Harry drückt mich fest an seine Brust und bringt mich schnaubend aus dem Haus, weg von der lauten Musik, die in meinem alkoholisierten Hirn schmerzhaft dröhnt. Alles hört sich ein wenig, wie afrikanische Trommeln gemischt mit Mallorcagebrülle an.
Wie ein nasser Sack hänge ich auf den starken, tättowierten Armen, murmele irgendwas gegen den schwarzen Stoff von Harrys Shirt. Manchmal bemerke ich seine Blicke auf mir und manchmal stelle ich sie mir einfach nur vor, weswegen nach einer Weile meine Augen verwirrt zu fallen, ich mich mehr auf die Geräusche um mich herum konzentriere.
Was gar keine gute Idee ist.
Jetzt fühle ich mich, wie auf einem schwankenden Schiff, bekomme ein Gefühl der Übelkeit, verliere meine Orientierung. Alles dreht sich und bei dem Hupen eines Autos bekomme ich so große Angst, dass ich erschrocken zappele, meine Augen hektisch aufreiße.
"Du bist so zu gedröhnt", stellt der Lockenkopf etwas fest, was ich selber ja noch gar nicht mitbekommen habe.
"Kannscht du misch wieder runter lassen?", bitte ich ihn flehend, wackele mit meinen Füßen, bis diese wieder den Boden berühren.
Schwankend will ich einen Schritt nach vorne setzen, werde jedoch von Harry aufgehalten, der nach meinem Arm greift, den er über seine Schultern legt und mich somit stützt. "Bereust du es wenigstens schon, Honor?"
Er erhält keine Antwort von mir, sondern ein vor Übelkeit verzogenes Gesicht. Vielleicht tut es mir wirklich schon etwas leid, dass ich nicht widerstehen konnte und so doof war, mich zu betrinken, doch bin ich zu weggetreten.
"Du warst auch schon betrunken und ich musste mich um disch kümmern. Also hör auf zu meckern", lalle ich warnend an Harry, wackele dabei mit meinem Zeigefinger vor unseren Körpern umher.
"Ich verstehe dich echt nicht, Honor", seufzt er, zieht meinen Arm auf seiner Schulter nach, weil ich schon sehr tief hänge. "Wirklich. Du kannst dich doch nicht nur so voll laufen lassen haben, nur weil wir uns streiten und ich was gesagt habe."
"Warum willst du mich kennen?", entgegne ich.
"Was?"
"Du kennst mich doch gar nicht mehr, Arry." Scheiße, mein Kopf dreht sich so schnell, dass ich einen Fuß zu weit über den anderen setze und fast, mein Kinn voran, auf den Steinboden falle. "Woher willst du wissen, was mich bedrückt und wieso ich trinke?"
"Offensichtlich", murmelt er.
Meine Beine schmerzen und können sich kaum richtig vorwärts bewegen. Meine Augen verdrehen sich ständig, schauen in die falsche Richtung und mein Magen kann mit dieser Unkoordination nicht umgehen. Und dann mit einem Mal, löse ich mich hastig von Harry, renne torkelnd zu dem nächstbesten Busch, in dem ich die Nudeln meiner Grandma verschütte.
"Scheiße!"
"Da hast du Recht", stimmt der Lockenkopf mir vorwerfend zu, trotzdem verwundert darüber, dass ich und nicht er fluche. "Dein Körper reagiert echt scheiße auf Alkohol, weil du noch nie welchen getrunken hast und dann beim ersten Mal so eine große Menge", erklärt er mir, meine Haare zurückhaltend und sanft unter meinen Bauch fahrend, damit ich nicht kopfüber nach vorne in die eklige Pampe falle.
"Bestimmt denkst du dir, dass ich es verdiene", maule ich, wische mit meinem Handrücken angewidert über meinen Mund, was ich dann an einem Blatt des Busches abschmiere.
"Tue ich nicht, aber das spielt jetzt keine Rolle", meint Harry. "Morgen erinnerst du dich sowieso wahrscheinlich nicht mehr an meine Worte."
"Werden wir sehen", warne ich ihn.
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Small Freaks
Fanfiction"Es fühlt sich an wie sterben!" Honor muss feststellen, dass auch sie sich in den Menschen aus ihrer Umgebung täuschen kann. Doch nicht nur sie schätze Menschen falsch ein, sondern auch Harry, der dadurch wütend wird, beginnt an einigem zu zweifeln...