"Kennst du den Song noch?"
Dad dreht, schon voll in dem Rhythmus des Liedes, das Radio lauter, trommelt wild auf dem Lenkrad, wobei er fragend zu mir sieht. Amüsiert, mit einem Schmunzeln nicke ich, schwanke leicht hin und her. Natürlich kenne ich das Lied noch, schließlich sangen er und ich es häufig, wenn wir unterwegs waren.
Die Geschichte dazu ist ziemlich lustig. In meinen Augen zumindest.
Zu meinem fünften Geburtstag schenkten meine Eltern mir eine CD, auf die Dad vorher Kinderlieder brannte. Dachte er zumindest, bis plötzlich ein altes Lied abgespielt wurde und ihm klar wurde, dass die CD für mich und Grandma verwechselt wurden. Sie wollten diese dann später austauschen, wogegen ich mich aber weigerte und lautstark protestierte. Mir gefielen die alten Songs so gut, dass wir sie danach auf jeder Autofahrt hören mussten, da ich nichts anderes mehr hören wollte.
Was Grandma mit den Kinderliedern machte weiß ich nicht, aber ich weiß, dass ich als Kind die Autofahrten sehr genoss.
Vor allem wenn ich vorne Rennfahrer spielen durfte und die Disk ablief. Dann war ich sozusagen wunschlos glücklich.
Wir beide wackeln im Takt hin und her, wozu ich klatsche, mein Vater weiterhin fährt, bis wir an einer roten Ampel halten, er nun lautstark beginnt zu singen. "Sweet Dreams are made of this, who am I to disagree", brüllt er durch den Wagen, sodass ich schon befürchte, die Menschen draußen rufen gleich einen Arzt. "Was ist", neckt er mich dann, stupst mich von der Seite frech an. "Kennst du denn Text nicht mehr?"
Bei dem herausfordernden Blick des Mannes beginne ich nun auch zu singen, klatsche weiterhin in meine Hände. Im Refrain meint Dad dann: "Du blühst ja richtig auf", und lacht, während ich weiterhin ausdrucksstarke Bewegungen mit meinen Armen vollführe.
Ich lausche einfach nur frei der Musik, dem Rhythmus und den Tönen, genieße es, wie Dad und ich vollkommen laut und ausgelassen hier singen. Bis zum Ende und der nächste Song beginnt, zu dem ich auch immer wild in meinem Kindersitz wackelte.
Manchmal war mein Oberkörper wie versteift, fest angeschnallt, wodurch nur mein Kopf und die kleinen Füße wackelten, Mom immer wieder ihre Chance für lustige Bilder nutzte. Autofahrten waren einfach immer grandios, wenn meine CD lief.
Laut, musikalisch, lustig und niemals langweilig.
Selbst meine Mutter sang häufig mit, obwohl sie nie solch ein großer Fan dieser grölenden Menschen in den Autos war. Sie hielt deren Verhalten für unzügelbar, unsittlich, weswegen sie meistens stumm neben Dad saß. Doch manchmal konnte auch sie sich nicht zurückhalten und klatschte lachend mit in ihre Hände, ließ sich –so wie ich es gerade tue- einfach von der Musik leiten.
"Sweet Dreams are made of this, who am I to disagree, I travel the world and the..."
Vollkommen unbeschwert drehe ich die Lautstärke höher, jodele weiter, tanze auf meinem Sitz und genieße dieses zufriedene, sorgenlose Gefühl, welches die Musik mir schenkt. Für ein paar Momente kann ich wirklich Alles vergessen, was mich bedrückt, unglücklich macht.
Denn mit diesen Liedern verbinde ich nur alte Zeiten, in denen es noch keinen Harry gab, der ständig meine Gedanken beeinflusste. Nur Mom, Dad und ich gab es, die wie Fußballfans ihr Auto zusammenbrüllten.
Zwar liegt diese Zeit schon sehr weit zurück und man möchte von zwei erwachsenen Menschen ein sittliches Verhalten im Straßenverkehr erwarten, jedoch kümmert sich niemand –nicht mein Vater und ich noch weniger- gerade um die Meinung anderer Menschen.
Die Fenster des Wagens sind sowieso verdunkelt, denke ich mir breit grinsend, bei dem Pianosolo über das Armaturenbrett vor mir gleitend, so als würde es gerade live von mir gespielt werden.
DU LIEST GERADE
Small Freaks
Fanfiction"Es fühlt sich an wie sterben!" Honor muss feststellen, dass auch sie sich in den Menschen aus ihrer Umgebung täuschen kann. Doch nicht nur sie schätze Menschen falsch ein, sondern auch Harry, der dadurch wütend wird, beginnt an einigem zu zweifeln...