257-Pocketful of sunshine

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Erschrocken richte ich mich auf, schlage mit meinem Kopf gegen Ethans Arm, der irgendwie über mir hing, als auf einmal laut freudige Musik anspringt, eine Frauenstimme beginnt zu singen. "I got a pocket, got a pocketful of sunshine. I got a love, and I know that it's all mine. Oh, oh whoa", schallt es durch das dunkle Schlafzimmer, dröhnt in meinen Ohren.

"Mach das aus", meckert der Braunschopf neben mir, kurz seine Augen zu kleinen Schlitzen geformt öffnend, mich genervt anfunkelnd. "Bitte", kommt es zusätzlich jaulend von Nathan, der mein Kissen über seine Ohren zieht.

Hastig springe ich aus dem Bett, wobei ich fast stolpere und erneut auf mein schmerzendes Knie fallen würde, eile dann zu meinem Handy, welches auf dem Boden liegt und laut weiterklingelt. Auf dem grellen Bildschirm erkenne ich einen Namen, bei dem ich stöhnen muss.

"Hallo?", melde ich mich am Telefon, auch wenn ich genau weiß, wer mich um kurz vor halb sieben an diesem dreizehnten Juli anruft und stört.

"Honor?"

"Nein, der Weihnachtsmann", ruft Ethan aus dem Hintergrund, da er scheinbar die Person am anderen Ende hört. Er dreht sich so, dass er sich genau bei Nathan ankuscheln und verstecken kann, worüber ich kurz schmunzele, ehe ich mein Schlafzimmer verlasse.

Die beiden sind ebenso fertig von diesem Tag wie ich, weswegen ich ihnen ihre Ruhe gönne.

"Was gibt es, Emil?", erkundige ich mich, jedoch schon im Hinterkopf eine Vermutung aufbewahren, wegen der ich schon in meine Turnschuhe schlüpfe und mir den Schlüssel von der Kommode im Flur greife.

Der Mann rief mich schon so häufig spät abends an, dass ich mittlerweile genau weiß, was er von mir möchte. Und er weiß, dass ich nicht nein sage.

"Könntest du herkommen und die Schicht bis neun übernehmen? K-"

"Ich bin schon unterwegs", unterbreche ich ihn beruhigend, warte nur noch auf sein 'Danke' und 'Wir sehen uns', ehe ich auflege und mit meinem Zeug in der Hand, zurück ins Schlafzimmer gehe, wo mich erneut die Dunkelheit einhüllt.

"Jungs?"

Grummeln ertönt von den Beiden, die sich kein Stück bewegen. Trotzdem teile ich ihnen mit: "Ich bin bis neun auf Arbeit. Irgendjemand ist ausgefallen und-"

"Du hast mal wieder -wie sollte es anders sein- ja gesagt", murt Nathan. "Du kannst einfach nicht nein sagen!"

Entschuldigend zucke ich mit den Schultern, auch wenn er dies nicht sieht. "Wir sehen uns morgen in der Uni. Schließt die Tür hinter euch ab", bitte ich sie noch, mache mich dann auf den Weg, raus aus der Wohnung, nachdem ich im Wohnzimmer schaute, ob der Fernseher ausgeschaltet wurde und ob auch alle Geräte in der Küche ohne Strom sind.

Heute schreiben wir zwar den dreizehnten Juli, jedoch kann ich unter keinen Umständen auf das Geld verzichten, das mir die Arbeit in 'Emil's Dinner' bringt verzichten. Zusätzlich lenkt sie mich ab, womit dieser scheußliche Tag schnell vorüber sein wird und ich morgen ganz normal, so wie seit drei Jahren, mein Leben weitermachen kann.

Trostlos, einsam und für immer gebrandmarkt von einem Mann, den ich nie vergessen kann.

Manchmal sehe ich Männer auf den Straßen Londons, von denen ich mir denke, dass sie nett sein könnten, vielleicht derjenige sind, von dem Harry damals in seinem Brief sprach. Doch keiner von ihnen ist das was ich möchte.

Keiner von ihnen, ist Harry!

Jedem von ihnen fehlt das gewisse Etwas. Keiner besitzt diese einzigartigen grünen Augen oder diese lockigen Haare, auch wenn sie vor ein paar Wochen geschnitten wurden. Nur noch ganz kurz trägt er seine Frisur jetzt, was ihm aber, unerwarteter Weise, ziemlich gut steht.

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