Den Teller mit den Nudeln auf meinem Brustkorb liegen habend, nur noch zur Hälfte auf der Couch hängend und gebannt auf den Fernseher blickend, nehme ich nach Monaten mal wieder eine gute Mahlzeit zu mir und genieße sie.
Grandmas Nudeln hauen jeden um und obwohl ich kein großer Fan von den langen oder eingedrehten Teigdingern bin, habe ich mir schon meine zweite Portion geholt.
"Honor?" Mom schaut ins Wohnzimmer rein, die Lippen mit rotem Lippenstift geschminkt. Ein weinrotes Kleid schmiegt sich ihren Körper hinunter, umspielt ihre feminin Hüften, zeigt ihre Schultern. Man erkennt sofort, dass sie das Kleid mit Stolz trägt, sich wohl fühlt und am liebsten sofort vor Dad einen Tanz hinlegen würde. "Wir sind gleich los, sobald dein Vater fertig ist", teilt sie mir mit, etwas ungeduldig klingend.
Dad steht immer noch in meinem Badezimmer und rasiert sich, weil er der Meinung ist, dass er dies tun muss. Und ich frage mich immer noch, wieso meine Eltern sich unbedingt bei mir umziehen mussten, wenn sie doch in einem Hotel wohnen.
Grandma hört man in der Küche klappern. Sie wollte mich die Unordnung selber nicht aufräumen lassen, sondern scheuchte mich mit meinem Teller ins Wohnzimmer, wo ich neben ihrem halb schlafenden Mann Platz nahm und mit dem Essen begann.
"Ja." Schnell richte ich mich auf, den leeren Teller auf dem Glastisch abstellend, da meine Mutter mich bittend ansieht, dass ich doch ordentlich, und nicht so unmöglich, sitzen möchte. Ich habe es nur an ihrem Blick verstanden. "Viel Spaß wünsche ich euch."
Hastig will ich zu ihr laufen, stoße dabei gegen meinen Großvater der nun aufwacht und einmal vor Schreck grunst, sich verdattert umsieht, bis er begreift, wo er sich nochmals befindet. "Danke, mein Schatz", bedankt sich währenddessen meine Mutter, die ihr Dekolltè prüfend in meinem Spiegel richtet, bevor sie schon in die schwarzen Pumps schlüpft.
"Du siehst wunderschön aus, Mom", hauche ich, überwältigt von ihrem Aussehen. "Wirklich."
Warum komme ich mir gerade, wie eine Mutter vor, die ihre Tochter sieht, welche zu ihrem ersten Date ausgeht? Wieso bin ich diejenige, die den Tränen nahe ist?
Vielleicht weil meine Eltern sich haben, gemeinsam seit Jahren lieben, während ich alleine Zuhause bin und fast mit einem Teller Nudeln von der Couch rutsche.
"Von jemanden musst du deine Schönheit ja geerbt haben", scherzt sie, bevor ich in eine enge Umarmung gezogen werde, die ich voll und ganz genieße. "Hab Spaß auf der Party, trink nichts und sei vorsichtig. Wenn jemand dich an grabscht, dann rufst du laut Feuer, weil dann mehr Leute aufmerksam werden, als nur bei Hilfe! Verstanden?"
"Ja", beruhige ich sie nickend, umarme sie erneut.
Meine Mutter macht sich immer so viele Sorgen um mich, möchte einfach nur, dass ich sicher bin. Sie selber nahm einmal an einem Selbstverteidigungskurs teil, aber nur, um sehr viel darüber zu lernen, was sie mir bei brachte. Das war zu der Zeit, in der es in Leeds etwas gefährlicher wurde und ich älter, weswegen meine Mom sich größere Sorgen machte.
Unzufrieden mit ihrem Unterricht war ich nie, auch wenn ich keine einzige Technik, jemals anwendete.
Die Badezimmertür öffnet sich und Dad tritt heraus, frisch rasiert und wirklich gut aussehend, weswegen ich meiner Mom deute, sich umzudrehen, was sie tut. Man hört sie staunen, sieht, wie sie große Augen bekommt und den Mund aufreißt. Fassungslos haucht sie: "Du siehst aus, wie an unserem Hochzeitstag."
"Dann bin ich ja beruhigt", lacht er. "Schließlich bist du damals nicht vor mir weggelaufen."
"Können wir los?" Grandma und Grandpa kommen beide in den Flur, ebenfalls schicke Sachen tragend. "Ich sterbe fast vor Hunger und es geschieht sehr selten, dass dies nicht an dem Essen meiner Frau liegt", bringt Grandpa hervor, gleichzeitig in seine Schuhe schlüpfend.
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Small Freaks
Fanfiction"Es fühlt sich an wie sterben!" Honor muss feststellen, dass auch sie sich in den Menschen aus ihrer Umgebung täuschen kann. Doch nicht nur sie schätze Menschen falsch ein, sondern auch Harry, der dadurch wütend wird, beginnt an einigem zu zweifeln...