Kurz darauf saßen wir am Wohnzimmertisch. Carlo hatte sich mittlerweile ein Shirt übergezogen. Wir saßen vor zwei Tassen Tee, selbstverständlich von Carlo gekocht, und starrten ein wenig verlegen vor uns hin. Ich entschied, den Anfang zu machen. „Tut mir leid, dass ich überreagiert habe. Ich dachte nur... Du hast so empfindlich auf das Thema reagiert, dass ich dachte du würdest Schluss machen oder mich zu einer Abtreibung zwingen." sagte ich, ohne ihn anzusehen. Er seufzte. „Ich hab nichts gegen Kinder." stieß er hervor. „Ich liebe Kinder! Und wenn ich Lizzi so sehe... natürlich stelle ich mir manchmal vor, dass sie unsere Tochter wäre." „Echt?" Überrascht sah ich ihn an. Er nickte. „Ich hätte auch schon früher Kinder haben wollen, nur... Ich kann nicht." Ich nickte. „Ich weiß. Wegen deiner Arbeit ist das..." „Es ist nicht wegen meiner Arbeit." unterbrach er mich. „Nicht nur." Ich wusste nicht, was ich antworten sollte. „Es ist wegen... meiner Ex." Ich legte den Kopf schief und runzelte die Stirn. „Deiner Ex?" wiederholte ich ungläubig. Er fuhr sich durch die Haare. „Ja. Ich weiß, das klingt ziemlich bescheuert. Es ist nur so... Amanda und ich wollten damals unbedingt eine eigene Familie gründen. Wir haben es versucht, bis sie schwanger wurde. Ich war glücklich mit ihr und dachte, alles sei perfekt. Aber dann... Dann wurde alles zerstört." Traurig sah er in die Tasse. Ich schluckte. „Was ist passiert?" fragte ich vorsichtig. „Naja... Es war der 29.05.2015. Es sollte ein Junge werden und der schönste Tag meines Lebens noch dazu. Aber dazu kam es nie..." Ich merkte, wie er mit den Tränen kämpfte. „Es... Es wurde eine Fehlgeburt." Er verlor den Kampf und kurz darauf fiel die erste Träne auf die Tischplatte. Erschrocken sah ich ihn an. „Kurz darauf ging auch unsere Beziehung kaputt. Wusstest du, dass ca. 80% der Beziehungen nach dem Tod des gemeinsamen Kindes scheitern? Sogar Ehen gehen in die Brüche deswegen!" Ich schüttelte nur stumm den Kopf. „Danach... Keine Ahnung... Ich habe mich lange Zeit einfach nur leer gefühlt. Er... Er wäre jetzt genauso alt wie Lizzi." Er versuchte ein Lächeln. Ich ging auf ihn zu und umarmte ihn von hinten. „Tut mir leid." flüsterte ich. „Das mit deinem Sohn und Amanda..." Er fuhr sich über das Gesicht. „Schon gut. Es ist ja auch nicht so, dass ich keine Kinder will, nur... Ich kann das einfach nicht mehr. Es fühlt sich falsch an und ich habe Angst davor, dass es mir noch einmal passiert. Aber wenn du das Kind behalten willst, dann... dann ist das okay für mich. Eine zweite Chance ist schließlich das beste was mir passieren konnte... oder?" Zweifelnd sah er auf. Ich fuhr ihm über den Rücken. „Danke dass du es mir gesagt hast." sagte ich leise. „Ich weiß, dass es nicht leicht für dich ist und weiß es deshalb sehr zu schätzen. Danke, dass du es noch einmal versuchen willst." Jetzt legte sich wieder ein Lächeln über seine Lippen. „Komm her." sagte er und zog mich auf seinen Schoß. „Ich liebe dich." flüsterte er leise. Ich spürte, wie mein Herz schlug. „Ich liebe dich doch auch." sagte ich leise und schloss die Augen...