Nach einer langen Nacht, in der Carlo wie zu erwarten wieder Alpträume hatte, wachte ich müde am nächsten Morgen auf. Ich sah auf Carlo's Seite, doch er war nicht da. Ich stand auf und ging ihn suchen. Im Bad war er jedenfalls nicht. Bei Lizzi auch nicht, sie schlief noch. Also ging ich runter und sah dort überall nach ihm. Langsam wuchs die Panik in mir, doch ich kämpfte dagegen an. Er ist nicht weg, redete ich mir immer wieder ein. Er wurde nicht wieder entführt. Schließlich stellte ich mich auf den Balkon und sah in den Garten. Ich betrachtete das Gras und die Blumen, und all die anderen Pflanzen, die dort unten wuchsen. Graue Regenwolken hingen schwer am Himmel und zogen träge vorbei. Als mir kalt wurde, ging ich wieder rein und machte mir einen Kaffee. Ich machte mir Sorgen um Carlo, aber vermutlich war er auch einfach nur unterwegs. Ich hörte leise Schritte hinter mir und fing automatisch an zu lächeln. Doch als ich mich umdrehte, stand da nicht Carlo, sondern Lizzi. ,,Wo ist Carlo?" fragte sie. ,,Ich weiß nicht. Vielleicht ist er unterwegs. Ich habe ihn heute auch noch nicht gesehen. Du magst ihn, oder?" Sie nickte. ,,Er ist lustig." ,,Na komm, ich mach dir Frühstück. Sind Cornflakes okay für dich?" Sie nickte und folgte mir in die Küche, wo ich ihr das Frühstück vorbereitete. Anschließend setzte ich sie damit vor den Fernseher. Ich hatte gerade keine Nerven dafür, über Carlo zu reden. Ich fing an, das Wohnzimmer aufzuräumen und machte dann in der Küche weiter. Warum habe ich gestern nur das Thema Kinder angesprochen? Dann wäre jetzt alles in Ordnung. Es war einfach noch zu früh dafür. Ich bin so eine Idiotin! Verärgert über mich selbst knallte ich das Geschirr in die Spüle. Immer musste ich alles falsch machen. Immer gab es Stress wegen mir und meiner Dummheit. Bei meinen Eltern war es so und bei Carlo auch. Er wird mich verlassen, ganz sicher. Und daran war nur ich Schuld. Verkrampft leerte ich die Spülmaschine, während ich gegen den Drang ankämpfte, einfach alles kaputt zu machen. Plötzlich legten sich zwei Arme um mich. ,,He, vorsicht. Das Geschirr will gerne noch ein wenig länger leben." nuschelte eine mir altbekannte Stimme in meine Haare. Augenblicklich entspannte ich mich. Carlo. Ich drehte mich zu ihm um. ,,Tut mir leid. Wo warst du? Ich hab dich gesucht." ,,Im Studio." antwortete er und küsste mich. ,,Willst du frühstücken?" fragte ich. Er nickte und kurz darauf saß er mit einer Schüssel Cornflakes neben Lizzi auf dem Sofa und sah mit ihr "Thomas die Lokomotive". Ich seufzte sehnsüchtig. Er wäre so ein guter Vater... Und der Anblick war so süß, dass ich heimlich ein Foto machte und es meiner Schwester sendete. Verträumt beobachtete ich die beiden noch etwas, bis ich beschloss mich fertig zu machen.