„Es... gibt da jemanden, den ich kennen gelernt habe..." fing sie langsam an. „Er wirkte ganz sympathisch, anders als der Rest. Naja, ich habe ihn auf einer Dating-Plattform kennen gelernt, also was erwarte ich? Also... wir haben uns ganz gut verstanden und alles und dann haben wir uns halt getroffen. In echt wirkte er... anders als beim Chatten, aber ich dachte, dass das normal ist. Er wollte sich weiter mit mir treffen, wieder und wieder. Ich merkte, wie er immer ungehaltener wurde. Ihm rutschten negative Kommentare über mein Aussehen raus und ich fing an, mich in seiner Nähe unwohl zu fühlen. Ich spielte mit dem Gedanken, einen Schlussstrich zu setzen, aber dann war es schon zu spät... Ich meine, du kennst mich. Ich kann nicht nein sagen und will auch niemanden vor den Kopf stoßen. Jedenfalls... er fing an, mein Leben zu kontrollieren. Erst musste ich ihm immer sagen, wo ich gerade war und mit wem ich mich traf. Dann überredete er mich zu Dingen, die ich nicht mal wirklich wollte. Aber wenn ich es nicht tat, rastete er aus. Also habe ich mich darauf eingelassen. Irgendwann wurde es mir dann zu viel und ich wusste, dass ich das ganze beenden musste. Also blockierte ich ihn überall. Eine Stunde später stand er vor meiner Haustür und schrie mich an, dass das ein Fehler war und er wiederkommen würde. Ich hatte Angst und... habe dich angerufen. Ich wollte nicht zu Hause bleiben." Ein Tränenschleier bildete sich vor ihren Augen. Ich schluckte. Und ich Idiot habe sie nicht ernst genommen! „Ich konnte die Nacht nicht schlafen, sondern hatte einfach nur Angst. Dann ist mir klar geworden, dass ich dich auch in Gefahr brachte, wenn ich bei dir war. Das ist viel zu riskant. Also bin ich abgehauen." „Und warum bist du über die Straße gerannt?" fragte ich vorsichtig. Sie presste ihre Lippen auf einander. „Er war bei mir." flüsterte sie schließlich. „Er hat irgendwie die Haustür geöffnet und... er war auch vor meinem Haus, als ich reingegangen bin. Er... hat mir ein Bild gesendet und gefragt, ob ich Angst hätte. Ich wusste nicht mehr weiter. Ich konnte nicht dort bleiben, also wollte ich wieder weg, aber... dann kamst du." Eine Weile sagte keiner von uns beiden auch nur irgendwas. „Ich hab Angst! Was, wenn er dich gesehen hat? Wenn er herausfindet, wer du bist?" Sie fuhr sich durch die Haare. „Ganz ruhig, okay? Er wird dich nicht finden. Dir passiert nichts, so lange ich bei dir bin. Versprochen." Sie sagte nichts dazu. „Na komm, leg dich erst mal hin. Danach wird es dir besser gehen." Da sie sich nicht rührte, hob ich sie einfach hoch und trug sie ins Gästezimmer, legte sie dort ins Bett und zog die Rolladen runter. „Schlaf ein bisschen." sagte ich leise zu ihr und schloss dann die Tür.