Hektisch, fast schon sprintend bahne ich mir einen Weg durch die Menschenmassen, muss dabei immer wieder meinen Rucksack richten, da er mir sonst von der Schulter fallen würde, auf der er sehr grenzwertig hängt. Schnaufend rempele ich einen der jüngeren Studenten weg, entschuldige mich nur kurz, ehe ich wieder nach vorne schaue und weiter renne.
"Chapel, warte doch mal?"
Du bist so dumm gewesen, Honor, meckere ich mit mir selber. So verdammt dumm!
Diese Erkenntnis erlangte ich bereits am Wochenende und dies nicht gerade sachte. Schmerzhaft traf mich die Realität, wie bescheuert meine Idee war. Und dabei war es nur ein Versuch, ihn endlich zu vergessen.
Ein kläglicher Versuch, der dafür sorgte, dass ich nun vor dem aufdringlichen Jungen weglaufe, mich viele Menschen verwirrt verfolgen, während der Kerl mir nachruft, was er nicht gerade unauffällig tut.
"Honor!"
Die Stimme klingt grauenhaft in meinen Ohren, wie der alte Motor von einem Auto, dass zwei Jahre lang nicht gefahren wurde. Mir gefällt, dieser Ton, nicht und sein komischer Akzent, den eigentlich alle anderen Mädchen vergöttern, da er so sexy klingt.
Auch wenn meine Beine schmerzen, laufe ich weiter. Auch wenn die Gefahr besteht, dass ich wegen dem offenen Schnürsenkel an meinem linken Fuß falle, haste ich weiter durch die Gänge. Auch wenn einige mich für verrückt halten, da ich vor einem gut aussehenden, beliebten Jungen der Uni weglaufe, schubse ich sie trotzdem zur Seite, um vor ihm weg zu kommen.
Meine einzige Hoffnung ist das Mädchenklo, dessen Tür ich nun schon von Weiten erkennen kann. Ein paar Meter noch, dann erreiche ich es, kann rein flüchten. Mathematik sehe ich als eines der schlimmsten Fächer dieser Einrichtung an.
Vor allem, da er sich dann für eine ganze dreiviertel Stunde mit mir in ein und demselben Raum befindet, die selbe Luft atmet. Mir kommt es immer so vor, dass sein Blick die gesamte Stunde über auf mir liegt, er mich beobachtet, was ich tue, mit wem ich rede und weitere Dinge.
Doch wenn ich mich dann umdrehe, sieht er starr an die Tafel, welche der Professor mit Formeln und Gleichungen vollschmierte.
Wir tauschten schon lange keine Blicke mehr aus, geschweige denn ein Wort. Wenn ich ihm begegne, was so gut wie nie geschieht, dann blickt er weg. Wenn ich rede, ist er derjenige im Raum, der mir nicht zuhört, der lieber mit Charlotte quatscht, die ihre Kurse wechselte. Wegen ihm.
Ich bin mir nicht sicher, ob sie mich ersetzte, oder ich nur ein temporärer Ersatz für sie war, jedoch hört man Gerüchte und diese können einen verletzen.
"Chapel!", ruft mir der Kerl erneut hinterher, als meine Tür endlich den Türknauf des Mädchenklos umschlingt und umdrehen will.
"Mist!" Voller Verzweiflung rüttele ich an dem Knauf, drehe und drücke, worauf sich die Tür vor mir aber nicht öffnen will. So wie ich voller Energie lief, kämpfe ich nun darum, Einlass zu erhalten, bis mir ein Schild neben der Tür auffällt.
Wegen verstopfter Toilette vorübergehend gesperrt.
Wieso muss mir so etwas passieren?
Schnell drehe ich mich um, erkenne, wie sich der Mann mir immer mehr nähert, ein Grinsen auf den Lippen bekommt, da er bemerkt, dass ich nicht weg kann und weiß, dass er mich jetzt, egal ob ich loslaufe oder nicht, und egal wie schnell meine Beine mich tragen, einholen und schnappen wird.
"Ganz ruhig", meine ich zu mir selber. Tief Luft holend richte ich meinen Rucksack, wische eine Strähne aus meinem Gesicht, tippe gleichzeitig von einem Fuß auf den anderen, nervös auf ein Wunder hoffend.
DU LIEST GERADE
Small Freaks
Fanfiction"Es fühlt sich an wie sterben!" Honor muss feststellen, dass auch sie sich in den Menschen aus ihrer Umgebung täuschen kann. Doch nicht nur sie schätze Menschen falsch ein, sondern auch Harry, der dadurch wütend wird, beginnt an einigem zu zweifeln...