Herr von mir möchte trotte ich ein wenig in Richtung Küche, um nicht so einsam auf dem Flur zu stehen, während ich abwarte, dass der Mann am anderen Ende erneut spricht.
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Small Freaks
Fanfiction"Es fühlt sich an wie sterben!" Honor muss feststellen, dass auch sie sich in den Menschen aus ihrer Umgebung täuschen kann. Doch nicht nur sie schätze Menschen falsch ein, sondern auch Harry, der dadurch wütend wird, beginnt an einigem zu zweifeln...