Als ich aufwachte, schien draußen die Sonne. Ein Blick auf die Uhr verriet mir, dass es halb elf Uhr morgens war. Also noch früh... Ich streckte mich und gähnte herzhaft. Es tat so gut, nach einer kurzen Nacht lange schlafen zu können. Ich war froh, dass nichts passiert war. Kein erneuter Einbruch, keine Anzeichen für einen Stalker. Wer auch immer das war, wollte mir anscheinend nichts tun. Die Möglichkeit hätte er oder sie schließlich gehabt. Ich war allein, schutzlos, nicht mal zu Hause. Ich schaltete mein Handy ein, um Benno und Freddy eine Nachricht zu schreiben, dass es mir gut ging und nichts passiert ist. Doch als ich WhatsApp öffnete, änderte sich das schlagartig. Eine fremde Nummer hatte mir Bilder gesendet. Als ich sie öffnete, gefror mir das Blut in den Adern. Es waren Bilder von mir, wie ich schlafend im Bett dieses Hotelzimmers lag. Jemand war doch hier gewesen. Und dieser jemand hatte mich fotografiert! Ich konnte nicht mehr klar denken. Wieso habe ich das nicht gemerkt? Freddy hatte Recht, ich hätte niemals gehen dürfen. Aber der Stalker war bei ihm, und das wegen mir. Ich hätte nicht einfach dableiben können. Ich fuhr mir durch die fettigen Haare. Ich habe seit zwei Tagen nicht mehr geduscht! Aber um ehrlich zu sein, war mir auch nicht nach duschen. Was sollte ich tun? Freddy wird mir den Hals umdrehen! Und Benno gleich mit. Sie hatten Recht, das war eine dumme Idee. Aber ich hab es doch nur getan, weil ich so große Schuldgefühle hatte. Wegen mir wurde bei Freddy eingebrochen, verdammt! Ich starrte auf das, mittlerweile schwarze, Display. Zu wem konnte ich noch gehen? Wen würde ich als nächstes gefährden? Wie lange dauerte es, bis mir oder Lilly oder Benno oder sonst wem etwas passierte? Benno wollte so oder so vorbeikommen, ich musste es ihm erzählen. Ich spürte, wie ich zitterte. Und was, wenn ich es ihm einfach verheimlichte? Ich betrachtete mein Spiegelbild in der Fensterscheibe. Netter Versuch Carlo. Er wird es merken. Er wird merken, dass mit dir etwas nicht stimmt. Er wird dich zur Rede stellen. Und du wirst nicht stark genug sein, um es zu leugnen. Um deine Angst zu überspielen. Um so zu tun, als wäre alles in Ordnung. Denn das war es nicht. Nichts war in Ordnung! Und das wussten wir alle...