242-eine Fliege als Nashorn

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Besorgt beuge ich mich zurück in den Wagen, aus dem ich gerade gestiegen bin, reiche dem Mann mit dem Verband meine Hand, damit ihm das Aussteigen leichter fällt. "Geht es?", erkundige ich mich, musternd den Verband betrachtend. "Oder, soll ich was machen?"

"Und was willst du machen?", feixt Harry. "Baby, du kannst da nichts gegen machen. Die Schmerzen halte ich aus."

Seufzend nickend, wohl mit dieser Antwort einverstanden sein müssen, lasse ich die Autotür zufallen, folge meinem Dad und Harry rein ins Haus. Wie ein Schock trifft es mich, als ich die Handtasche meiner Großmutter im Flur stehen sehe, mir wieder einfällt, dass wir nicht einfach jetzt in mein Zimmer können und uns entspannen.

Meine Großeltern wollten uns ja besuchen, sehen, darüber ausfragen, wie es in der Uni läuft und -ich darf es nicht vergessen- mit den Kindern.

"Das größere Problem wird deine Grandma sein", raunt Harry mir zu, während er sich gleichzeitig die Turnschuhe von den Füßen kickt. "Glaubst du, sie wird es mir abnehmen, wenn ich behaupte, der Arzt hat mir Enthaltsamkeit verordnet?"

Mir wird keine Chance einer Antwort gelassen, da Grandma freudig, die Arme weit geöffnet in den Flur tritt und uns mit "Da seid ihr ja endlich", begrüßt, worauf ich unwohl zu Harry blicke.

In eine enge Umarmung zieht die Frau mich, küsst meine Wange sehr feucht, weswegen ich später mit meiner Handfläche rüber wische, sie sozusagen zu dem Lockenkopf schubse, der Grandpas Hand gerade schüttelte. "Freut mich auch Sie wiederzusehen, Sir", begrüßt er den alten Mann, welcher ein breites, glückliches Lächeln besitzt.

"Grandpa", freue ich mich, renne hektisch auf ihn zu. "Erzähl mir, wie läuft es im Kindergarten, wurden alle Kosten bezahlt, wann kann ich ihn mir ansehen?"

All diese und noch weitere Dinge interessieren mich brennend. Unbedingt möchte ich erfahren, wie alles nach mehr als einem halben Jahr nun aussieht, nachdem Louis für solch eine große Zerstörung sorgte. Nur, weil er sich an Harry rächen wollte, was ich weiterhin für krank halte.

Warum treffen wir eigentlich immer auf Menschen, die irgendwie krank sind?

Zumindest Leonard und Louis, die unserer Beziehung schaden wollen, sie brechen, weswegen Harry und ich durch so viel durchgehen müssen. Wieso?

"Das erzähl ich dir alles, wenn wir in der Küche sitzen und ihr mir erzählt habt, was der junge Mann hier mit seiner Hand angestellt hat", lacht Grandpa, nach meiner Hand greifend und mich in die Küche ziehend.

Lächelnd taumele ich ihm hinterher, Harry noch an seiner Hand packend und mitschleifend. Somit gehe ich gleichzeitig sicher, dass er neben mir sitzt, die Blicke später nicht nur auf mich gerichtet sein werden -sondern uns beide.

Der Tisch in der Küche wurde von meiner Mom mit Blumen und einer Tischdecke, dem teuren Geschirr und einem bunten Kuchen geschmückt, auf dem Kerzen brennen. Das Geschirr, welches sie und Dad in Italien kauften, besitzt kleine Verzierung die von Blumen umrankt werden. Die Tassen tragen dasselbe Bild, doch zusätzlich noch einen goldenen Rand. Die Sammlung mag nicht mehr, auf Grund meiner Tollpatschigkeit, vollständig sein, jedoch holt meine Mutter sie jedes Mal wenn wir Besuch bekommen raus.

Über dem bunten Teig des Kuchens befindet sich eine Schokoglasur, welche noch von kleinen Sahnehäupchen geschmückt wird und einen anlockt. Kaffee und Milch befinden sich in den Porzellankannen auf dem Holztisch, an dem wir nun alle Platz nehmen.

Dad und Mom sitzen nebeneinander mir und Harry gegenüber, mit dem ich mich auf die Bank zwänge, während Grandma und Opa jeweils an einem Ende des Tisches sich setzen.

"Also erzählt mal", beginnt der ältere Mann, aufmerksam in seinem Kaffee, welchen Mom ihm mit einem Lächeln einfüllte, rührend und einen Arm auf den Tisch gelegt. "Warum trägt Harry den Verband?"

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