Montagabend, 23.1.
Russland, Sankt Petersburg
In Wladimir Kovoijkys Anwesen
Irgendetwas zwischen 'Freunde' und 'Bekannte'..."Casey. Weißt du eigentlich, was dein werter Freund so treibt, wenn er alleine draußen unterwegs ist?", fragte ihr Vater.
"Nein", sagte sie gelangweilt.
"Er trifft sehr viele, und ich meine: sehr viele, andere Frauen. Casey. Jeden Tag!"
"Und?", fragte sie.
Normalweise würde es ihr leid tun so mit ihrem Vater zu sprechen, doch nur wegen ihm saß sie hier fest. Zusammen mit dem Jungen den sie einmal geliebt hatte, dem Jungen der sie deswegen nicht mochte und dem Jungen der sie mehr als nur gernhatte.
Und sie war mehr als nur unzufrieden mit all dem Scheiß hier.
"Wie 'und'?", wurde ihr Vater beinahe hysterisch.
"Was soll ich dagegen jetzt machen?", fragte sie gedehnt.
"Das kannst du nicht auf dir sitzen lassen. Wenn du dir schon einen dergleichen anlachen musst, weil du mich eindeutig bestrafen willst, dann lass dich doch wenigstens nicht so respektlos behandeln", sagte er mit etwas zu hoher Stimme.
Irgendwie tat er ihr leid.
Es war seltsam. Sie war noch böse auf ihn und hatte ihm auch noch nicht wirklich vergeben. Sie hatten sich nicht ausgesprochen und das war spürbar in ihrem Telefonat. Doch sie merkte auch, dass es ihrem Vater die Welt bedeutete, dass sie mit ihm sprach, auch, wenn er in ihren Augen immer noch ein Sünder war und das so lange bis sie ihm vergab. Das konnte noch etwas dauern, denn noch war sie nicht bereit dazu. Aber sie würde es tun, das wusste sie und er wusste es auch, aber er war in der unguten Situation nicht zu wissen wann es so weit war, denn er wagte auch nicht zu fragen wie erbost sie noch wegen dieser Nikolaij-Sache auf ihn war. Die Antwort würde ihm aber auch nicht gefallen. Außerdem würde er niemals um Vergebung bitten.
Allerdings konnte sie auch nicht gerade behaupten ihm momentan zu trauen. Wladimir hatte ihr gesagt, was ihr Vater eigentlich getan hatte. Er hatte Nikolaij nicht an die Presse verkauft, sondern ein Freund von ihm, der bei der Presse arbeitete hatte ihn darüber informiert, dass die Presse einen Skandal aufdecken wollte, von dem sie gar nicht wusste, ob er echt war. Daraufhin hatte ihr Vater seinen Pastoralassistenten zum Spion gemacht und ihn den Pressespion bespitzeln lassen. Aber dabei hätte er all diese Infos einfach an Nikolaijs Vater weiterleiten sollen, statt Wladimir so beweisen zu wollen, dass er über den Schock von Nikolaijs tatsächlicher Homosexualität hinweg war. Denn eigentlich ging ihn das gar nichts an. Es ging maximal Casey noch etwas an und nicht einmal sie hatte ein recht zu behaupten, dass Nikolaij ihr schuldig gewesen wäre sich vor ihr zu outen.
Sie traute ihrem Vater aber nicht deswegen nicht, sondern weil er sie ausgeschlossen hatte, aus einem Problem ihres besten Freundes, statt es ihr zu sagen hatte er sie ins Internat zurückgeschickt. Sie hätte Nikolaij warnen können, warnen sollen, aber ihr Vater hatte ihr dafür die Gelegenheit verwehrt.
"Ja, ich rede mit ihm Vater", sagte sie halbherzig um ihn zu beruhigen. Doch, dass das natürlich nicht funktionieren würde war ihr auch klar.
Sie wusste, dass sie etwas besser lügen und schauspielern müsste, damit er ihr langfristig glaubte, dass sie mit Refil zusammen war, damit er sich ärgerte.
Doch sie hatte schlicht und ergreifend selber keine Lust auf all die Scharaden.
Sie tat das alles nur, weil es eine Idee von Wladimir und Nikolaij gewesen war, die sie irgendwie witzig gefunden hatte. Nur damit ihr Vater sich ein für alle Male merkte, dass er sich aus dem Leben der Kovoijkys rauszuhalten hatte. Er hatte absolut keine Befugnis auch nur irgendetwas zu wollen. Nikolaij und sie wurden kein Paar, er hatte ihr das Herz angekratzt. Okay. Aber es war nicht gebrochen. Sie waren immer noch irgendwas zwischen 'Freunde' und 'Bekannte'. Und sie und Refil dürften ein ähnliches Verhältnis zueinander pflegen. Nur, dass es sich hier andersrum verhielt. Sie wollte nichts und er wollte alles.
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Russisches Ballett [BoyxBoy] Band II
RomanceDas kleine Dorf mit etwas mehr als 500 Einwohnern strotzt nur so vor Nationalitäten und Religionen. Engländer/Schotten, Iren, Amerikaner, Russen und Franzosen mischen sich mit den Einheimischen. Und so unterschiedlich wie die Nationen und Namen sin...