Können wir ebenfalls unsere Kräfte verlieren, wenn es die Menschen tun, die wir lieben? Können wir ihre Schmerzen spüren, ebenso geschwächt sein?
Ja.
Warum können wir ihnen ihre Schmerzen dann nicht abnehmen, alleine all unsere Kraft verlieren, wenn sie dadurch nur stärker werden?
Wieso?
Für den vor mir liegenden Mann würde ich sofort alles aufgeben, mich an seine Stelle legen, wenn er dadurch glücklich ist, strahlt und keine Qualen erleiden muss.
Mir sagt niemand, ob er leidet oder nicht, es spürt, wenn ich meine Hand auf seine lege, oder nicht. Ich würde es gerne wissen, erfahren, was ich tun muss, damit er sich wohl fühlt, doch erhalte ich keine einzige Antwort, keinen Ton.
Nur das Piepen der Maschine und meine Schluchzer erklingen in dem weißen, kahlen Raum, in dem er so reglos, schlafend liegt.
Die Hand in meiner fühlt sich kalt an. Ein Schauer fließt über meinen Rücken, sorgt für Gänsehaut, wegen dieser unbekannten Kälte.
Harrys Hände sind immer warm, weich und halten einen sicher fest, wollen einen nicht loslassen. Jetzt bemühen sie sich nicht einmal dich anzufassen, liegen ohne ein Zucken auf der Matratze. Es wirkt fast so, als wäre kein Leben in ihnen.
Oft bewegt er sich im Schlaf unruhig hin und her, weil er nie lange auf einer Stelle schlafen kann. Doch er liegt vor mir, ohne sich zu regen, ohne ein Zeichen, dass die Matratze unbequem ist, sein Kissen einmal ausgeschüttelt werden könnte oder er aufstehen will, da sein Po schon wehtut. Nichts kommt, sieht leblos aus.
Das wunderschöne, ruhig schlummernde Gesicht trägt keine Emotion, keinen Ausdruck, nur einen Kratzer über seinem Auge und an seiner Lippe. Um den Schädel wurde ein weißer Verband gebunden, der das schreckliche Bild zusätzlich zu den Schläuchen in seiner Nase, abrundet.
"Sag mir bitte, dass er nur schläft, Niall", wimmere ich flehend, brauche eine Antwort. "Denn er sieht so leblos aus, als sei er tot. Und ich kann ihn nicht verlieren."
"Er schläft nur", versichert der Blonde mir, der seine Hand nun wieder vorsichtig auf meine Schulter legt. "Lausche einfach seinem Herzschlag, Honor."
"Was wenn es plötzlich aussetzt, es konstant durch piept? Das will ich nicht hören, weil es wie ein Dolch in der Brust wirkt."
Bei jedem Mal wenn das Piepen ertönt pocht mein Herz aus Angst stark, da es mit einem Mal einfach nicht mehr aufhören könnte, durchgängig piept und nicht mehr aufhört. Ich erschrecke mich, wenn es nur eine Millisekunde zu lange ertönt.
Es kommt mir vor wie früher in der Schule, wenn man nicht aufgerufen werden wollte und der Lehrer jemanden aufrief, der denselben Anfangsbuchstaben besaß.
Aber diese Situation hier ist eine Millionen Mal schlimmer.
Ich könnte Harry für immer verlieren, wenn ein Strich auf der Maschine erscheint und nie wieder verschwindet.
"Er wird kämpfen!"
"So viel musste er schon durchmachen? Warum kann es nicht irgendwann aufhören?", frage ich weinend, fest die Hand umschlingend, von der ich keine Reaktion erhalte. "Warum kann er nicht meine Hand drücken, nur als Signal, dass er kämpft?"
"Hat er je aufgegeben?"
Kopfschüttelnd schluchze ich, rücke dichter an Harry.
Sein Körper wurde in eines dieser Krankenhaushemden gekleidet. Die Haare hängen wild durcheinander auf seinem Kopf und die Kratzer in seinem Gesicht wurden versorgt. Der über seinem Augen sogar leicht genäht. Sein Handrücken besteht aus Schrammen und blauen Flecken.
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Small Freaks
Fiksi Penggemar"Es fühlt sich an wie sterben!" Honor muss feststellen, dass auch sie sich in den Menschen aus ihrer Umgebung täuschen kann. Doch nicht nur sie schätze Menschen falsch ein, sondern auch Harry, der dadurch wütend wird, beginnt an einigem zu zweifeln...