,,Wie soll ich das jetzt Carlo erklären?" Verzweifelt nahm ich den Schwangerschaftstest in die Hand, nur um ganz sicher zu gehen. Schwanger. Immer noch. ,,Sag es ihm einfach nicht." meinte Lisa nur, aber ich schüttelte traurig den Kopf. ,,Er wird das merken. Er reagiert immer so empfindlich, wenn ich das Thema Kinder anspreche. Außerdem... das sieht man doch irgendwann." ,,Und... abtreiben?" ,,Vergiss es! Ich würde es nie in Betracht ziehen, ein Kind abzutreiben, nicht mal dann wenn ich vergewaltigt wurde!" ,,Also... du behälst das Kind?" Ich seufzte. ,,Ja." ,,Selbst wenn es bedeuten würde, dass ihr nicht mehr zusammen seid?" Ich nickte. ,,Ich wollte immer eine Familie. Und wenn Carlo was dagegen hat, ist das nicht mein Problem." sagte ich sicherer, als ich in Wirklichkeit war. Im Gegenteil, ich war verunsichert und hatte Angst. Aber das würde ich nie zugeben. Dennoch war es hart für mich. War ich wirklich bereit für eine Schwangerschaft? Konnte ich wirklich ein Kind großziehen? Lisa legte eine Hand auf meine Schulter. ,,Egal was kommt, ich werde dich immer unterstützen." sagte sie ernst. Ich lächelte sie dankbar an und umarmte sie fest. ,,Danke." sagte ich leise. ,,Wenn du magst kannst du hier übernachten." bot Lisa an, aber ich lehnte ab. ,,Danke, aber meine Nichte ist bei uns und ich will Carlo nicht so lange mit ihr alleine lassen."
Mit einem mulmigen Gefühl fuhr ich also wieder nach Hause. Wann werde ich es ihm sagen? Und wie? Wie wird er reagieren? Ich stieg aus dem Auto und schloss die Haustür auf. ,,Bin wieder da!" rief ich und zog mir Schuhe und Jacke aus. ,,Wo warst du so lange?" fragte Carlo, der plötzlich mit verschränkten Armen im Flur stand. ,,Bei meiner besten Freundin. Hab ich dir das nicht gesagt?" ,,So lange?" erwiderte er. Wir hatten mittlerweile schon 19 Uhr. Ich zuckte nur mit den Schultern. ,,Wo ist Lizzi?" ,,Ich hab sie vor den Fernseher gesetzt. 'Das Sandmännchen' kommt gerade." Ich ging an ihm vorbei, doch er hielt mich am Arm fest. ,,Ist das dein Ernst? Ist dir deine scheiß Nichte gerade wichtiger als ich?" enttäuscht sah er mich an. ,,Was ist los mit dir?" ,,Wieso mit mir? Was ist mit dir los?" fuhr ich ihn an. ,,Erst willst du immer wissen, wo ich gerade bin, redest über meine 3-jährige Nichte als wäre sie das abstoßenste Wesen der Welt und hälst mich so fest, dass es wehtut." Schnell ließ er mich los. ,,Du vertraust mir anscheinend nicht mehr. Also was zum Teufel ist mit dir los?!" ,,Ich hab einfach das Gefühl, du gehst mir aus dem Weg." ,,Grund genug hätte ich schließlich. Entschuldige wenn ich auch mal Zeit für mich brauche. Es dreht sich nicht immer alles nur um dich!" Lange sah er mich an. Dann drehte er sich um und ging. Doch ich war lange noch nicht fertig mit ihm. ,,Bleib gefälligst stehen wenn ich dich anmecker!" rief ich und folgte ihm. ,,Du kannst nicht einfach so vor deinen Problemen davon laufen, schon gar nicht wenn ich dein Problem bin. Also hör mir gefälligst zu! Wenn du nicht mit mir oder deinem Leben klar komnst, dann lass dir verdammt noch mal helfen!" ,,Du hast doch keine Ahnung!" schrie er plötzlich, sodass sich Lizzi ängstlich zu uns umdrehte. ,,Ich brauche dich gerade vielleicht mehr als deine blöde Freundin!" ,,Wenn du mich brauchen würdest, würdest du mich nicht so anschreien!" ,,Na immer noch besser als dir aus dem Weg zu gehen!" Ich spürte, wie ich ein Lachen unterdrücken musste. Ja, das Thema war ernst. Aber wie konnte ich bitte ernst bleiben, wenn im Hintergrund die Musik vom Sandmännchen lief? ,,Weißt du was, warum rede ich überhaupt noch mit dir?" verletzt sah er auf den Boden. ,,Carlo, warte! Tut mir leid, das war nicht so gemeint. Ich musste einfach lachen wegen dem Lied. Das hat nichts mit dir zu tun. Lass uns... Lass uns das erst mal vergessen und später in Ruhe darüber reden. Okay?" Er schüttelte nur den Kopf. ,,Du kannst mich mal." Dann ging er nach oben. ,,Warte! Wo willst du hin?" ,,Ich geh schlafen." ,,Jetzt schon?" ,,Ja? Oder darf ich jetzt nicht mal mehr müde sein?!" ,,Carlo..." ,,Nichts Carlo! Du brauchst jetzt gar nicht wieder bei mir anzukommen! Und die Nacht kannst du auch auf dem Sofa verbringen!" Dann knallte er mir die Tür vor der Nase zu. Verletzt ging ich langsam runter. ,,Tut mir leid." sagte ich leise zu Lizzi. ,,Ist schon gut. Mama und Papa diskutieren auch immer so laut." Ich brachte sie noch ins Bett und setzte mich dann einsam auf die Treppe.