,,Brauchst du Feuer?" fragte ich, doch er schüttelte nur den Kopf. ,,Hannah sieht es nicht gern, wenn jemand raucht. Das bin ich ihr schuldig..." Unauffällig ließ ich die Malboro-Packung wieder zurück in meine Tasche sinken. ,,Ich hab mich so scheiße verhalten die letzte Zeit. Alles war gut zwischen uns, aber dann... Ich weiß auch nicht, ich brauchte Abstand. Ich wollte weg von ihr. Hätte ich ihr doch einfach die Wahrheit gesagt..." ,,Die Wahrheit?" ,,Egal was ich tue, egal mit welchen Mädchen ich mich treffe... Ich komme einfach nicht über sie hinweg. Ich kann sie nicht vergessen. Ich kann einfach nicht aufhören, sie zu lieben." Mit glasigen Augen sah er mich an. ,,Warum bin ich so? Warum kann ich ihr nicht einfach ein guter Freund sein? Jetzt ist es zu spät..." ,,Du hast also nie damit aufgehört, hm?" ,,Nein, nie so richtig. Ich meine, mit jemandem den man mal geliebt hat, kann man nie wieder normal befreundet sein, aber... dass ich mich so schwer damit tue, hätte ich nicht für möglich gehalten." ,,Warum hast du es ihr nie gesagt?" ,,Weil es mir peinlich ist. Ihre Reaktionen darauf waren immer so negativ, ich hab es mich einfach nicht mehr getraut. Jetzt spielt es doch eh keine Rolle mehr." ,,Hey, sie wird wieder." ,,Hast du die Ärztin nicht gehört? Sie könnte jeden fucking Moment sterben, vielleicht sogar jetzt!" ,,Hör auf damit. Sie wird es schaffen. Sie hat schon so oft überlebt." ,,Du hast doch selbst gesagt, dass jetzt alles anders ist. So schlimm war es noch nie!" Ich dachte an die Nacht zurück, in der wir von ihrer Krankheit erfahren haben. Damals war es auch schlimm. ,,Es musste so kommen. Eines Tages wird sie sterben, das wussten wir alle. Und jetzt ist es scheinbar so weit." ,,Wie kannst du nur so gelassen sein?" rief er. ,,Du hast keine Ahnung, was für Schuldgefühle ich habe! Ich war nie für sie da, sie hat ein überwiegend schlechtes Bild von mir und ich werde wahrscheinlich nie die Chance haben, das wieder zu ändern! Sie ist deine Schwester, warum juckt dich das nicht?" ,,Natürlich geht mir das nahe, aber was soll ich machen? Weißt du, wie lange ich mich auf heute vorbereitet habe? Wie lange ich an heute gedacht habe? Daran, dass sie nicht mehr lange hier sein wird? Was glaubst du, warum ich sie damals mit zur Krone genommen habe?! Ich hatte einfach viel Zeit damit abzuschließen und ja, es ist hart für mich. Aber daran kann ich leider nichts ändern. Ich bin überhaupt nicht gelassen, im Gegenteil. Ich wäre vorhin fast an meinem heulen erstickt! Ich versuche nur, ruhig zu bleiben, weil ich nicht wieder losheulen will und weil meine Eltern gleich kommen! Es bringt niemandem was, sich weiter aufzuregen, am wenigsten Hannah. Also sorry wenn wenigstens eine Person versucht, seinen Kummer zu unterdrücken, weil es die ganze Situation dadurch nicht besser macht!" schrie ich zum Ende hin und atmete ein paar mal tief durch, während ich gegen wieder aufsteigende Tränen ankämpfte. ,,Sie ist meine Schwester man. Niemals würde sie mir egal sein." sagte ich jetzt leise und sah auf den Parkplatz, über den gerade ein Auto fuhr. Ich erkannte das Kennzeichen wieder. ,,Meine Eltern sind da. Ich geh jetzt wieder rein, kommst du mit?" ,,Nein, ich bleib lieber einen Moment noch alleine." ,,Wie du willst. Ich ruf dich an, wenn was passiert." Ich sah ihm noch kurz in die Augen, ehe ich auf meine Eltern zuging und sie fest umarmte. Sie hatten Jule dabei, die bei ihnen übernachtet hat.