Kapitel 110 (245) Privatlehrer & Bolschoi und Liebe! Teil I

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Donnerstagmorgen, gegen 8:00 Uhr, 19.1.
Russland, Sankt Petersburg
In dem herrschaftlichen Anwesen von Wladimir Fjodorowitsch Stoijov-Kovoijky

Privatlehrer

Selbst wenn schon Donnerstag war und die Woche somit beinahe vorbei, wartete Cevin brav und so diszipliniert wie er konnte auf den Lehrer den Wladimir ihm extra besorgt hatte, damit er nicht zu viel verpasste und vor allem auch, damit ihm die Decke nicht auf den Kopf fiel. Denn selbst das Rausgehen in den Garten – was er heute schon drei Mal getan hatte – half nichts mehr dagegen, dass er fast den Verstand verlor, nur, weil Nikolaij heute den ersten Tag nicht mehr bei ihm war. Sie hatten gestern, zugegeben, einen wunderschönen Abend gehabt und im Allgemeinen waren die ersten drei Tage hier sehr schön gewesen. Sie hatten gekuschelt, gespielt, Filme geschaut, sich geschminkt und Kuss-Abdrücke am Körper des Partners hinterlassen, ein Auto gekauft, eine Spritztour gemacht und er hatte Autofahren dürfen. 

Die ersten Tage waren zwar aufregend aber tatsächlich entspannter gewesen als sie anfangs angenommen hatten. Wladimir hatte sie so lange und so gut es ging aus den Problemen raus gehalten, doch jetzt mussten sie beide tapfer sein. Er hier alleine und Nikolaij draußen, bei Casey, in heterosexueller Manier. Und sie beide durften dabei nicht die Nerven verlieren. Das würde schwierig werden.

Er sah sich wieder um.

Es war nicht so, dass er im Dorf bei James sonderlich oft raus ging und stundenlang wanderte, oder im Wald herumspukte. Aber er ging wenigstens täglich raus, zur Schule, oder in den Garten. Außerdem fühlte er sich in James Haus einfach freier.

Nur die nette, kleine Spritztour vor zwei Tagen hatte wirklich gut getan. Dienstag war ein aufregender Tag gewesen: Er hatte ein bisschen was von Sankt Petersburg gesehen, war in einem Bugatti gefahren und hatte einen Koloss von SUV gesteuert. Das hatte er gestern, als Steve kurz seinen Zwilling per Videochat angerufen hatte, Roben erzählt und dieser hatte lachend gemeint, er würde ihn dennoch nicht mit seinem Hummer fahren lassen. Nikolaij hatte daraufhin damit gekontert, dass so viel Ehre seinem Wagen sowieso zu viel wäre.

In diesen kurzen zwanzig Minuten hatte er sich auch ausgelassen gefühlt. Seine Brüder zu sehen und mit ihnen zu lachen und dem blödsinnigen Mächtewettstreit zwischen Roben und Nikolaij zu lauschen hatte ihn amüsiert. Benjamin und er lachten gerne über ihre Freunde, wenn sie einmal mehr 'Wer hat den Längeren?' spielten, ohne jemals auf dieses Thema per se zu kommen. Was sie auch wohl nie tun würden, was Cevin allerdings nur Recht war. Nikolaij war hervorragend. Er schmunzelte. Aber sobald ihm klar wurde, dass er immer noch im russischen Wohnzimmer der Mafia-Familie seines Verlobten saß und nicht wieder zwischen all seinen Brüdern, kam die Beklemmung wieder in ihm hoch. Allerdings hatte das nichts mit der Mafia zu tun.

Obwohl er Wladimir zu Gute halten musste, dass er sich sehr viel Mühe um ihn gab und ihn seit heute Morgen durchgehend beschäftigte, so dass er weder zum viel Nachdenken, noch zum spontanen Langweilen kam.

Seit heute Morgen - gegen halb Sieben - war Nikolaij mit Casey weg, er hatte sie zur Schule gebracht, wegen dem Scheißartikel der bescheuerten Arschpresse, damit falls doch noch irgendwo ein Spitzel saß dieser sah, dass Nikolaij sich auch mit Mädchen umgab. Zu Mittag würde er mit Casey Essen gehen, Nachmittag würde er sie auch wieder von der Schule abholen. Weswegen sich sein Freund heute beinahe sechs Stunden damit herumschlagen würde Auto zu Fahren.

Cevin war nur ehrlich froh, dass er nicht mit ihr im Bugatti fuhr, sondern mit einem SUV seines Vaters. Nicht, weil Cevin fürchtete sie würden einen Unfall bauen, was er nicht glaubte, weil Nikolaij ein gewissenhafter Fahrer war und wieder zu ihm zurückkommen wollte. Sondern, weil er eifersüchtig werden würde, würde Casey auf seinem Beifahrersitz neben seinem Verlobten in dem Wagen sitzen, den sie gemeinsam ausgesucht und Probe gefahren hatten.

Russisches Ballett [BoyxBoy] Band IIWo Geschichten leben. Entdecke jetzt